"Frau soll selbständig und mündig sein"
"Frau soll selbständig und mündig sein"
(ml) - Justizminister Félix Braz und Gesundheitsministerin Lydia Mutsch stellten am Mittwoch den zuständigen parlamentarischen Ausschüssen die Reform des Abtreibungsgesetzes vor. Zurückbehalten wird eine Fristenlösung. Bis zur 14. Woche ist der Schwangerschaftsabbruch ohne Angaben von Gründen möglich. Die zweite Beratung soll nur noch fakultativ sein. Die Parteien nahmen in der Kommissionssitzung dazu Stellung.
Das aktuelle Gesetz, das 2012 im Parlament mit 39 Ja zu 21 Nein-Stimmen verabschiedet worden war, werde man nicht abschaffen sondern verbessern, sagte im Anschluss an die Sitzung Berichterstatterin Viviane Loschetter (déi Gréng) dem "Luxemburger Wort". "Diese Regierung ist angetreten mit einem Paradigmenwechsel, dass die Frau selbstständig und mündig ist. Die Frau muss nicht mehr den Beweis antreten, warum sie sich in einer Notlage (situation de détresse) befindet", betonte die grüne Fraktionsvorsitzende. Sie begrüßt es, dass mit der geplanten Reform eine regelrechte Fristenlösung in Kraft treten wird.
Die CSV ist hingegen erstaunt, dass das vorige Abtreibungsgesetz nur anderthalb Jahre nach dem Inkrafttreten bereits abgeändert wird. In den Reihen der Christlich-Sozialen gibt es unterschiedliche Strömungen, deshalb soll bei der Abstimmung jeder nach seiner Gewissensfreiheit entscheiden. Nach Einschätzung von Françoise Hetto dürfte allerdings eine Mehrheit der CSV-Abgeordneten gegen das Gesetzprojekt stimmen.
Keine Bewertung
Die zweite obligatorische Beratung soll abgeschafft werden. Gesundheitsministerin Lydia Mutsch bestätigte am Mittwoch, dass keine Bewertung durchgeführt wurde, um herauszufinden ob diese Maßnahme den Betroffenen etwas genutzt hat oder nicht. "Wir bedauern, dass hier etwas abgeschafft wird, ohne dass präzise Angaben vorhanden sind. Die Ministerin war der Meinung, die CSV hätte diese Bewertung machen müssen", so Hetto.
Nicht einverstanden ist die CSV auch damit, dass eine Frau künftig nicht mehr in einer "situation de détresse" sein muss um abtreiben zu dürfen. Es sei wünschenswert diesen Begriff beizubehalten. Ein Schwangerschaftsabbruch ist ein Akt, den man nicht verharmlosen sollte, unterstreicht Hetto. Die ehemalige Ministerin der Chancengleichheit ist eigenen Aussagen zufolge entsetzt darüber, dass der Mann in dem neuen Text mit keinem Satz erwähnt wird. "Ich hätte mir zum Beispiel vorstellen können, dass der Mann seine Partnerin bei dem Beratungsgespräch begleitet", so Hetto.
Die größte Oppositionspartei hat kein Verständnis dafür, dass das neue Gesetz keine schriftliche Einwilligung der Frau mehr vorsieht, um einen Schwangerschaftsabbruch vollziehen zu können. Bei gängigen Operationen müssen die Patienten ein Dokument unterschreiben, mit dem sie versichern, dass sie über mögliche Konsequenzen des Eingriffs informiert wurden. Die CSV ist der Ansicht, dass Patientinen im Vorfeld einer Abtreibung mindestens genau so ausführlich aufgeklärt werden.
ADR: "Regierung will gesellschaftspolitische Agenda durchpeitschen"
Hetto zufolge, stellt die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs für die CSV ein weniger großes Problem dar. Die ADR ist da anderer Meinung. "Wir sprechen uns für eine Indikationslösung aus, wie sie im Gesetz von 1978 vorgesehen war. Eine Abtreibung sollte lediglich in einer Ausnahmesituation vollzogen werden", betont Fernand Karheiser.
Der ADR-Abgeordnete hat den "dringenden Verdacht", dass die Regierung die Reform des Abtreibungsgesetzes noch in diesem Jahr durchpeitschen will. "Die drei Koalitionsparteien haben Probleme bei Budget- und Finanzfragen einen gemeinsamen Nenner zu finden. Deshalb möchten sie ihre linksgerichtete gesellschaftspolitische Agenda möglichst schnell durchsetzen", sagt Kartheiser.
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