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Guter Ansatz, aber noch viele Fragezeichen
Politik 3 Min. 22.03.2018 Aus unserem online-Archiv

Guter Ansatz, aber noch viele Fragezeichen

Zwei Jahre dauert die Ausbildung zum Dolmetscher für Gebärdensprache. Davon werden nun viele gebraucht.

Guter Ansatz, aber noch viele Fragezeichen

Zwei Jahre dauert die Ausbildung zum Dolmetscher für Gebärdensprache. Davon werden nun viele gebraucht.
Foto: Shutterstock
Politik 3 Min. 22.03.2018 Aus unserem online-Archiv

Guter Ansatz, aber noch viele Fragezeichen

Annette WELSCH
Annette WELSCH
Die beratende Menschrechtskommission begrüßt die gesetzliche Anerkennung der deutschen Gebärdensprache, hat aber noch etliche Bedenken zur praktischen Umsetzung.

Für Schwerhörige, Gehörlose und Menschen, die nicht sprechen können war es eine gute Nachricht, als vor fast einem Jahr das Gesetz eingebracht wurde, mit dem die deutsche Gebärdensprache als offizielle Sprache anerkannt werden soll. Es hat für sie weitreichende Konsequenzen, denn Betroffene erhalten einen Anspruch darauf, dass sie die Gebärdensprache erlernen können, dass sie in staatlichen Behörden Informationen in der Gebärdensprache anfragen und erhalten können,  dass Kinder die komplette Schulausbildung in der Gebärdensprache durchlaufen können und dass ihre Angehörigen eine Ausbildung zum Erlernen der Gebärdensprache erhalten.

Bedarf an mehr konkreter Information

Am Dienstag meldete sich die „Commission consultative des Droits de l'Homme“ (CCDH) dazu zu Wort. Sie begrüßte grundsätzlich die Initiative, die  schließlich schon im 2012 angenommenen Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention vorgesehen war und eigentlich schon 2013 umgesetzt werden sollte: „Es ist ein guter Ansatz, aber es sind auch noch viele Unsicherheiten zu klären“, sagte CCDH-Generalsekretärin Fabienne Rossler. "Wir hoffen, dass noch mehr konkrete Informationen dazu bekanntgegeben werden."

Sie warf zunächst die Frage auf, warum man sich auf die deutsche Gebärdensprache beschränkte. „Luxemburg zeichnet sich durch seine Mehrsprachigkeit aus, die Regierung sollte überlegen, auch die französischsprachige Gebärdensprache einzuführen.“ Es fehlt an statistischen Daten zu den betroffenen Personen, aber auch an Dolmetschern und Lehrern. „Im Moment gibt es nur zwei offizielle Dolmetscher in Luxemburg und es muss oft unter großem Aufwand auf ausländische Dolmetscher zurückgegriffen werden“, gibt Rossler zu Bedenken.

Basisausbildung in Gebärdensprache für alle Lehrer

Eine Basisausbildung in Gebärdensprache sollte zudem Teil der Lehrerausbildung sein, fordert die CCDH. Hier müsste eventuell die Universität Luxemburg eingebunden werden. Die Kommission ist auch der Meinung, dass der Anspruch auf Dolmetscherdienste sich nicht nur auf Administratives beschränken sollte, sondern auch für Kultur und Sport gelten sollte. „Wenn wir es ernst damit meinen, den betroffenen Personen die Teilhabe an der Gesellschaft ermöglichen zu wollen, dann ist das nötig“, sagt Rossler.

„Es wäre inakzeptabel, wenn durch das Gesetz Menschen gesellschaftlich ausgeschlossen oder diskriminiert würden.“ (CCDH-Präsident Gilbert Pregno)

430 Stunden und zwei Jahre dauert die Ausbildung zum Gebärdendolmetscher. Aus diesem Grunde soll das Gesetz auch erst frühestens 2019  voll und ganz in Kraft treten, damit genug Zeit bleibt, um Fachleute auszubilden. Das hatte Bildungsminister Claude Meisch angekündigt, als das Gesetz im vergangenen Jahr vorgestellt wurde. Dann gilt es, auf regionaler Ebene Schwerpunktschulen einzurichten, in denen die betroffenen Schüler das gleiche Schulprogramm erlernen können wie hörende Schüler. Mindestens fünf Experten oder Dolmetscher der Gebärdensprache sollen in den nächsten Jahren eingestellt werden, um Lehrer, Erzieher und Professoren zu unterrichten, stellte Meisch in Aussicht.

Bündelung der Kräfte erwünscht

Die CCDH stellte am Mittwoch aber auch noch ein weiteres Anliegen vor. In einem institutionellen Reflexionspapier plädiert sie dafür, dass die offiziellen Gremien in Luxemburg, die sich um die Anliegen behinderter Personen kümmern, ihre Kräfte doch besser in einer Institution bündeln sollten. Gemeint sind damit die CCDH, der Ombudsmann, Info-Handicap, der „Conseil Supérieur des Personnes Handicapées“ (CSPH),  „Nëmme mat eis“ asbl sowie das Familienministerium. Jeder habe Kompetenzen, die sich teils überschneiden, aber auch Lücken hinterlassen. „Wir werden in diesem Sinne jetzt Gespräche mit den anderen Organisationen aufnehmen“, sagt Pregno. „Wir würden auch mit gutem Beispiel vorangehen und unsere Kompetenzen, Gutachten und Berichte zu verfassen, abgeben. Wir versprechen uns von einer Kompetenzenbündelung in einer unabhängigen Institution, die auch vor Gericht auftreten könnte, dass pro-aktiver und effizienter gearbeitet werden kann und Strategien besser entwickelt werden können.“

 


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