Deutschland: Quarantäne für Luxemburger in fast allen Bundesländern
Deutschland: Quarantäne für Luxemburger in fast allen Bundesländern
(LW) - Diese Entscheidung dürfte die Pläne zahlreicher Urlauber aus Luxemburg über den Haufen werfen: Das deutsche Robert-Koch-Institut (RKI) hat Luxemburg am Dienstag wegen der neuerlichen Ausbreitung des Corona-Virus zum Risikogebiet erklärt. Das Großherzogtum hatte zuvor die Grenze von 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen überschritten.
Gleichzeitig hat das deutsche Auswärtige Amt eine Reisewarnung für das Großherzogtum verhängt, der sich die beiden Nachbarbundesländer Luxemburgs - Saarland und Rheinland-Pfalz - sich am Dienstag angeschlossen haben. Das Saarland rät Pendlern, sich regelmäßig testen zu lassen.
Auch Bayern fordert Quarantäne
Am Mittwochmorgen kam aus Bayern die Bestätigung: Auch dort müssen Reisende aus Luxemburg zunächst in Quarantäne, es sei denn, sie können ein ärztliches Attest auf Basis eines negativen Tests vorlegen.
Auch in Baden-Württemberg müssen sich Urlauber aus Luxemburg derzeit für 14 Tage isolieren. "Sie dürfen die Wohnung beziehungsweise das Zimmer nicht verlassen und auch keinen Besuch empfangen. Die Reisenden müssen sich bei den örtlichen Behörden melden", teilt eine Sprecherin des regionalen Tourismusbüros auf LW-Nachfrage mit. Alternativ kann ein ärztliches Attest vorgelegt werden, das bestätigt, dass der Reisende nicht infiziert ist. Das Zeugnis darf laut der Corona-Verordnung nicht älter als 48 Stunden sein und kann auch in Luxemburg ausgestellt worden sein.
Asselborn: "Noch zu früh"
Wie Außenminister Jean Asselborn am Mittwoch auf Nachfrage hin erklärte, sei das Ministerium mit den benachbarten deutschen Bundesländern in Kontakt und man versuche, die Modalitäten für Grenzübertritte zu klären. Zudem stelle sich auch die Frage, wenn Bürger aus Luxemburg lediglich durch Rheinland-Pfalz oder das Saarland in ein anderes Bundesland durchreisen wollten. Es sei aber noch zu früh, um Details bekannt zu geben. Am Mittwochmorgen tagt der Ministerrat.
Um 14 Uhr werden Premier Bettel und Gesundheitsministerin Lenert vor die Presse treten um über die aktuelle Situation zu informieren. Sie können die Pressekonferenz per Livestream auf wort.lu und im Ticker verfolgen.
Maßgeblich für die Bewertung seitens des RKI sind die aktuellen Infektionszahlen als auch die Art des Ausbruchs. Auf der Liste der Risikogebiete befinden sich neben Luxemburg Länder wie die USA, Libyen, Mexiko, die Türkei und Serbien. In diesen Gebieten besteht laut der Behörde ein erhöhtes Infektionsrisiko. Kein anderer EU-Staat außer Luxemburg wird derzeit vom RKI als Risikogebiet eingestuft.
Gegen Grenzkontrollen
Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans sprach sich gegen Grenzkontrollen aus. Sie seien "kein probates Mittel", so der CDU-Politiker: „Maßnahmen an der Grenze sind für uns in diesem Fall kein probates Mittel. Als es im März zu Grenzkontrollen kam, standen wir vor einer völlig anderen Situation, in der es keine Testungen und Nachverfolgungen von Infektionsketten gab“.
Wichtig seien jetzt die Testungen und Nachverfolgungen. Man spreche der luxemburgischen Regierung das Vertrauen aus, so seine Stellvertreterin Anke Rehlinger.
Auch seine rheinland-pfälzische Amtskollegin Malu Dreyer sprach sich gegen erneute Grenzschließungen aus: "Die luxemburgische Regierung ist nicht Donald Trump, sie wird selbst die richtigen Maßnahmen treffen. Es zeigt aber, dass Vorsicht weiter das oberste Gebot bleibt.“
Die Reisefreiheit solle erhalten bleiben, nicht zuletzt wegen der zahlreichen Pendler, so die Politikerin. Man stehe in Kontakt mit der Bundesregierung in Berlin, um die Reisefreiheit zu rechtfertigen.
