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Frauen in Pandemiezeiten: Jobverluste und mehr Kinder-Stress
Politik 3 Min. 09.03.2021 Aus unserem online-Archiv

Frauen in Pandemiezeiten: Jobverluste und mehr Kinder-Stress

Frauen mit kleinen Kindern zwischen Null und fünf Jahren hatten die größte Belastung bei der Telearbeit: Kinder wenden sich mehr an die Mutter denn den Vater.

Frauen in Pandemiezeiten: Jobverluste und mehr Kinder-Stress

Frauen mit kleinen Kindern zwischen Null und fünf Jahren hatten die größte Belastung bei der Telearbeit: Kinder wenden sich mehr an die Mutter denn den Vater.
Foto: Getty Images
Politik 3 Min. 09.03.2021 Aus unserem online-Archiv

Frauen in Pandemiezeiten: Jobverluste und mehr Kinder-Stress

Annette WELSCH
Annette WELSCH
Eine Studie des European Institute for Gender Equality zeigt: Die Pandemie trifft Frauen härter.

Am Dienstag stellt Gleichstellungsministerin Taina Bofferding (LSAP) den neuen  Observatoire de l’égalité vor. Denn auch wenn die Gleichstellung Fortschritte  macht, so bleibt noch etliches zu tun im Bereich der Arbeit, der Gewalt und hartnäckigen Stereotypen. Und um gezielter vorzugehen, braucht es nach Geschlechtern aufgeschlüsselte Zahlen. Die neuesten zur häuslichen Gewalt und zur Beschäftigung werden dann vorgestellt.


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Derweil nimmt sich das European Institute for Gender Equality (Eige) die sozioökonomischen Folgen der Covid-19-Pandemie auf die Gleichstellung in der EU vor. Die Arbeiten an der Studie laufen noch, aber erste Ergebnisse zeigen: Frauen sind von Arbeitsplatzverlusten mehr betroffen als Männer und die Telearbeit verstärkt den Druck auf die Work-Life-Balance der Frauen

Während der ersten Pandemie-Welle sank die Beschäftigung in der EU um jeweils 3,6 Prozent bei Männern und Frauen: im 2. Quartal 2020 gingen im Vergleich zum selben Quartal 2019 2,2 Millionen Arbeitsplätze bei den Frauen und 2,6 Millionen bei den Männern verloren. Der Jobverlust war mit rund zehn Prozent besonders stark bei den jungen Menschen zwischen 15 und 24 Jahren.

Höherer Arbeitsplatzverlust 

Allerdings konnten die Männer sich insgesamt im Sommer stärker davon erholen: Ihre Beschäftigungsrate wuchs im dritten Quartal um 1,4 Prozent wieder an, bei den Frauen war es mit 0,8 Prozent nur gut die Hälfte. Das zeigt, dass der wirtschaftliche Impakt der Pandemie auf Frauen langfristiger ist, stellen die Forscher fest. 40 Prozent der Frauen arbeiten in den Bereichen, in denen Frauen die stärksten Arbeitsplatzverluste einstecken mussten – im Handel, in der Beherbergung, der Reinigung und der Kleiderindustrie.


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Statistiken zeigen zudem, dass nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch die Arbeitszeit betroffen war: Die tatsächlich im Hauptjob geleisteten Arbeitsstunden sanken – und auch hier bei den Frauen mehr als bei den Männern. 

Luxemburg sticht insofern heraus als der Jobverlust bei den Frauen im zweiten Quartal 2020 bei nur 1,4 Prozent lag, während er 5,5 Prozent bei den Männern betrug. Lediglich in Ungarn waren die Frauen mit 0,8 Prozent noch weniger betroffen. Mit Estland, Rumänien, Österreich und Frankreich gehören Luxemburg und Ungarn zu den wenigen Ländern, in denen mehr Männer ihre Arbeit verloren als Frauen. Und auch der Unterschied im Arbeitszeitverlust ist in Luxemburg nur marginal. 

Telearbeit und Work-Life-Balance 

Als weiteres Thema hatte sich Eige die Vereinbarkeit von Familie und Beruf vorgenommen. Auch hier zeigen sich Unterschiede: 45 Prozent der Frauen arbeiten in Jobs, die auch in Telearbeit geleistet werden können, bei den Männern sind es 30 Prozent. Nun könnte man meinen, dass die verstärkte Heimarbeit ein Segen war, aber weit gefehlt. 

Die Pandemie zeigte zwar das Potenzial einer digitalen Arbeitswelt und die Telearbeit bringt durchaus positives durch eine höhere Flexibilität und die potenziell bessere Lastenverteilung zwischen Männern und Frauen, sie verstärkt aber auch die Konflikte rund um die Work-Life-Balance, stellen die Forscher fest. 

Wir wissen noch nicht, ob sich die Telearbeit wirklich positiv auf die Work-Life-Balance auswirkt.

Dr. Lina Salanauskaite, Eige

Besonders Frauen mit kleinen Kindern zwischen Null und fünf Jahren bekamen das zu spüren und hatten die größten Probleme. Denn auch wenn die Männer durchaus mehr Verantwortung bei der sogenannten Care-Arbeit übernahmen als vorher, stieg der Anteil, den Frauen dazu leisteten dennoch an. 

Neue unbezahlte Care-Arbeit: Homeschooling

Nicht zuletzt weil mit dem Homeschooling infolge der pandemiebedingten Schulschließungen eine neue Form der unbezahlten Familienarbeit hinzukam. Und die traf Frauen weit mehr als Männer. 

Die Eige-Studie zeigt auch, dass Frauen generell mehr mit Unterbrechungen ihrer Telearbeit durch die Kinder zurechtkommen mussten: Die Kinder wandten sich schlicht mehr an die Mutter als den Vater. Die Aufteilung der Kinderbetreuung war allerdings in den Haushalten ausgewogener, in denen Männer präsent waren, weil sie entweder auch im Homeoffice arbeiteten oder arbeitslos waren. 


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Durch konstante Ablenkung und neue Care-Formen, die die volle Konzentration auf die Arbeit stören, leidet die Arbeit und die Produktivität, stellen die Forscher fest. Es habe zudem negative psychologische Auswirkungen, zu Hause zu sein. Sie befürchten nun, dass sich das langfristig negativ auf die Karrieren und die Aufstiegschancen der Frauen sowie ihr Gehalt auswirken könnte. "Wir wissen noch nicht, ob sich die Telearbeit wirklich nachhaltig positiv auf die Work-Life-Balance auswirkt", sagt Dr. Lina Salanauskaite.

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