Ein junger Blick auf Europa
16.05.2019
Am 26. Mai wählt Europa ein neues Parlament. Die Herausforderungen in den nächsten fünf Jahren sind vielfältig. Ein Überblick über die dringendsten Fragestellungen aus Sicht der Teilnehmer des Projekts "Media & Me".
"Media & Me"ist ein grenzüberschreitendes Projekt, das Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Interesse an einer beruflichen Laufbahn im Journalismus erste Einblicke in den Medienbetrieb bietet. 14 Teilnehmer waren am 16. Mai zu Gast beim "Luxemburger Wort" und beschäftigten sich mit konkreten Fragestellungen zur Zukunft der Europäischen Union. Das Ergebnis eines spannenden Vormittags in der "Wort"-Redaktion sehen Sie hier.
Klimaschutz: Die vielleicht größte Herausforderung
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Greta Thunberg ist das Vorbild für Tausende Jugendliche auf der ganzen Welt, wenn es um Klimaschutz geht. Seit August letzten Jahres streikt sie deswegen vor ihrem Parlament in Stockholm. Auch in Luxemburg findet die „Fridays for Future“-Aktion Anklang: Am 15. März sind rund 7.500 Schüler auf die Straße gegangen, statt zur Schule. Und der nächste Streiktermin steht schon fest.
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Klimaschutz: Das Sorgenkind der EU?
Seit den weltweiten Schulstreiks wird deutlich, Greta Thunberg und ihre Anhänger meinen es ernst: Klimaschutz soll endlich groß geschrieben werden. Laut einer Umfrage der Tageszeitung „Welt“ ist für 34 Prozent der Befragten der Schutz von Umwelt und Klima besonders wichtig, Migration steht mit 32 Prozent an zweiter Stelle.
Im Mai finden die Europawahlen statt, das neugewählte europäische Parlament muss sich dann mit den Forderungen der Klimaschützer beschäftigen. Die Herausforderung besteht darin, einheitliche Regelungen bzw. Richtlinien festzulegen, die alle Mitgliedsstaaten annehmen wollen. Bereits im Oktober letzten Jahres hat das EU-Parlament einem Verbot für Plastik-Wegwurfprodukte zugestimmt. Ab 2021 sollen somit u.a. Wattestäbchen und Einweggeschirr nicht mehr erlaubt sein, wenn sie aus Plastik bestehen .
Der eigene CO2-Fußabdruck
Im Vergleich zu anderen Ländern hat Europa vergleichsweise hohe Umweltstandards und Richtlinien. Das ist jedoch kein Grund, sich auf den bereits geltenden Regelungen auszuruhen. Stattdessen muss die EU weitere Beschlüsse festlegen. Der Ausstoß von Treibhausgasen, vor allem Kohlenstoffdioxid, gehört zu den größten Problemen unserer Zeit.
Bereits vor zwölf Jahren, im Jahr 2007, hat die EU festgelegt, bis 2020 den CO2-Ausstoß und den Energieverbrauch um 20 Prozent zu senken und den Anteil an erneuerbaren Energien im Energiemix der EU auf 20 Prozent zu erhöhen. Dass wir allein unseren CO2-Ausstoß verringern reicht aber nicht. Die EU muss auch dafür sorgen, dass andere Staaten wie die USA, China oder Russland Beschlüsse und Obergrenzen festlegen, um einen weltweiten Temperaturanstieg zu begrenzen.
Fraktionen und ihre Forderungen
Im europäischen Parlament gibt es verschiedene Fraktionen, die verschiedene Ansichten in Sachen Klimaschutz vertreten. Die Grünen fordern neben einem schnellen Kohleausstieg, dass der Anteil der erneuerbaren Energien in Europa bis 2030 auf 45% steigt, 2050 sollen 100% erreicht werden. Die SPD fordert schärfere Grenzwerte sowie die Einführung einer CO2-Steuer. Die CDU/CSU möchte „ein Industriekonzept mit stimmigem ökologischem Ansatz“ entwickeln.
