Eckers Amtszeit neigt sich dem Ende entgegen
Eckers Amtszeit neigt sich dem Ende entgegen
(ml) - Der Staatsrat bleibt vorwiegend eine Männerangelegenheit. Das Gremium zählt unter 21 Mitgliedern lediglich sechs Frauen. Dennoch steht in Person von Viviane Ecker erstmals in der Geschichte eine Frau an der Spitze der Hohen Körperschaft. Die Rechtsanwältin, die der LSAP zugeordnet wird, löste dieses Jahr Victor Gillen im Präsidentenamt ab.
Ihr Wirken ist jedoch nur von kurzer Dauer. Bereits im März kommenden Jahres zieht sich Ecker nach einer maximalen Amtszeit von 15 Jahren zurück. Favorit für den Präsidentenposten ist Georges Wivenes. Laut Tradition wird nämlich das dienstälteste Mitglied auf den "Chefsessel" befördert. Auch sonst waren die vergangenen Monate von einer personellen Runderneuerung geprägt. Binnen einem Jahr gab es im Staatsrat gleich sieben Neubesetzungen.
247 formelle Einsprüche
Neu aufgenommen wurden Alain Kinsch (Managing Partner von Ernst&Young), Rechtsanwalt Marc Thewes, der Erste Generalanwalt Jeannot Nies, die ehemalige grüne Parteipräsidentin Sam Tanson, der frühere DP-Fraktionssekretär Dan Theisen, Héloïse Bock (Partnerin in der Anwaltskanzlei Arendt&Medernach) sowie der bisherige Administrateur général im Staatsministerium Marc Colas. Ausgeschieden sind Victor Gillen, Roger Molitor, Georges Pierret, Agnès Rausch, Kik Schneider, Paul Schmit und Françoise Thoma.
Obwohl sich das Personalkarussell eifrig gedreht hat, blickt der Staatsrat im Vergleich zu den beiden Vorjahren auf eine arbeitsintensive Session zurück. Insgesamt wurden 343 Gutachten ausgearbeitet (280 im Vorjahr). Die unabhängige Institution hat eine beratende Funktion und übernimmt sozusagen die Rolle einer zweiten Kammer. Aufgabe des Staatsrats ist es u.a. sicherzustellen, dass die Gesetzentwürfe sowie Gesetzesvorlagen und großherzoglichen Verordnungen verfassungskonform sind und nicht gegen internationale Konventionen und Verträge verstoßen.
Reform des Staatsrats steht bevor
Falls die Hohe Körperschaft diesbezüglich Bedenken hat, spricht sie eine "opposition formelle" aus, damit die Texte nachgebessert werden. Der Jahresbericht 2014/2015 hält fest, dass der "Conseil d'Etat" in diesem Zeitraum 247 formelle Einsprüche erhoben hat, im Vorjahr waren es 51 weniger. In 135 Fällen stand der vorgelegte Text laut Staatsrat nicht im Einklang mit der Verfassung. Bei 66 weiteren Texten wurde bemängelte, dass sie den allgemeinen Rechtsprinzipien nicht genug Rechnung tragen würden.
Mit der Reform des Staatsrats steht im kommenden Jahr eine neue Herausforderung bevor. Der Gesetzentwurf der Regierung sieht vor, dass die Amtszeit der Staatsräte von 15 auf zwölf Jahre gesenkt werden soll. Auch in Zukunft sollen Regierung, Parlament und der Staatsrat aufgrund eines Rotationsprinzips die Kandidaten für das Gremium vorschlagen. Die Anwärter sollen anhand von bestimmten Kriterien ausgewählt werden.
Eine weitere wichtige Neuerung betrifft die kleineren Parteien. Sie sollen künftig die Möglichkeit erhalten, auch im Staatsrat vertreten zu sein. Voraussetzung dafür ist, dass sie seit mindestens zehn Jahren im Parlament vertreten sind und über fünf Prozent der Wählerstimmen verbuchen oder drei Abgeordnetenmandate haben. In seiner ersten Sitzung des neuen Arbeitsjahres 2015/2016 hat der Staatsrat keine "opposition formelle" gegen die entsprechenden Texte zurückbehalten.
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