Eine schallende Ohrfeige
Eine schallende Ohrfeige
Mit Ungeduld haben die Bauern auf das Gutachten des Staatsrats zum neuen Agrargesetz gewartet. Nun liegt es vor: Das Urteil der Hohen Körperschaft fällt vernichtend aus.
Der Text von Landwirtschaftsminister Fernand Etgen kassiert nicht weniger als 45 „oppositions formelles“. Die Einwände sind allerdings vor allem formaljuristischer Natur. Zum wiederholten Mal fordern die Räte mit Nachdruck, dass Grundsätzliches in den Gesetzestext gehört und nicht in die Reglements. Die Ausführungsbestimmungen sollen lediglich für mehr Klarheit sorgen. Zu den bereits vorliegenden Reglements steht das Gutachten des Staatsrats übrigens noch aus.
Zum Inhalt des Agrargesetzes schweigt sich die Hohe Körperschaft seltsamerweise fast vollständig aus. Nur in einigen untergeordneten Punkten, wie etwa bei den Weidezäunen entlang der Wasserläufe, gibt es Anmerkungen! Im Gegensatz zu den sonst üblichen Gepflogenheiten beziehen die Räte diesmal nicht Stellung zur allgemeinen Ausrichtung des Gesetzentwurfs.
Dabei wäre die Meinung der Hohen Körperschaft zu dem 310 Millionen Euro schweren Gesetz, das für sieben Jahre die Marschroute für die gesamte Landwirtschaft vorgibt, von Interesse gewesen, vor allem, weil der Text nicht unumstritten ist.
Während aus dem Umweltbereich bislang kaum Stimmen laut geworden sind – nicht einmal der Mouvement écologique hat sich zu Wort gemeldet –, hagelt es Kritik aus dem Agrarsektor. Die Bauernverbände und die Landwirtschaftskammer lassen kein gutes Haar an dem Text.
Stein des Anstoßes sind nicht nur die neuen Auswahlkriterien und die Regelungen für die Junglandwirte. Die Berufskammer befürchtet weitere bürokratische Hürden und, vor allem, finanziellen Einbußen.
Sie beanstandet aber auch die enormen Verzögerungen: Das neue Agrargesetz ist seit zwei Jahren überfällig. Fairerweise muss man allerdings anmerken, dass die Verspätung größtenteils der zögerlichen Umsetzung der letzten EU-Agrarreform und dem endlosen Hin und Her zwischen Brüssel und Luxemburg beim ländlichen Entwicklungsprogramm geschuldet ist.
Bis der Text angesichts der Klatsche des Staatsrats völlig umgeschrieben ist, bis die Kernbereiche der Reglements in dem Gesetz verankert sind, werden noch Monate vergehen. Bei der Gelegenheit sollte Ressortminister Etgen auch sein Versprechen einlösen und den Text zumindest in einigen Punkten anpassen.
Eile ist allerdings geboten. Die Bauern hängen in der Luft, seit zwei Jahren verfügen sie über keinerlei Planungssicherheit bei den Investitionen, den Fördermitteln und den Betriebsübernahmen. Und dies vor dem Hintergrund einer eh schon sehr angespannten Situation im Agrarbereich.
Was es bedeutet, wenn die Bauern nicht mehr investieren können, hat die Agrarkrise in Frankreich hinlänglich gezeigt: Die Bauern sind in ihrer Existenz bedroht, die Höfe sterben. Würde man einen anderen Berufsstand so lange im Regen stehen lassen, hätten die Betroffenen ihrem Ärger längst auf der Straße Luft gemacht.
Der Ärger der Bauern dürfte aber noch größer werden, wenn demnächst die Reform des Naturschutzgesetzes präsentiert wird, tangiert sie doch die Interessen der Landwirtschaft erheblich. Nach dem ersten Vorentwurf zu urteilen, sind die Konflikte jetzt schon vorprogrammiert.
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