Das sind die Spielregeln für einen fairen Wahlkampf
Das sind die Spielregeln für einen fairen Wahlkampf
Sachlich und fair soll der Wahlkampf im Superwahljahr ablaufen. Dazu verpflichten sich neun Parteien. Sie selbst haben die Spielregeln festgelegt und am Montag ihre Unterschrift unter das Abkommen gesetzt, das sowohl für die Gemeindewahlen am 11. Juni als auch für die Nationalwahlen am 8. Oktober gilt.
Dieses Abkommen ist eine Art moralische Selbstverpflichtung, die jede Partei sich während der beiden Wahlen gibt.
Dan Biancalana (LSAP)
Vier Unterredungen waren nötig, um sich auf einen Kompromiss zu einigen. Am Verhandlungstisch saßen DP, Déi Gréng, LSAP, CSV, Piratepartei, Déi Lénk, ADR und Fokus. Die politische Bewegung Volt hat ebenfalls unterzeichnet.
Ein Kompromiss, den alle mittragen können
Wahlabkommen hätte es bereits 2017 für die Gemeindewahlen und auch 2018 für die Landeswahlen gegeben. Sie seien damals aber nicht von jeder Partei unterzeichnet worden, rief LSAP-Co-Parteipräsident Dan Biancalana in Erinnerung, dessen Partei die Rolle des Koordinators übernommen hatte. Da es keinen legalen Rahmen gebe, der den Ablauf des Wahlkampfes definiere, sei es wichtig, als Partei eine Vorbildfunktion einzunehmen.
Gegen Hatespeech und Desinformation
„Während des Prozesses konnte jede Partei ihre Sicht und ihre Positionen einbringen. Es ist uns gelungen, uns aufeinander zuzubewegen. Dieses Abkommen ist eine Art moralische Selbstverpflichtung, die jede Partei sich während der beiden Wahlen gibt“, hob Biancalana hervor und sprach von einer „starken Botschaft“. Neben Fairness und Sachlichkeit spiele die Begrenzung der Wahlkampfkosten eine wesentliche Rolle. „Wir setzen auf Qualität statt Quantität, gehen ressourcenschonend vor und verpflichten uns zu einem verantwortungsbewussten Umgang auf Ebene der sozialen Medien“, resümierte er den Inhalt des Abkommens. Im Vordergrund stehe der gegenseitige Respekt, also „keine persönlichen Beleidigungen, keine Verbreitung von Desinformationen, keine Schmierkampagnen, keine Beschädigung des Materials der anderen Parteien“.
Am 15. Mai startet der Wahlkampf auf kommunaler Ebene
Die Wahlkampagne für die Gemeindewahlen startet am 15. Mai und dauert vier Wochen. Ab dem 13. Mai dürfen Wahlplakate angebracht werden. Das Gesamtbudget für Werbung in den Printmedien, im Internet, Radio, Fernsehen oder für Kinospots wurde auf 100.000 Euro inkl. MwSt. beschränkt (Produktionskosten nicht eingerechnet). Das gleiche Budget gilt für die Nationalwahlen. Hier beginnt der Wahlkampf am 4. September (Plakate ab dem 2. September) und dauert fünf Wochen.
Außerdem wird auf Anzeigen auf Bussen, Bushaltestellen, in der Tram oder auf Bahnhöfen verzichtet. Die Zahl der großflächigen Plakate (150 cm auf 200 cm) wurde für die Gemeindewahlen auf 90 begrenzt, bei den Nationalwahlen sind 120 erlaubt. Drei Gadgets dürfen jeweils verteilt werden, wobei auf nachhaltiges Material gesetzt werden soll. Luftballons gehören nicht dazu.
Wir engagieren uns kollektiv für einen fairen und respektvollen Wahlkampf.
Carole Hartmann (DP)
Keine bezahlte Werbung durch Gemeinde oder Ministerien
Bezahlte Werbung, die nicht direkt mit der Informations- und Aufklärungspflicht zu tun hat, darf weder über die Gemeindeverwaltung noch über die Ministerien eingekauft und verbreitet werden. Im Hinblick auf die Chamberwahlen ist die Anzahl der nationalen Verteilungen („toutes-boîtes“) auf maximal zwei ab dem 4. September begrenzt.
