"Et ass Zäit fir eng Regierung, déi handelt"
"Et ass Zäit fir eng Regierung, déi handelt"
Von Alex Donnersbach und Basile Dell *
Die aktuelle Regierung in Luxemburg ist aus Sicht der CSJ (Christlich-Soziale Jugend) bei vielen Zukunftsthemen nicht mehr handlungsfähig. Gerade bei wichtigen Themen wie der Wohnungskrise und der Energiewende kommen die verschiedenen Spannungsfelder der Koalitionspartner klar zum Vorschein. Auf der einen Seite werden die Naturschutzgesetze stark verschärft und ganze Landesteile so ausgewiesen, dass es jetzt kaum noch möglich ist, Infrastruktur zu bauen. Auf der anderen Seite wundert man sich, dass es nicht möglich ist, schneller mit dem Ausbau des Stromnetzes, des Schulwesens oder dem Wohnungsbau voranzukommen. Es fehlt an einer politischen Priorisierung, wodurch sich unser Land verstärkt auf einen Stillstand zubewegt, der die sozialen Ungleichheiten noch weiter befeuert.
Dem gilt es entschieden entgegenzuwirken. Die neue Regierung, die sich nach den Wahlen im Oktober bildet, muss klare thematische Prioritäten setzen. Die CSJ sieht heute besonders in der Wohnungskrise, der Energiewende, der Bildung und der Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben die größten Herausforderungen. Als CSJ werden wir uns in den nächsten Monaten verstärkt dafür einsetzen, dass sich diese Prioritäten auch im CSV-Wahlprogramm widerspiegeln.
Eine der wichtigsten Prioritäten betrifft dabei die Wohnungsnot, die in Luxemburg in den vergangenen Jahren immer dramatischere Ausmaße angenommen hat. Die Immobilienpreise haben sich in den zurückliegenden zehn Jahren praktisch verdoppelt. Darüber hinaus befindet sich die gesamte Baubranche durch die aktuell hohen Zinsen und die Inflation zudem auch noch in einer konjunkturbedingten Krise.
Trotz dieser alarmierenden Situation hat die Regierung in den vergangenen zehn Jahren eigentlich nur ein einziges Gesetz (Pacte Logement 2.0) zur Lösung des Problems verabschiedet. Ein weiteres Gesetz betreffend die Mobilisierungssteuer wurde eben erst vorgelegt, doch jeder weiß, dass die Mühlen des Gesetzgebers langsam mahlen und dieser Vorschlag deshalb wohl kaum vor Ende der Legislaturperiode gestimmt werden kann. Auch kurzfristige Maßnahmen, welche die Nachfrage im aktuellen Konjunkturtief beleben könnten, scheinen für die Regierung keine Priorität zu sein.
Eine komplexe Lösung für ein komplexes Problem
Um die Wohnungsnot in Luxemburg langfristig zu lösen, müssen wir an vielen Schrauben gleichzeitig drehen. Eine einzelne Maßnahme wird nicht ausreichen, um den Markt wieder anzukurbeln und das Angebot an Wohnraum substanziell zu erhöhen. Wir brauchen eine komplexe Lösung für ein komplexes Problem. Als CSJ fordern wir deshalb eine umfassende Initiative der neuen Regierung.
Um den Markt kurzfristig anzukurbeln, sollte der „bëllegen Akt“ schnellstmöglich von aktuell 20.000 Euro pro Person auf 50.000 Euro angehoben werden, gemeinsam mit dem reduzierten Mehrwertsteuersatz von drei Prozent für Erstkäufer von aktuell 50.000 auf 100.000 Euro. Zudem sollte es künftig möglich sein, die Schuldzinsen fürs Eigenheim bis zur Höhe von 4.000 Euro jährlich abzuziehen.
Mittel- und langfristig ist die einzige Lösung für die Wohnungskrise die Erhöhung des Angebots.
Doch mittel- und langfristig ist die einzige Lösung für die Wohnungskrise die Erhöhung des Angebots. Für die CSJ spielt deshalb die geplante Mobilisierungssteuer auf leerstehende Häuser und Grundstücke im Bauperimeter eine entscheidende Rolle, um endlich mehr Wohnraum zu schaffen. Doch sie muss schneller eingeführt werden, als die aktuelle Regierung es zurzeit plant.
Auch der Naturschutz in Verbindung mit dem Wohnungsbau muss neu gedacht werden. Als CSJ sind wir der Überzeugung, dass Bauland, welches auch als solches ausgewiesen ist, ohne weitere kompensierende Maßnahmen schnell und unkompliziert bebaut werden muss. Anstatt jeden Baum und jede Hecke in einem bürokratischen Prozess zu kompensieren, sollten Mindeststandards für die Begrünung von neuen Wohnvierteln eingeführt werden.
Eine wichtige Rolle bei der Lösung der Wohnungsnot spielen zudem die Kommunen. Der Planungsprozess muss hier dringend verbessert und vereinfacht werden. Wir brauchen für alle Prozeduren in Verbindung mit den Bebauungsplänen verbindliche Fristen.
