Justiz führt 74 Datenbanken
Justiz führt 74 Datenbanken
Der Knoten ist offensichtlich geplatzt. Auf jeden Fall bescheinigten nicht nur die Regierungsparteien sondern auch die Opposition der neuen Justizministerin Sam Tanson (Déi Gréng) am Mittwoch Bereitschaft zur Zusammenarbeit. In der fast zweistündigen Ausschusssitzung hatte die Ministerin erstmals eine Liste mit den verschiedenen Datenbanken, die von der Justiz geführt werden, offengelegt. Insgesamt sind dort 74 Register aufgelistet. In der Öffentlichkeit war bislang nur die große, JuCha genannte Zentraldatei bekannt.
Die breite Datenschutzdebatte, die die Politik und die Bevölkerung seit Monaten beschäftigt, war ins Rollen gekommen, weil ein Anwärter auf einen Posten bei der Justiz abgelehnt worden war, obschon er keine Anträge in seinem Strafregister hatte. Bei dem Bewerbungsgespräch war er mit Verfehlungen aus seiner Vergangenheit konfrontiert worden, die aber keine juristischen Folgen hatten. Anschließend war herausgekommen, dass es neben dem offiziellen Strafregister noch weitere Dateien bei der Justiz gibt. Bekannt wurde der Vorfall unter dem Namen "Casier bis".
Laurent Mosar (CSV) wies nach der Sitzung ausdrücklich darauf hin, dass es nicht nur Fortschritte bei der Aufklärung gebe, sondern, dass sich auch die Tonart im Justizausschuss in den vergangenen Tagen merklich verbessert habe. "Bis vor einigen Wochen musste man fast einen Helm aufsetzen, zum Glück ist die Stimmung in der Justizkommission nun entspannter", so der CSV-Abgeordnete. Mosar wies darauf hin, dass Tanson, aber auch die Staatsanwaltschaft sich nun aktiv an der Aufarbeitung beteiligen würden: "Die Debatte geht in die richtige Richtung." Diese Meinung vertritt auch der Fraktionschef der DP, Eugène Berger.
Bis alles im Lot ist, wird es aber noch eine Weile dauern, so die einhellige Meinung von Laurent Mosar und von Eugène Berger. Ungeklärt bleibt beispielsweise, was mit den Daten im Fall von einem Freispruch geschehen soll. Das gleiche gilt auch für den Fall, dass ein Verfahren eingestellt wird oder wenn die Justiz erst gar kein Verfahren eröffnet. Diese Daten müssten gelöscht werden, sagt Mosar. Mosar ist übrigens der Meinung, dass das aktuelle Datenschutzgesetz aus dem Jahr 2018 nicht ausreicht, um alle Datenbanken gesetzlich abzusichern. Gerade die Justiz müsse beim Datenschutz mit gutem Beispiel vorangehen.
Klärungsbedarf gibt es auch hinsichtlich der Kriterien, nach denen die Daten gespeichert werden. Und auch die Frage, wie lange die einzelnen Daten überhaupt gespeichert werden sollen, bleibt bis dato unbeantwortet.
Nachdem schon Polizeiminister François Bausch (Déi Gréng) angekündigt hatte, dass er juristisch nachbessern will, damit sämtliche Datenbanken der Polizei eine gesetzliche Grundlage erhalten, soll nun auch bei der Justiz nachgebessert werden.
Dies bestätigte Justizministerin Sam Tanson am Mittwoch auf Nachfrage. Für sie ist es aber vor allem wichtig, mit offenen Karten zu spielen. Sie verwies auf die inter-ministerielle Arbeitsgruppe, die eingesetzt wurde, um den Datenschutz bei Polizei und Justiz legal abzusichern. In erster Linie geht es dabei um die Kriterien, nach denen die Daten gesammelt und gespeichert werden. Der Zugang zu den Datenbanken ist eine weitere wichtige Frage, die noch zu klären bleibt.
Die Justizministerin wies am Mittwoch noch auf ein weiteres Problem hin: "Wir müssen klären, wie wir vorgehen wollen, wenn wir auf Daten zurückgreifen, die ursprünglich zu einem ganz anderen Zweck gesammelt wurden", so Sam Tanson. Als Beispiele nannte sie die erforderlichen Überprüfungen, wenn jemand einen Waffenschein beantragt oder im Fall einer Adoption. Die Frage der Bescheinigung der Ehrbarkeit durch das Justizministerium soll in der nächsten Ausschusssitzung im Detail erörtert werden. Die Justizministerin will auch in Bezug auf diese Problematik gesetzlich nachbessern. Handlungsbedarf sieht Tanson zudem in Bezug auf die Überprüfung der Bewerber um einen Posten bei der Justiz und beim Jugendschutz. Die Justizministerin will den Text des neuen Jugendschutzgesetzes, das zurzeit ausgearbeitet wird, direkt an die Datenschutzvorschriften anpassen.
Zurzeit warten alle Beteiligten auf die Gutachten der Autorité de Contrôle der Justiz und der nationalen Datenschutzkommission (CNPD), die von der Justizminister in Auftrag gegeben wurden. Die CNPD hatte auch ein Gutachten zu den Dateien bei der Polizei abgegeben, das nun als Basis für die weiteren Arbeiten herangezogen wird. Auch in der Datenschutzdebatte bei der Justiz will man die Empfehlungen der beiden Kontrollgremien als Basis für die weitere Aufarbeitung nutzen.
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