Hohes Defizit für 2021 - Mehr Geld für Gesundheit und Wohnraum
Hohes Defizit für 2021 - Mehr Geld für Gesundheit und Wohnraum
In der Politik wird der Budgetentwurf als eine Art Regierungsprogramm in Zahlen angesehen. Um die versprochenen politischen Vorhaben umsetzen zu können, braucht man Geld. Bereits 2019 sprach man wegen der hohen Ausgaben von einem Rekordbudget.
Steigende Schulden
Die Finanzlage ist bekannt. Im Jahr 2019 betrug die Staatsverschuldung zwölf Milliarden Euro (19,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes). Die Ausgaben sind dieses Jahr um 17,7 Prozent gestiegen und die Einnahmen um 9,6 Prozent zurückgegangen. 2020 wird der Staat nach europäischer Berechnung um 4,4 Milliarden Euro mehr ausgeben als einnehmen.
Luxemburgs Schulden werden 2020 krisenbedingt auf 16,2 Milliarden Euro (27,4 Prozent des BIP) steigen, einschließlich der unvorhergesehenen drei Milliarden Euro, die für die Finanzierung von Covid-Maßnahmen vorgesehen sind. 2021 wird die Staatsschuld voraussichtlich bei 18,9 Milliarden Euro liegen. Das entspricht 29,4 Prozent des BIP.
Das Niveau liegt nahe der Marke von 30 Prozent des BIP, die die Regierung sich als Grenze festgelegt hat. Finanzminister Pierre Gramegna (DP) betonte, dass es schwierig sei, in Krisenzeiten einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. „Dieses Jahr ist kein normales Jahr und 2021 wird auch kein normales Jahr werden“, unterstrich Gramegna am Mittwoch bei der Präsentation des Budgetentwurfs 2021 im Parlament.
Dem Abschwung begegnen
Wiederholt erwähnte der Finanzminister während seiner Rede, dass der Staat den wirtschaftlichen Aufschwung unterstützen müsse. „Wenn das bedeutet, dass die Höhe der Schulden während ein paar Jahren um die 30-Prozent-Grenze schwankt, dann ist das eine bessere Perspektive als die eines ideologischen Austeritätsprogramms“, fügte Gramegna an.
Die Finanzrücklagen seien wegen der Haushaltsüberschüsse von 528 Millionen Euro im Jahr 2018 und 60 Millionen Euro im letzten Jahr vorhanden, so der Finanzminister. 2020 wird das Defizit Corona-bedingt fünf Milliarden betragen (8,6 Prozent des BIP).
Nun stellt sich die Frage, inwieweit die Investitionsbereitschaft der Unternehmen sich durch die gesteigerten Staatsausgaben erhöhen wird und ob der Privatkonsum ebenfalls angeregt werden kann. Den Arbeitnehmern wird zum Teil die Angst vor dem Jobverlust genommen, da das Instrument der Kurzarbeit auch noch 2021 fortgesetzt werden wird.
Ungewiss bleiben auch die zukünftigen Staatseinnahmen. Gramegna machte auch darauf aufmerksam, dass sich die finanzielle Lage noch drehen könnte: „Im Gegensatz zu den Ausgaben, wo man anhand des Budgets eine Aussicht hat, wie diese im Normalfall getätigt werden, sind die Einnahmen stark von internationalen und wirtschaftlichen Faktoren abhängig, die Regierung hat kaum Einfluss darauf.“
Priorität Gesundheit
Bereits vor der aktuellen Corona-Krise war ein Begriff in Mode: Resilienz. Besonders internationale Organisationen benutzten diesen Ausdruck im Zusammenhang mit der Klimaerwärmung. Gesellschaften sollten sich auf die Folgen des Klimawandels vorbereiten, indem man die Widerstandsfähigkeit erhöhe.
In diesem Kontext erklärte Gramegna vor der Chamber: „Jetzt gilt es, unser System auf potenzielle zukünftige Krisen noch besser vorzubereiten.“ Deshalb werde man verstärkt in das Gesundheitssystem investieren.
Der Krankenhaus-Infrastrukturfonds sehe für 2021 Ausgaben von 61 Millionen Euro vor. Diese Ausgaben werden in den darauffolgenden Jahre steigen, um 2024 mit 153 Millionen, zweieinhalb Mal so hoch zu liegen. Mithilfe dieses Fonds sollen das CHL erweitert und das Südspidol finanziert werden
Mehr Wohnraum
Um den Wohnraummangel zu bekämpfen, sollen die Mittel des Ministeriums für Wohnungsbau voraussichtlich um elf Prozent auf 263 Millionen Euro steigen.