Wer aus Luxemburg nach Deutschland einreisen will, sollte sich nun zunächst über die jeweiligen Quarantäneverordnungen der jeweiligen Bundesländer informieren. Es könnte eine Pflicht zur Selbstquarantäne bestehen. Ausnahmen gelten für Pendler sowie für Menschen, die unaufschiebbare medizinische Termine haben oder Menschen, die in Gesundheitsberufen arbeiten.
Auch in Rheinland-Pfalz unterliegen Einwohner Luxemburgs der Anti-Corona-Verordnung der Landesregierung. Spontane Besuche im Nachbarbundesland sind demnach nur nach Vorlage eines höchstens zwei Tage alten, negativen Corona-Tests möglich, wie der Südwestrundfunk (SWR) auf seiner Website schreibt. Umgekehrt sind Deutschen nur Kurzbesuche von maximal drei Tagen in Luxemburg erlaubt. Für Berufspendler gibt es keine Einschränkungen bei der Ein- und Ausreise aus dem Großherzogtum.
Laut Angaben der Zeitung "Trierischer Volksfreund" ist es denkbar, dass Rheinland-Pfalz Ausnahmen für Reisen in beide Richtungen beschließt. Weitere Details werden am Mittwoch erwartet.
Auch Belgien warnte
Belgien hatte Luxemburg bereits am Sonntag auf die "Liste orange" gesetzt. Demnach gilt das Großherzogtum als "mittlere Gefahrenzone". Dennoch bleiben die Grenzen geöffnet. Lediglich nach der Rückkehr sollten Menschen, die Symptome aufweisen, sofort einen Arzt aufsuchen und sich in Selbstisolation begeben.
Der deutsche Innenminister Horst Seehofer hat sich für den Fall ansteigender Covid-19-Zahlen gegen neue Grenzkontrollen zu den Nachbarländern ausgesprochen. Gleiches gilt für die Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz und dem Saarland.
Large Scale Testing
Luxemburg führt seit Ende Mai flächendeckende Tests in der Bevölkerung sowie bei Grenzpendlern durch. Laut Außenminister Jean Asselborn (LSAP) testet kein anderer Staat im Schengen-Raum so viel wie Luxemburg: "Wir machen knapp 9.500 Tests pro 100.000 Einwohner in der Woche, die Deutschen 500, die Belgier 600 - nicht mehr. Da muss es natürlich einen Unterschied bei den Resultaten geben."
Luxemburg macht mit seiner Teststrategie nur das, was international empfohlen wird.
Paulette Lenert
Allerdings waren nur rund zwölf Prozent aller Neuinfektionen in der Woche vom 29. Juni auf den 5. Juli auf das "Large-scale testing" zurückzuführen. Premierminister Xavier Bettel (DP) hatte zuvor Ansteckungen auf privaten Partys als Grund für die erhöhten Fallzahlen genannt und weitere Eindämmungsmaßnahmen angekündigt.
Bei jedem fünften Corona-Fall, der in die Luxemburger Statistik einfließe, handelt es sich laut Asselborn um einen Grenzgänger, der seinen Wohnsitz im benachbarten Ausland habe.
„Je mehr man sucht, umso mehr findet man: Wir erklären immer wieder, dass Luxemburg mit seiner Teststrategie nur das macht, was international empfohlen wird“, sagte Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) am Dienstag auf LW-Nachfrage. „Wir unterstreichen immer, dass wir als Teil unserer Strategie eine relativ große Zahl an Nicht-Luxemburgern mit testen und gerne hätten, dass dem Rechnung getragen wird.“
Für die heimische Tourismusbranche ist die Entscheidung der deutschen Behörden ein harter Schlag. Für Luxemburg sind Reisende aus Deutschland besonders wichtig; nach Angaben des nationalen Statistikamtes Statec sind 15 Prozent der 1,1 Millionen Ankünfte in gewerblichen Betrieben im Jahr 2018 auf Besucher aus Deutschland zurückzuführen. Besucher aus Belgien machen etwa 20 Prozent aus, Besucher aus Holland 17 Prozent und Besucher aus Frankreich 13 Prozent.
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