Flüchtlinge: Familiennachzug zu kompliziert
Flüchtlinge: Familiennachzug zu kompliziert
Innerhalb von drei Monaten, nachdem das Flüchtlingsstatut anerkannt wurde, müssen derzeit Personen, die in Luxemburg internationalen Schutz genießen den Antrag gestellt haben, dass ihre Familienmitglieder nachziehen dürfen. Laut Koalitionsvertrag soll die Frist nun auf sechs Monate erhöht werden.
"Wir begrüßen das, empfehlen aber, dass sich Luxemburg ein Beispiel an anderen EU-Ländern nehmen soll, die gar keine Frist vorsehen." Das sagte die Juristin der Commission Consultative des Droits de l'Homme (CCDH), Anamarija Tunjic am Montag, als der Bericht zum Recht auf Familiennachzug vorgelegt wurde.
Flexibler mit Anträgen umgehen
"Bis die Fristverlängerung gesetzlich verankert ist, sollten die Behörden flexibler vorgehen und den Tag des Antrags gelten lassen und nicht auf dem vollständigen Dossier beharren", meint Tunjic. Es dauere einfach lange, bis die offiziellen Dokumente vorgelegt werden können. Und so vermeide man auch, dass gefälschte Papiere vorgelegt werden, an die man oft leichter herankomme.
Es ist eine der zahlreichen Empfehlungen der Menschenrechtskommission an die Regierung, um das Grundrecht auf den Respekt des Privat- und Familienlebens zu garantieren. Möglichst schnell und effizient soll die Prozedur vonstatten gehen. "Die Familie stellt eine wichtige emotionale und psychologische Stütze dar und erleichtert die Integration, wenn eine Rückkehr in die Heimat nicht absehbar ist", macht die CCDH geltend.
Die Familie stellt eine wichtige emotionale und psychologische Stütze dar und erleichtert die Integration.
Anamarija Tunjic
Flexibler soll sich die Regierung auch zeigen, wenn es um den Begriff der Familie geht, der im strikten Sinne der Kernfamilie ausgelegt wird. So sollten auch nicht verheiratete oder verpartnerte Paare anerkannt werden. Gerade für LGTBI-Personen, die in ihren Herkunftsländern selten anerkannt sind, sei es sonst eine unüberwindbare Hürde. Das gleiche gilt für nicht biologische Kinder und solche, die finanziell abhängig sind.
Nachzug von Eltern minderjähriger Kinder ermöglichen
Vor allem sollte bei unbegleiteten Minderjährigen vom Grundsatz abgesehen werden, dass nur Eltern nachziehen dürfen, die finanziell von den Kindern abhängig sind. "Das macht keinen Sinn", sagt Tunjic. Und es mache auch keinen Sinn, den Familiennachzug abzulehnen, wenn ein anderes Familienmitglied, wie ein unwesentlich älteres Geschwister, mit im Land ist. "Das ersetzt die Eltern nicht."
Zu den Empfehlungen gehört auch, dass die Personen unter internationalem Schutz systematisch von der Regierung unterstützt werden, ihre Familenmitglieder zu lokalisieren. Es sollte ihnen auch eine finanzielle Hilfe zugestanden werden, die zurückerstattet werden muss, denn die Prozedur ist teuer.
Kosten von ein paar tausend Euro pro Familienmitglied
"Für jedes Familienmitglied entstehen Kosten von ein paar tausend Euro", erklärt Tunjic - für die Dokumente, deren Übersetzung, die Wege zu den Botschaften und schließlich die Reise. Ganz wichtig ist der CCDH auch, dass die Flüchtlinge so schnell wie möglich umfassend von offizieller Seite aus über die Prozedur des Familiennachzugs informiert werden sollen.
Das ist derzeit erst der Fall, wenn das Statut anerkannt wurde, um keine unnötigen Hoffnungen zu schüren, beschwört aber dann Zeitdruck und -verlust herauf. Nachgezogenen Frauen sollte laut CCDH auch ein eigenes Schutz-Statut als Flüchtling zugestanden werden, damit sie nicht vom Statut des Mannes abhängen und so bei häuslicher Gewalt beispielsweise geschützt sind.
