Die Visionen des François B.
Die Visionen des François B.
(mig) - "Wéi e qualitative Wuesstem fir eist Land?“ Unter diesem Motto fand am Montag eine erste öffentliche Diskussionsrunde über die Zukunft Luxemburgs im großen Auditorium der Maison du Savoir in Belval statt. Initiiert wurde die Debatte von der Regierung, mit dem Ziel, eine breite öffentliche Debatte über die Entwicklung des Landes anzustoßen.
Den Auftakt machte Infrastruktur- und Nachhaltigkeitsminister François Bausch. Seine Präsentation verschiedener Wachstumsszenarien erinnerte irgendwie an die erste Budgetpräsentation von Finanzminister Pierre Gramegna. Beide zeichneten das Szenario „Was passiert, wenn wir weitermachen wie bisher?“, mit dem Unterschied, dass Gramegna dies auf die Entwicklung der öffentlichen Finanzen bezog und François Bausch auf die Gesamtentwicklung des Landes.
Wo soll demografisches Wachstum stattfinden? Wo sollen Arbeitsplätze entstehen, wie viele und welche? Soll die Beschäftigung im gleichen Rhythmus zunehmen oder macht es Sinn, die Entwicklung zu bremsen? In welche Infrastrukturen soll und muss investiert werden? Welche Mobilitätskonzepte braucht das Land? Fragen über Fragen, auf die François Bausch am Montag anhand von zwei möglichen Szenarien Ansätze von Antworten lieferte, die er zur Diskussion stellen möchte.
Kein "Weiter wie bisher"-Modell
Das „Weiter wie bisher“-Modell klammerte er aus, weil es die heutigen Probleme (Zersiedelung der Landschaft, Verkehrsprobleme, Flächenverbrauch, Organisation des urbanen und ländlichen Raumes) nicht löse. Ein mögliches Szenario setzt auf die Stärkung von sogenannten „Centres de développement et d'attraction“, kurz CDA. Die Entwicklung dieser zwölf regionalen Zentren hätte einen gleichbleibenden Flächenverbrauch und eine geringere Zersiedelung der Landschaft zur Folge. Eine Antwort auf die Verkehrsprobleme aber bietet dieses Modell Bausch zufolge nicht.
Seiner Ansicht lassen sich die Probleme am besten mit dem dritten Szenario lösen. Dieses gründet auf der Schaffung von drei Ballungsgebieten, im Norden des Landes, im Süden und in der Hauptstadt. Bausch möchte seine Entwicklungsszenarien als Diskussionsbasis verstanden wissen. Der Minister hofft auf eine Einigung auf das dritte Modell bzw. auf ein Mix aus beiden Modellen.
Beteiligung der Bevölkerung
Die gesamte Gesellschaft soll sich einbringen können. Talkrunden wie die am Montag mit Vertretern der Zivilgesellschaft – am Donnerstag haben die Vertreter der Regierung und der Opposition das Wort – sind nur ein Teil des Partizipationsprozesses. Die Bevölkerung soll sich ganz konkret an der Ausarbeitung des Zukunftsmodells beteiligen können, und zwar in Form von Workshops, die regional organisiert werden und die dazu dienen, das Programme directeur der Landesplanung zu überarbeiten. Per E-Mail (feedback@mat.etat.lu) werden Kommentare und Vorschläge entgegengenommen.
Wie groß das Interesse an der Debatte ist, wird sich zeigen. Mit nur knapp 200 Anmeldungen hielt das Interesse für die Talkrunde samt Präsentation in Belval sich jedenfalls in Grenzen.
Die Phantomdebatte
Mit der nun angestoßenen breiten öffentlichen Debatte „auf Basis von Fakten und Zahlen“ möchte Bausch eine andere Debatte verdrängen, eine Debatte, die er als „Phantomdiskussion“ und als „Angstdebatte“ bezeichnete. Es sei Pflicht der Politik, positive Lösungsvorschläge zu entwickeln, um den Ängsten der Menschen entgegenzuwirken. „Mit negativen Szenarien lockt man niemanden hinter dem Ofen hervor“, so Bausch, dem die Debatte über das 1,1-Millionen-Einwohner-Szenario offenbar gehörig auf die Nerven geht.
Er hält die Debatte für völlig absurd, „weil niemand voraussagen kann, wo Luxemburg in 45 Jahren stehen wird, genau so wenig, wie jemand im Jahr 1971 hätte ahnen können, in welcher Lage Luxemburg sich 2016 befindet“. Zudem strebe niemand dieses Szenario an.
Doch ganz so abwegig wie von François Bausch dargestellt ist die Auseinandersetzung mit dem 1,1-Millionen-Einwohner-Staat allerdings nicht. Das Szenario basiert nicht auf Hirngespinsten, sondern auf Berechnungen des europäischen Statistikamts Eurostat, auf Fakten und Zahlen also. Außerdem benutzte Blau-Rot-Grün das Szenario des 1,1-Millionen-Einwohner-Staates bei der Berechnung des mehrjährigen Haushalts, um von ihren anfänglich ehrgeizigen Zielen von einem jährlichen mittelfristigen Haushaltsüberschuss von 0,5 Prozent des BIP abzurücken.
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