Der neue „Sonderfonds zur Unterstützung des Wohnungsbaus“ wird mit einem Budget von 150 Millionen Euro ausgestattet sein, um die Erschaffung von erschwinglichem Wohnraum zu finanzieren.
Weitere Maßnahmen zielen auf Renovierungen und energetische Nachrüstung ab, darunter ein Abschreibungssatz von sechs Prozent für Renovierungen über einen Zeitraum von zehn Jahren. Der stark ermäßigte Mehrwertsteuersatz von drei Prozent, soll schon nach zehn Jahren für Wohnungsrenovierungen gelten und nicht wie aktuell erst nach 20 Jahren. Für die Installation von Photovoltaik-Paneelen ist ein attraktiveres Steuersystem vorgesehen.
Um die Spekulationen auf dem Immobilienmarkt zu dämpfen, sollen die „Fonds d’investissement spécialisés (FIS)“ im Immobilienbereich mit 20 Prozent besteuert werden. Diese Maßnahme war bereits im Regierungsprogramm vorgesehen.
Grüne Investitionen
Gramegna nach könnte man aus der aktuellen Krise zwei Erkenntnisse ziehen. Einerseits seien das Wirtschaftswachstum und die ständig steigende Lebensqualität nicht garantiert.
Darüber hinaus hätte die Corona-Pandemie, „den Klimaskeptikern den Beweis gegeben, dass die exzessiven wirtschaftlichen Aktivitäten des Menschen den Planeten stark belasten“. Man hätte aber auch gesehen, was eine Welt ohne Wachstum für die Finanzen des Staates bedeutet.
Der Finanzminister schlussfolgert: „Wir brauchen Wachstum, aber ein nachhaltiges.“ Im Bereich Nachhaltigkeit sind nächstes Jahr Investitionen in Höhe von 574 Millionen Euro geplant.
Der Fokus liegt auf der Mobilität und der Bekämpfung des Klimawandels. Der Tramausbau wird fortgesetzt, 270 Millionen für 2020-2024. Die Ausgaben des „Fonds du Rail“ werden, im selben Zeitraum, sich auf 2,4 Milliarden belaufen. Aufladestationen für E-Autos, Fahrräder und Pedelecs werden ebenfalls weiter subventioniert.
Die wichtigsten Steuermaßnahmen
Die Einführung einer progressiven CO2-Steuer wird das Tanken und die Heizkosten verteuern. „Dies bedeutet konkret für das Jahr 2021 an der Tankstelle eine Erhöhung von ungefähr fünf Cent pro Liter Diesel und Benzin.“ Damit wolle man den Verbrauch von klimaschädlichen fossilen Brennstoffen bewusst unattraktiv machen.
Die Regierung plant, diesen Anstieg durch eine Erhöhung der Steuergutschrift für Arbeitnehmer, Rentner, Selbstständige und Arbeitslose um 96 Euro auszugleichen. Die Teuerungszulage wird ebenfalls um zehn Prozent erhöht.
Keine Steuerreform
Wie bereits von Premier Bettel am Vortag angekündigt, wird die geplante allgemeine Steuerreform aufgrund der Krise vorerst verschoben. „Es ist nicht der Moment für Steuersenkungen. Und schon gar nicht ist es der Moment für Steuererhöhungen“, so der Finanzminister in der Chamber.
Trotzdem gibt es neben den bereits erwähnten steuerlichen Änderungen im Immobilienbereich, weitere Anpassungen. Die Stock-Options werden abgeschafft. Da diese hauptsächlich genutzt wurden, um hochqualifizierte Arbeitskräfte nach Luxemburg zu locken, soll stattdessen eine Prime d’impatriation den Arbeitgebern zur Verfügung stehen.
Ebenfalls sollen Angestellte über eine Prime participative an den Gewinnen eines Unternehmens beteiligt werden können.
Die nächsten Etappen
Im Anschluss an die Präsentation der Grundzüge werden der Haushaltsentwurf und die mehrjährige Finanzplanung 2020-2024 am kommenden Dienstag im Finanz- und Haushaltsausschuss debattiert. Berichterstatter ist der Abgeordnete von Déi Gréng, François Benoy.
Dabei setzt sich der Haushalt aus zwei Texten zusammen: Die Gesetzesvorlage 7666 über die staatlichen Einnahmen und Ausgaben für das Haushaltsjahr 2021 und die Gesetzesvorlage 7667 über die mehrjährige Finanzplanung für den Zeitraum 2020-2024. Alle parlamentarischen Ausschüsse werden sich auch eingehend mit den Ressorts befassen, die sie betreffen. Eine Abstimmung im Plenum ist vor den Weihnachtsferien vorgesehen.
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