Grenzgänger müssen mehr zahlen
Grenzgänger müssen mehr zahlen
(mig) - „Et ka net sinn, dass een, den iwert d'Grenz wunne geet an hei schafft, besser besteiert gëtt wéi een, den hei schafft an hei wunnt. Dat ass eng Inegalitéit“, sagte Premierminister Xavier Bettel am vergangenen Donnerstag beim Pressebriefing nach der Kabinettssitzung.
Es geht um die Besteuerung von Doppelverdiener-Ehepaaren. Leben und arbeiten beide Partner in Luxemburg, wird der Steuersatz (Steuerklasse 2) aufgrund beider Einkommen berechnet. Bei Doppelverdiener-Ehepaaren, die im Ausland leben und von denen nur ein Partner in Luxemburg sein Geld verdient, fällt bei der Berechnung des Steuersatzes (ebenfalls Steuerklasse 2) nur das Einkommen des hier arbeitenden Partners ins Gewicht.
Diese Ungleichbehandlung zuungunsten von gebietsansässigen Ehepaaren will die Regierung mit der geplanten Steuerreform aus dem Weg schaffen. Allerdings – und das ist die Befürchtung der Gewerkschaften – könnte dadurch eine neue Ungleichbehandlung zuungunsten der Grenzgänger geschaffen werden. Was ist geplant?
Steuerklasse 1 statt 2
Bei Grenzgängern soll künftig auch das Einkommen des nicht in Luxemburg beschäftigten Partners berücksichtigt werden. Wer das Einkommen des Partners nicht offenlegen will, wird automatisch in die Steuerklasse 1 eingestuft. „Das eine wie das andere wird mit finanziellen Einbußen für die Betroffenen verbunden sein, auch wenn die Grenzgänger wie alle anderen Arbeitnehmer von den geplanten steuerlichen Erleichterungen profitieren werden“, sagt LCGB-Generalsekretär Christophe Knebeler auf LW-Nachfrage.
Beide Gewerkschaften sind für eine Gleichbehandlung von hier lebenden Arbeitnehmer-Ehepaaren und Grenzgängern, aber sie befürchten, dass der Versuch, für größere Gerechtigkeit zu sorgen, neue Ungerechtigkeiten schaffen könnte. Beim OGBL wittert man die Gefahr einer illegalen Doppelbesteuerung. „In Frankreich gilt die Kollektivbesteuerung. Wenn wir sie jetzt auch in Luxemburg einführen, kann das als Doppelbesteuerung interpretiert werden“, warnt Jean-Claude Bernardini vom OGBL.
Der LCGB fordert eine „hundertprozentige Gleichbehandlung“. Die sei nur zu bewerkstelligen, „wenn das hiesige Steuersystem der Besteuerung im Ausland Rechnung trägt“. Das werfe viele technische Fragen auf, auf die der Gesetzentwurf 7020 keine Antworten gebe, so Knebeler vor dem Treffen zwischen LCGB, OGBL und Finanzminister Pierre Gramegna.
Letztendlich verließen die Gewerkschaftsvertreter das Finanzministerium mit einer gewissen Erleichterung. Ein paar Fragen konnten beantwortet werden. Doch der Teufel liegt bekanntlich im Detail. Aus diesem Grund und auf Initiative des Finanzministers wird nun eine Arbeitsgruppe eingerichtet, mit Vertretern der Gewerkschaften und der Steuerverwaltung, die in den kommenden Tagen eine Reihe von Berechnungen durchführen und die Auswirkungen der Reform für die einzelnen Gehaltsklassen und die einzelnen Länder prüfen.
Kleine Einkommen besonders gefährdet
Die Berechnungen für die einzelnen Länder drängt sich Bernardini zufolge wegen der unterschiedlichen Steuerabkommen auf. „Wir müssen verhindern, dass es zu indirekten Bestrafungen kommt, an die vorher niemand gedacht hat“. Geprüft werden soll auch der Impakt der Reform auf die kleinen Einkommen. Sie seien besonders gefährdet, „weil Haushalte mit kleinen Einkommen weniger Abschreibungsmöglichkeiten haben und somit weniger von einer Steueroptimierung profitieren als Haushalte mit höheren Einkommen“.
In der Arbeitsgruppe soll auch die 90-Prozent-Regel unter die Lupe genommen werden. Mit Blick auf die Reform bedeutet dies, dass das gemeinsame Einkommen mindestens zu 90 Prozent in Luxemburg erwirtschaftet werden muss, damit die Grenzgänger in den Genuss der Steuerklasse 2 kommen. Bei vielen Grenzgängern könnte das nicht mehr der Fall sein. Laut dem LCGB hat sich der Finanzminister bereit erklärt, diese Regel noch einmal zu überprüfen.
Die Arbeitsgruppe soll in den kommenden Tagen ihre Arbeit aufnehmen. Für den OGBL-Gewerkschafter ist das ein klares Zeichen, „dass der Finanzminister mit dem Gedanken spielt, noch Anpassungen vorzunehmen, wenn sich Probleme stellen sollten“. Sollten noch Änderungen anstehen, müssten die sehr bald vorgenommen werden, denn das Gesetz soll 2017 in Kraft treten.
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