Es soll nicht unter der Gürtellinie gearbeitet werden, sondern mit Argumenten.
Christophe Hansen (CSV)
„Wir engagieren uns kollektiv für einen fairen und respektvollen Wahlkampf. In einer Zeit, in der Desinformation ein großes Sujet ist, ist es wichtig, auch diese Themen in einem Wahlabkommen abzudecken“, so DP-Generalsekretärin Carole Hartmann. CSV-Generalsekretär Christophe Hansen sprach ebenfalls von Fairplay, sowohl was das Finanzielle als auch die Form anbelange: „Es soll nicht unter der Gürtellinie gearbeitet werden, sondern mit Argumenten.“
Was das Budget anbelange, so hätte sich die CSV vorstellen können, die Grenze noch niedriger anzusetzen und etwa auf die teuren Wahlspots in Kinos zu verzichten. „Wir haben eine Vorbildfunktion einzunehmen und sollten nicht unnötig mit Geld um uns schmeißen“, so Hansen, der auch noch anmerkte, dass es sich bei dem Wahlabkommen, um Regeln handele, „zu denen wir uns selbst verpflichten“. Juristische Konsequenzen gebe es demnach nicht, das Ganze basiere auf Vertrauen.
Déi Lénk und Piraten hatten Vorbehalte
Für Déi Lénk sei es nicht die Regel, Wahlabkommen zu unterschreiben, sagte deren Sprecher Gary Diderich, man habe es vom Inhalt abhängig gemacht und könne die Verpflichtungen diesmal mittragen. „Es geht in die richtige Richtung, wenn wir weniger öffentliches Geld in die Kommunikation fließen lassen. Die politische Arbeit zählt.“
Es ist extrem wichtig, dass wir zwei Wahlen haben und dass wir den Gemeindewahlen den Raum in der politischen Debatte geben.
Meris Sehovic, Déi Gréng
Fokus-Sprecher Frank Engel redete von einer „guten Tradition“, die zeige, dass die Grundlagen einer ordentlichen politischen Kultur in Luxemburg gegeben seien. „Es ist wesentlich, dass wir uns Mittel und Wege geben, um einen inhaltsbasierten Wahlkampf zu führen“, meinte Engel, der die Gelegenheit nutzte, um erneut darauf hinzuweisen, dass es wichtig gewesen wäre, beide Wahlen an einem Tag stattfinden zu lassen. Das ließ Meris Sehovic, Co-Parteipräsident der Grünen, nicht unkommentiert: „Es ist extrem wichtig, dass wir zwei Wahlen haben und dass wir den Gemeindewahlen den Raum in der politischen Debatte geben, die sie brauchen.“
Déi Gréng: „Es wurde hart verhandelt“
Was das Wahlabkommen anbelangt, so sprach Sehovic von „harten Verhandlungen“, an deren Ende eine Einigung gefunden werden konnte, was er als „gutes Vorzeichen für die nächsten Monate“ wertete. Den Grünen sei es wichtig, Materialschlachten zu verhindern, die Bevölkerung nicht mit übermäßig viel Wahlmaterial in ihren Briefkästen zu bombardieren und die visuelle Belastung im öffentlichen Raum in Grenzen zu halten. „Die Bürgerinnen und Bürger können sich darauf verlassen, dass wir verantwortungsbewusst mit Steuergeldern umgehen werden.“
Pirat Marc Goergen verheimlichte nicht, dass seine Partei die Verhandlungen zu einem gewissen Moment beinahe abgebrochen hätte, weil ihrer Forderung nach einer Reduzierung des Budgets seitens der Ministerien während der Wahlkampagne nicht Rechnung getragen wurde. Die Grünen hätten schließlich einen Kompromisstext vorgelegt, den man mittragen könne. Auch ADR-Parteipräsident Fred Keup zeigte sich zufrieden mit dem Kompromiss, selbst wenn dieser nicht jeden zu 100 Prozent zufriedenstelle. „Es ist gut, dass die beiden Wahlen getrennt voneinander stattfinden“, bemerkte er und sprach von „einem wichtigen Moment, um die Debattenkultur wieder richtig aufkommen zu lassen und über Inhalte zu diskutieren“.
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