Gewerkschaften: Mensch vor Profit
Gewerkschaften: Mensch vor Profit
Seit dem 18. März, also zwei Wochen lang, gilt in Luxemburg der Ausnahmezustand. Schulen und Kindertagesstätten sind bereits seit dem 16. März geschlossen und das Arbeitsverbot auf Baustellen ist eine Woche alt. Das öffentliche Leben in Luxemburg ist zu großen Teilen zum Erliegen gekommen. Trotzdem steigt die Zahl der Personen, die sich mit dem Corona-Virus infiziert haben, ständig an, auch immer mehr Menschen sterben an Covid-19. Vor diesem Hintergrund fordern die beiden größten national repräsentativen Gewerkschaften OGBL und LCGB, dass die Gesundheit der Arbeitnehmer absoluten Vorrang vor Profitdenken haben müsse.
Für den unabhängigen Gewerkschaftsbund unterstreicht die aktuelle Krise den Wert der Arbeit, da nur die noch berufstätigen Arbeitnehmer die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft garantierten. Deswegen stelle sich die Frage nach der sozialen Gerechtigkeit und der gerechten Verteilung von Arbeit und Kapital drängender als jemals zuvor. Der OGBL fordert von allen Unternehmen, dass sie einen Pandemieplan erstellen.
Falls möglich, sollte auf Télétravail gesetzt werden
Kranke und gefährdete Angestellte müssten von ihrer Arbeit freigestellt werden. Für die anderen müsse ein sicheres Arbeitsumfeld garantiert werden, beispielsweise indem der Arbeitsplatz so eingerichtet wird, dass der vorgeschriebene Mindestabstand zwischen den Beschäftigten eingehalten wird. Zudem sollten sämtliche Angestellte, deren Anwesenheit in der Firma nicht notwendig ist, von Zuhause aus arbeiten können.
Der LCGB begrüßt die Ankündigung der Regierung, dass kein Arbeitnehmer in Kurzarbeit weniger als den unqualifizierten sozialen Mindestlohn verdienen soll. Zusammen mit dem Finanzpaket für die Unternehmen in Höhe von 8,8 Milliarden Euro biete diese Maßnahme eine Erleichterung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Der christliche Gewerkschaftsbund fordert von der Regierung, alle ökonomisch nicht notwendigen Aktivitäten, beispielsweise in den Bereichen der Stahlproduktion und des Automobilsektors, zu stoppen.
Der LCGB stellt sich hinter die Entscheidung der Regierung, dass in Unternehmen, deren Betrieb vital für die Gesellschaft ist, täglich zwölf und wöchentlich 60 Stunden gearbeitet werden darf, dies allerdings erst, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Gleichzeitig fordert der LCGB, zusätzliches Personal in den betroffenen Unternehmen einzustellen, um die Angestellten zu entlasten und ihre notwendigen Pausen garantieren zu können.
Gewerkschaften bei Arbeitszeit uneinig
Außerdem plädiert man beim LCGB für einheitliche Öffnungszeiten im Handel. Dies, um einerseits die Ruhezeiten der Beschäftigten und andererseits die Versorgung des Großherzogtums zu garantieren. Im Gegensatz zum LCGB kritisiert der OGBL die Entscheidung, dass die maximale Arbeitszeit in bestimmten Bereichen auf zwölf Stunden pro Tag respektive 60 Stunden pro Woche erhöht wurde.
Wie Präsidentin Nora Back bei „RTL Radio Lëtzebuerg“ erklärte, handele es sich dabei um eine alte Forderung der Arbeitgeber, die man immer abgewehrt habe. „Unser Hauptgeschäft besteht darin, dafür zu sorgen, dass die Menschen unter guten Arbeitsbedingungen arbeiten und keinen unmöglichen Arbeitszeiten ausgesetzt sind“, so Back. „Wir sind der Meinung, dass das zu weit geht und Wirtschaftszweige betroffen sind, wo es nicht nötig ist, dass zwölf Stunden gearbeitet wird, beispielsweise im Handel.“
Kritik gibt es vom OGBL auch am sogenannten Homeschooling, weil dadurch die Chancenungleichheit weiter verstärkt werde. Viele Eltern seien nämlich nicht in der Lage, ihren Kindern bei den Hausaufgaben zu helfen. Sei es, weil sie nicht über ausreichende Sprachkenntnisse verfügen oder die Anforderungen des luxemburgischen Bildungssystems nicht genügend kennen.
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