Die Liste an Herausforderungen der EU ist lang. Doch um die Auswirkungen des Klimawandels auf unseren Planeten möglichst gering zu halten, bleibt keine Zeit mehr. Die „Fridays For Future“-Bewegung polarisiert und macht deutlich, wie wichtig Klimaschutz ist. Das neugewählte europäische Parlament muss die bereits bestehenden Klimaziele überarbeiten und sich dringend zusammen mit den Mitgliedsstaaten Gedanken über den weiteren Klimaschutz innerhalb der EU machen.
Migration: Es geht um Menschen!
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Mai 2019 - Der Frühling erwacht in Deutschland, Luxemburg und selbstverständlich dem restlichen Europa. Doch nicht nur die Saison der wärmeren Monate ist nun angebrochen. Es beginnt auch wieder die Saison der an europäischen Mittelmeerküsten anlandenden Flüchtlingsboote. Diese Thematik stößt immer wieder auf Diskussionen in der EU. Wohin mit den Massen an Schutz suchenden Menschen? Wie sollte mit der Aufteilung der Migranten verfahren werden?
Wie sich in letzter Zeit bestätigt, läuft die Praxis doch anders ab als die Theorie. Es sind mehr Flüchtlinge als gedacht und die Politik scheint mit der Aufgabe der gleichmäßigen Verteilung überfordert zu sein. Wer über das Mittelmeer nach Europa kommt, setzt sich Gefahren aus. Mehr als 2200 Menschen sind, nach Angaben der UN- Flüchtlingsorganisation, im Jahr 2018 umgekommen oder werden vermisst.
Diese Umstände kann die EU, als solidarische Vereinigung, nur als Fiasko ansehen.
Noch dazu wird von angrenzenden Ländern gedroht, Blockaden zu verhängen, da sie keine Flüchtlinge mehr aufnehmen wollen. Sie fühlen sich wohl überfordert mit den Massen an Menschen, die scheinbar nur auf ein paar einzelne Länder der EU aufgeteilt werden.
Nach osteuropäischen Ländern, wie Ungarn, die sich komplett gegen Aufnahme von Flüchtlingen stellen, erwägt Italien eine Art Seeblockade - Innenminister Matteo Salvini will Rettungsschiffen das Einlaufen in italienische Häfen verbieten.
Wo liegen die Ursachen und was kann getan werden um das Problem zu beheben?
Klar ist, dass gemeinsame Grundlagen gefunden werden müssen. Die gesamteuropäische Lösung steht als “Plan A” fest. Doch nicht alle Länder wollen die nötigen Zahlungen leisten. Die Aufnahmezentren, die eigentlich bereits organisiert sein sollten, sind noch nicht fertig vorbereitet und die Listen der als sicher geltenden Herkunftsländer sind ebenfalls noch nicht vorhanden.
Insgesamt ist viel Bürokratie vonnöten. Zusätzlich stehen noch weitere Fragen der Organisation offen. Denn es ist noch ungewiss an welchen Grenzen beispielsweise geprüft werden soll, oder ob und wie nach Personengruppen unterschieden werden soll.
Um die Problematik zu beheben, ist der EU dringend zu raten, mit allen Mitgliedsländern möglichst zügig klare Pläne festzulegen, welche umgehend gelten müssen. Denn nur wenn zeitnah alle EU Länder zusammenarbeiten ist eine Lösung in Sichtweite. Es darf keine Ausnahmeregelungen oder Lücken geben, damit sich jedes Land beteiligt. Gemeinschaft ist dabei ausschlaggebend- schließlich ist dies der Grundgedanke Europas der in Zukunft weiterhin eine große Rolle spielen wird, um aufkommende Krisen der EU zu überwinden.
Dieses Thema betrifft Menschenleben, und es braucht Aufmerksamkeit. Sonst muss auch weiterhin mit gekenterten Flüchtlingsbooten mitsamt toten Insassen gerechnet werden.