Für die CSJ ist also wichtig, dass die neue Regierung schnell eine umfassende Wohnungsinitiative startet, um die Wohnungsnot in Luxemburg anzugehen. Wir erwarten von der Mutterpartei - sollte sie Teil der nächsten Regierung sein - dass sie diese Initiative bereits im ersten Jahr ihrer Amtszeit angeht und zu einer ihrer wichtigsten Prioritäten erklärt.
Starter-Kit für Berufsanfänger
Viele der Lösungen im Wohnungsbau werden jedoch erst mittel- oder langfristig greifen. Deshalb ist es notwendig, weitere Maßnahmen zu ergreifen. Wir wissen, dass in Luxemburg viele Berufseinsteiger im ersten Jahr oft vor hohen Kosten stehen, die sie ohne die Unterstützung ihrer Eltern kaum bewältigen können. Insbesondere die hohen Wohnkosten stellen eine enorme Belastung dar. Als CSJ stehen wir selbst vor diesen Herausforderungen und setzen uns dafür ein, gerade den jungen Berufseinsteigern im nächsten Jahr gezielte steuerliche Entlastungen anzubieten.
Wir sind zudem auch der Meinung, dass es wichtig ist, den Unternehmergeist junger Menschen zu fördern. Denn nicht jeder soll oder muss später für den Staat arbeiten. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen sind das Rückgrat der luxemburgischen Wirtschaft und verdienen unsere Unterstützung.
Dieses Kit beinhaltet ein Modell, bei dem der Staat jungen Unternehmern bis zur Existenzgründung ein Mindesteinkommen garantiert.
Deshalb fordern wir ebenfalls die Einführung eines Starter-Kits für Berufseinsteiger, wie es auf unserem Kongress im vergangenen Jahr beschlossen wurde. Dieses Kit beinhaltet ein Modell, bei dem der Staat jungen Unternehmern bis zur Existenzgründung ein Mindesteinkommen garantiert. Wir glauben, dass junge Menschen, die klare Zukunftsperspektiven haben, zur Entwicklung der Gesellschaft beitragen können. Durch die gezielte Unterstützung der Berufseinsteiger und die Förderung des Unternehmergeistes kann das Wohlergehen der Gesellschaft als Ganzes gesichert werden.
Energiewende schneller gestalten
Des Weiteren muss die Energiewende zur Priorität werden, wenn wir die Klimakrise in den Griff bekommen wollen. Die moderne, industrielle und digitale Gesellschaft, die auf billigem fossilen Brennstoff aufbaut, hat unsere Umwelt stark beeinflusst und verändert. Die damit verbundenen CO₂-Emissionen riskieren, das Klima stark zu beeinträchtigen und die Lebensbedingungen für Menschen und Tiere nachhaltig zu verändern.
Die CSJ setzt sich deshalb dafür ein, den Übergang von fossilen Brennstoffen auf alternative Energien zu beschleunigen. Die Regierung hat sich bereits ehrgeizige Ziele für erneuerbare Energien gesetzt. Doch im Vergleich zu anderen europäischen Ländern hinkt Luxemburg beim Aufbau erneuerbarer Energien, insbesondere bei Wind und Sonne, weit hinterher. Laut Eurostat-Daten hatte Luxemburg 2019 mit nur 8,4 Prozent den zweitniedrigsten Anteil an erneuerbaren Energien am Bruttoenergieverbrauch aller EU-Mitgliedsstaaten. Trotz einer Regierungsbeteiligung der Grünen seit fast zehn Jahren fehlt es an einer klaren politischen Priorisierung, wodurch die Energiewende unnötig verlangsamt wird.
Zudem fehlt neben der politischen Priorisierung auch eine angepasste Industriepolitik, die Unternehmen bei diesem Übergang unterstützt. Nur das Festlegen von Zielen reicht hier nicht aus. Es müssen auch Mittel mobilisiert werden, um den Übergang zu fördern. Um diese Herausforderung anzugehen, fordert die CSJ in der kommenden Legislaturperiode eine Investitionsoffensive von fünf Milliarden Euro in den nächsten fünf Jahren aus privaten und öffentlichen Mitteln zur Umsetzung der Energiewende. Dies wird es uns ermöglichen, unsere Ziele für erneuerbare Energien zu erreichen und unser Land auf den Weg in eine klimafreundliche Zukunft zu bringen.
Als CSJ sind wir davon überzeugt, dass die angesprochenen Themen zusammen mit denen der Bildung und der Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben sowohl von der CSV als auch von der neuen Regierung prioritär angegangen werden müssen, um die Wettbewerbsfähigkeit Luxemburgs abzusichern und darüber hinaus die sozialen Ungleichheiten anzugehen.
* Alex Donnersbach ist CSJ-Nationalpräsident und Gemeinderatsmitglied in Walferdingen; Basile Dell ist CSJ-Generalsekretär
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