Jeden auf den digitalen Weg mitnehmen
Jeden auf den digitalen Weg mitnehmen
Stolz war der delegierte Minister für Digitalisierung, Marc Hansen (DP), Mitte August, als bekannt wurde, dass Luxemburg beim E-Government-Benchmark der Europäischen Kommission Platz 3 in der EU belegt, wenn es um das Angebot digitaler Verwaltungsdienste geht. Der elfte Platz war es noch im Jahr 2020. Am Mittwoch bekam er eine Steilvorlage, um die Arbeit seines Ministeriums nochmals loben zu können: der DP-Abgeordnete Guy Arendt interpellierte die Regierung zum nationalen Aktionsplan der digitalen Inklusion.
Im September vor einem Jahr hatte der Regierungsrat den Aktionsplan, der 40 Maßnahmen enthält, gebilligt. „Die digitale Inklusion ist eine von vier Säulen des Ministeriums und ist uns sehr wichtig. Wir geben uns dafür ganz viele Mittel an Leuten und Geld“, bekräftigte Hansen. 260.000 Personen nutzten mittlerweile allein das myguichet. „Immer mehr Betriebe und Leute profitieren davon.“
Ein dynamischer Plan
Den verschiedenen Kritikpunkten und Ermahnungen, niemanden auszuschließen, begegnete er mit der Feststellung: „Der Aktionsplan ist ein dynamisches Dokument, an dem ständig noch gearbeitet wird.“ Bevor der Aktionsplan erstellt wurde, habe es eine breite Debatte im Parlament gegeben, viele Anregungen - quer durch alle Parteien - seien enthalten und man habe auch an alle Kategorien von Personen gedacht. „Wir haben die Obdachlosen nicht vergessen, es gab Konsultierungen mit der Stëmm vun der Strooss und auch mit verschiedenen Ausländervereinigungen“, entgegnete er der Kritik von unter anderem Sven Clement (Piraten), verschiedene Personengruppen nicht zu berücksichtigen.
Bereits Arendt hatte in seiner Rede darauf verwiesen, dass viele Personen noch keinen Zugang zum Internet und nie gelernt hätten, digitale Medien zu nutzen. „Wir müssen neben der sozialen und der wirtschaftlichen auch eine digitale Kohäsion erreichen, die nicht von finanziellen Mitteln abhängt“, mahnte er. „Und wir brauchen überall im Land robuste und resiliente digitale Infrastrukturen, nicht nur in der Stadt.“ Gerade in der Pandemie habe man die Stärken, aber auch die Schwächen der Digitalisierung gesehen: „Wer nicht mit dem Internet verbunden war, hatte keinen Zugang zu verschiedenen Leistungen des Gesundheitssektors, wie Telekonsultationen.“
Wir müssen neben der sozialen und der wirtschaftlichen auch eine digitale Kohäsion erreichen, die nicht von den finanziellen Mitteln abhängt.
Guy Arendt, DP
Konsens gab es unter den Abgeordneten, dass Banken und öffentliche Verwaltungen weiterhin auch Dienste von Personen anbieten müssen, gerade für ältere Menschen, für Personen mit Handicap oder solche, denen die Entwicklung zu schnell ging. „Es müssen auch Schulungen angeboten werden. Wer Schreibschwächen hat oder verschiedene Sprachen nicht beherrscht, kann sich schnell ausgegrenzt fühlen“, betonte Arendt.
Einfachere Prozeduren schaffen
Diane Adehm (CSV) verwies auf den europäischen Index für digitale Wirtschaft und Gesellschaft (DESI), bei dem Luxemburg 2022 nur auf dem achten Platz lande und in verschiedenen Bereichen unter dem EU-Schnitt liege. Der Aktionsplan sei eine schöne Broschüre, die aber wenig konkreten Inhalt biete. Alle mit ins digitale Boot zu bekommen, sei derzeit die größte Herausforderung. „Wir begrüßen viele Projekte, erkennen aber keine langfristige Strategie bei den 40 Maßnahmen im Aktionsplan. Am Ende des Tages muss es das Leben der Menschen verbessern - die digitale Welt muss einbinden, muss menschlich bleiben und einfachere Prozeduren bringen.“
Wir begrüßen viele Projekte, erkennen aber keine langfristige Strategie bei den 40 Maßnahmen im Aktionsplan.
Diane Adehm, CSV
Lydia Mutsch (LSAP) mahnte: „Wenn man von digitaler Inklusion spricht, muss man auch die sozialen Unterschiede ansprechen. Leute mit niedrigem Bildungsniveau nutzen guichet.lu nur halb so viel wie die mit hoher Bildung.“ Das empfand auch Nathalie Oberweis (Déi Lénk) so: „Die Regierung blendet die Risiken aus. Der Klimawandel wird angeheizt, es gibt soziale Probleme, weil Familien nicht mehr miteinander sprechen, es kommt zu Hatespeech. Man kann die Digitalisierung nicht rückgängig machen, aber man muss auch die Probleme sehen und angehen.“
Die Grünen begrüßen dagegen den Aktionsplan. „Er bietet die Chance für Luxemburg, Vorreiter zu werden“, sagte der Süd-Abgeordnete Marc Hansen. „Wir sind aber der Meinung, dass nicht jeder Dienst digitalisiert werden kann. Jede Verwaltung soll sich Gedanken machen, wo ein persönlicher Kontakt noch wichtig ist.“ Für Déi Gréng muss der Internetzugang zudem zur Grundversorgung zählen und darf nicht abgesperrt werden, wenn ohne eigenes Verschulden Rechnungen nicht bezahlt werden konnten.
Die digitale Welt muss einbinden, muss menschlich bleiben und einfachere Prozeduren bringen.
Diane Adehm, CSV
Das Ministerium geht derzeit mit den Sozialforschern vom Liser den Auswirkungen der digitalen Entwicklung auf verschiedene Personengruppen auf den Grund. Man denke auch darüber nach, an drei, vier Orten im Land einen physischen guichet.lu einzurichten oder auch Videokonferenzen mit Beamten einzuführen und arbeite daran, den Führerschein und den Personalausweis digital auf das Smartphone zu setzen. „Digitale Inklusion ist uns allen wichtig. Alles, was an guten Überlegungen hereinkommt, wird verarbeitet“, versprach Minister Hansen.
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