Populismus: Zerbricht die EU unter dem Druck von rechts?
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Populismus: Dieser Begriff taucht zurzeit oft in Verbindung mit der EU auf. Aber inwiefern stehen die beiden in aktuellem Zusammenhang? Besonders die Form des Rechtspopulismus ist ein Phänomen, das einen großen Trend in der politischen Ausrichtung vieler Mitgliedstaaten darstellt. Selbstverständlich gab es schon immer rechtsextremistische Parteien in den meisten Ländern, jedoch finden diese erst seit der Flüchtlingskrise von 2015 eine starke Resonanz in der Bevölkerung. Diese stellt den Hauptauslöser für viele Ängste unter den Bürgern dar. Eben diese Befürchtungen sind der sogenannte “Nährboden”, insbesondere für politische Vertreter rechter Meinungen, da diese mit den Ängsten der Menschen argumentieren und Anhänger gewinnen.
Aber um welche Ängste genau geht es? Viele Bürger befürchten einen zu großen Einfluss neuer Kulturen im eigenen Land, was nach ihrer Meinung zu einem unsicheren Zustand beiträgt. Auch die Unterfinanzierung von staatlichen Sozialversicherungssystemen wie der Rentenversicherng durch Ausgaben im Integrationsbereich sind eine weitverbreitete Angst. Diese Furcht vor dem Verlust der eigenen Kultur, Tradition und auch Sicherheit bewegt viele dazu, rechte Parteien als Lösung für irreale Ängste in Erwägung zu ziehen.
Parteien wie die FPÖ in Österreich rufen offen dazu auf, Macron, Juncker und Merkel abzuwählen. Das zeigt eine ganz klare Richtung an. Durch den starken Zuwachs von Anhängern der rechtsradikalen Parteien in ganz Europa steigt die Gefahr, dass die EU auseinanderbricht. Die rechtsradikalen Parteien wollen sich aus der EU ausgliedern und eine multikulturelle Gesellschaft verhindern. Diese ideologischen Vorhaben stehen in direktem Gegensatz zu den gemeinsamen, solidarischen Werten der Europäischen Union. Europa ist ein Vielstaatensystem mit dem Ziel, die über 70 Jahre alte Friedensidee zu erhalten.
In der internationalen Politik steht Europa für Offenheit, Toleranz, Antidiskriminierung und Akzeptanz. Doch heute widerspricht Vieles diesen Werten, vor allem der individuellen Vielfalt. Um den Frieden in Europa zu sichern, müssen die sozialstaatlich ausgerichteten Parteien sich stärker an der europäischen Charta der Grundwerte orientieren und die Menschen durch ihre Ideen und ein positives Entwicklungspotential begeistern.
Politische Bildung als Rezept
Dazu gehört auch insbesondere die politische Bildung der Bevölkerung. Beispielsweise kann dies durch Projekte gefördert werden, die europäische Bürgerinnen und Bürger zusammenbringen und so das Gemeinschaftsgefühl stärken. Das könnte durchaus dazu führen, dass EU-Gegner verstummen.
Es ist kein Geheimnis, dass Angst und Unsicherheit in Hass resultieren können, wodurch sich Parteien wie zum Beispiel die AFD und NPD in Deutschland hartnäckig halten. Zukunftsangst haben aber auch andere. Sie muss nicht in rechtem Gedankengut resultieren: “Ich habe Angst um meine Freunde, deren Leben tagtäglich durch Diskriminierung hier in Deutschland beeinträchtigt und gefährdet wird” sagt zum Beispiel Teresa Juen, Teilnehmerin des Projekts “Media and Me”.
Um den Frieden in Europa zu wahren muss der internationale Austausch zwischen den Kulturen wachsen. Sie müssen sich gegenseitig kennenlernen können und Gefallen am jeweils anderen finden. Stetigen Austausch und gegenseitiges, wohlwollendes Interesse ist ein Grundstein für harmonisches Zusammenleben.
