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Die Nerven liegen blank
Politik 3 Min. 24.09.2016 Aus unserem online-Archiv
Syfel-Generalversammlung

Die Nerven liegen blank

"Wir geben jetzt Butter bei die Fische", sagte Syfel-Vizepräsident Marc Linden am Freitag bei der außerordentlichen Generalversammlung in Heffingen.
Syfel-Generalversammlung

Die Nerven liegen blank

"Wir geben jetzt Butter bei die Fische", sagte Syfel-Vizepräsident Marc Linden am Freitag bei der außerordentlichen Generalversammlung in Heffingen.
Foto: Gerry Huberty
Politik 3 Min. 24.09.2016 Aus unserem online-Archiv
Syfel-Generalversammlung

Die Nerven liegen blank

Michèle GANTENBEIN
Michèle GANTENBEIN
Der Dachverband der Kirchenfabriken (Syfel) wehrt sich mit aller Kraft gegen die geplante Abschaffung der Kirchenfabriken und fährt jetzt die ganz großen Geschütze auf. Am Freitag erfuhren die Mitglieder, wie der Plan aussieht und wie sie sich verhalten sollen.

(mig) - „Es reicht! Bis hierhin und nicht weiter! Wir ziehen jetzt die Bremse. Es geht um die Wurst.“ Mit diesen Worten machte Syfel-Vizepräsident Marc Linden am Freitagabend bei einer außerordentlichen Generalversammlung den Vertretern der Kirchenfabriken klar, dass jetzt endgültig die Stunde Null geschlagen hat.

Reichlich spät, dafür aber mit geballter Kraft will der Dachverband der Kirchenfabriken jetzt gegen die geplante Auflösung der 285 Kirchenfabriken und deren Überführung samt Vermögenswerte in einen gemeinsamen Fonds vorgehen.

Das prall gefüllte Centre polyvalent – knapp 350 Mitglieder waren der Einladung des Syfel nach Heffingen gefolgt – das aufmerksame Zuhören und die vielen Fragen machten deutlich, wie groß das Interesse, aber auch die Verunsicherung ist. Man will sich wehren, aber man will auch nichts falsch machen. Schließlich kennt sich nicht jeder mit juristischen Feinheiten aus.

Die Krux: Die Kirchenfabriken sollen bis zum 1. Oktober mit den Gemeinden eine Einigung finden, welche Kirchen, Kapellen und Güter 2017 in den Fonds übergehen werden, und eine entsprechende Konvention unterschreiben. Doch die Vertreter der Kirchenfabriken sind unsicher, was sie tun sollen.

Einerseits wehren sie sich dagegen, dass die Dinge auf diese Art abgewickelt werden. Andererseits haben sie Angst, dass am Ende die Regierung entscheidet, sollte es nicht zu einer Einigung kommen.

Keine Konvention unterschreiben

Syfel-Präsident Serge Eberhard riet den Mitgliedern, nicht in die Falle des Ministers zu tappen, „der die Listen braucht, damit sein Gesetz durchgeht“. Eberhard riet den Mitgliedern, auf keinen Fall eine Konvention zu unterschreiben, so lange kein Gesetz vorliegt. Noch ist nämlich unklar, ob der Gesetzesentwurf in seiner jetzigen Form überhaupt den Staatsrat passieren wird.

Stattdessen ging der Rat an die Kirchenfabriken, sich mit den Gemeinden auf eine Absichtserklärung zu einigen, „die nicht bindend ist“, und das Gesetz abzuwarten. Schließlich bleibe auch dann noch genug Zeit, eine Konvention zu unterzeichnen.

Die Wunden sitzen tief beim Syfel. Und man ist fassungslos über das, was gerade „in atemberaubendem Tempo“ passiert. Gründe, gegen das geplante Gesetz vorzugehen, gibt es nach Ansicht des Syfel viele. Allein schon die Konvention sei null und nichtig, „weil weder der Erzbischof das Recht hat, die Kirchenfabriken, noch der Innenminister, die Gemeinden zu verpflichten“, so der Vorsitzende.

Gerichtliche Schritte

Deshalb wird das Syfel auch gerichtlich gegen die Konvention vorgehen. „Hier haben zwei Parteien entschieden, das Haus eines Dritten zu verkaufen, ohne diese dritte Person zu fragen, ob sie damit einverstanden ist. Das nennt man Diebstahl, Enteignung, Beraubung“, so Eberhard.

Was die Zukunft angeht, befürchtet das Syfel, dass es dem Fonds später so ergehen könnte wie jetzt den Kirchenfabriken. Es gebe keine Garantie, dass der Fonds nicht auch irgendwann abgeschafft werde „und dann ist alles weg“, so Eberhard, der bei der anschließenden Pressekonferenz betonte, dass es dem Syfel in erster Linie nicht um das Geld, sondern um die Menschen gehe, „die sich über 200 Jahre lang unentgeldlich für die Kirchenfabriken eingesetzt haben und für ihre Arbeit keinen Dank, sondern eine Ohrfeige erhalten“.

Die Syndikatsverantwortlichen äußerten auch Bedenken bezüglich der Verwaltung des geplanten Fonds. „Niemand weiß, wie dieser Fonds verwaltet werden soll. Wir wissen nur, dass die Verwaltung eines solch großen Fonds einen Haufen Geld kosten wird, allein schon weil man viel Verwaltungspersonal dafür braucht“.

Diese Kosten hätte man sich sparen können, fuhr Eberhard fort, und erinnerte an den Vorschlag des Syfel, die Kirchenfabriken zu reformieren und einen Solidaritätsfonds einzurichten, der Eberhard zufolge die Finanzierung der Kirchenfabriken gesichert hätte, ohne sie abzuschaffen.


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