Grüne Kreuze und rote Stiefel als Ausdruck von Existenzangst
Grüne Kreuze und rote Stiefel als Ausdruck von Existenzangst
Am frühen Freitagmorgen dürfte sich so mancher Autofahrer über die entlang der Straßen aufgestellten grünen Kreuze mit roten Stiefeln gewundert haben. Hinter dieser Aktion stecken die Lëtzebuerger Landjugend a Jongbaueren, die Jongwënzer der Vinsmoselle und der Service Jeunesse Lëtzebuerger Bauerejugend der Bauernzentrale. Zwischen 300 und 400 Kreuze haben sie in den vergangenen Tagen gebaut, angemalt und in der Nacht zum Freitag im ganzen Land aufgerichtet.
Bei einer Pressekonferenz am Freitagmorgen auf der Place Clairefontaine vor dem Landwirtschaftsministerium gab es Erklärungen dazu. „Der rote Stiefel, der kopfüber hängt und nicht mehr gebraucht wird, symbolisiert das ungebremste Sterben der grünen Betriebe und die ,Flemm' der jungen Landwirte, sich in der Landwirtschaft zu engagieren“, sagte der Vorsitzende der Jungbauern, Luc Emering.
Stein des Anstoßes ist das neue Agrargesetz, das Landwirtschaftsminister Claude Haagen (LSAP) Anfang August auf den Instanzenweg geschickt hat. Sie könnten sich in Teilen mit dem neuen Gesetz identifizieren, sagte Emering, aber nicht mit allem und vor allem nicht „mit der Art und Weise, wie das Gesetz zustande gekommen ist“. Das könne man nicht mittragen.
Die Jungbauern und Jungwinzer fühlen sich nicht ernst genommen, die Zeit und Energie, die sie in einen „konstruktiven“ Beitrag gesteckt haben, nicht wertgeschätzt. „Alle Bemühungen, Anregungen und Versammlungen mit den Gewerkschaften wurden eiskalt ignoriert, alle Vorschläge in den Papierkorb geworfen“, so Emering.
Mit der Aktion wollen die Jungbauern und Jungwinzer nicht nur die Öffentlichkeit auf ihre Existenzängste aufmerksam machen, sondern Minister Haagen ein letztes Mal ihre Forderungen mit auf den Weg geben. Sollte er diese erneut ignorieren, so Emering, „dann muss damit gerechnet werden, dass der Sektor sich zeitnah wehren wird“ - wobei er durchblicken ließ, dass das Ausmaß derartig sei, dass der Landwirtschaftsminister nicht zu beneiden sein wird.
Die Jungbauern und Jungwinzer fordern einen baldigen Agrargipfel mit dem Landwirtschaftsminister und Premier Xavier Bettel (DP), mit dem Agrargesetz als Hauptpunkt. Im Agrargesetz stoßen den Bauern insbesondere Artikel 6 und 7 auf, die die Einführung einer Genehmigung zur Vergrößerung des Viehbestandes und eine Deckelung des Viehbestandes vorsehen. Diese Punkte seien zu keinem Moment diskutiert worden, sagte Joé Biver vom Service Jeunesse Lëtzebuerger Bauerejugend der Bauernzentrale. „Wir wollen vom Minister wissen, wie es zu dieser Entscheidung kam und auf welcher wissenschaftlichen Basis jeder einzelne Aspekt dieser Artikel beruht.“ Die drei Organisationen wollen, dass über diese beiden Artikel noch einmal intensiv mit dem Sektor diskutiert wird.
Unzufrieden sind die Jugendverbände auch über die Lockerungen für den Zugang zum Beruf und fordern in dem Zusammenhang strengere Kriterien zum Erhalt von Prämien. Weiter fordern sie eine „gerechte Entlohnung für die Dienste, die eine umwelt- und klimafreundliche Landwirtschaft leistet“ durch eine Erhöhung des nationalen Budgets. Die geplante Deckelung des Viehbestands und die daraus resultierende Beschränkung der tierischen Lebensmittelproduktion haben zur Folge, dass mehr Lebensmittel aus Drittstaaten importiert werden müssen. Diese müssten mindestens EU-Standards erfüllen, lautet eine weitere Forderung.
Auch die Jungwinzer fühlen sich durch das Agrargesetz in diversen Punkten benachteiligt und fordern einen offenen Austausch mit dem Minister über diese Punkte.
Die drei Jugendorganisationen appellierten an alle anderen landwirtschaftlichen Verbände, sich an der Aktion zu beteiligen. Dem Minister setzten sie ein Ultimatum: Wenn er sich bis zum 3. Oktober nicht gesprächsbereit zeigt, werden weitere Aktionen folgen.
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