COP27: „Lobbyisten wurden vor Ort hofiert“
COP27: „Lobbyisten wurden vor Ort hofiert“
Ein Erfolg war die 27. Weltklimakonferenz in Scharm el Scheich nicht. „Enttäuschend“, „ernüchternd“, „ein halbleeres Glas“ - die Aktualitätsstunde am Dienstag im Parlament zu den Ergebnissen der diesjährigen Weltklimakonferenz bestätigt die pessimistische Einschätzung von Umweltorganisationen und der EU-Kommission gegenüber den Beschlüssen der COP27. „Wir haben ein paar Symptome behandelt, aber den Patienten nicht von seinem Fieber geheilt“, monierte unter anderem EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach Ende der Konferenz die wenig ambitiösen Beschlüsse der COP27.
Vor allem bei der Frage rund um die dringend notwendige Senkung klimaschädlicher Treibhausgase konnten sich die Teilnehmer der COP27 nicht auf weitere Schritte einigen. Die etwa 200 Staaten bekräftigten zwar ihre Entscheidung, schrittweise aus der Kohle auszusteigen - ein Abschied von Öl und Gas wird in den Beschlüssen jedoch weiterhin nicht erwähnt.
Einen Erfolg konnte die Weltklimakonferenz in Ägypten dieses Jahr jedoch verbuchen: Ein Fonds zum Ausgleich von Klimaschäden in ärmeren Ländern - vor allem besonders gefährdeten Entwicklungsländer - soll nach jahrzehntelangen Debatten endlich Realität werden.
Dieses Jahr findet zudem erstmals die Forderung nach einem Ausbau erneuerbarer Energien seinen Weg ins Abschlussdokument der Konferenz. Staaten werden darin außerdem dazu aufgefordert, ihre Klimaschutzpläne bis zur nächsten Klimakonferenz in Saudi-Arabien nachzubessern - und das auf freiwilliger Basis.
Eine Tonne CO₂ mehr in der Luft sorgt für unermessliches menschliches Leid. Betroffen sind aber nicht superreichen Investoren, sondern meist die Ärmsten.
Myriam Cecchetti (Déi Lénk)
Lobbyisten bei der COP27 „hofiert“
Die Parteien bemängelten im Parlament, dass die Startbedingungen der Weltklimakonferenz unter keinem guten Stern standen. Die bei der COP27 anwesende Jessie Thill (Déi Gréng) sei „mit Bauchschmerzen“ nach Ägypten gegangen, ein Land, „wo harmlose Meinungsäußerungen langjährige Haftstrafen zur Folge haben können“. Die Grünen-Abgeordnete sei dort von Menschenrechtsaktivisten dafür sensibilisiert worden, wie nah Menschenrechte und Klimakrise zusammenhängen.
Auch Paul Galles (CSV) berichtete von seinen Erfahrungen in Scharm el Scheich und monierte, ein „Überwachungsstaat“ sei der falsche Austragungsort gewesen. In einer „Touristen-Hochburg“ untergebracht, spürte Galles vor Ort nicht, dass man damit das richtige Signal an die Menschen sendet. Generell sei die Organisation der Konferenz „nicht leicht zu durchblicken“ gewesen und das Endresultat „enttäuschend“.
Unter anderem aufgrund hoher Übernachtungskosten sei vielen Umweltorganisationen der Zugang zur Weltklimakonferenz verwehrt geblieben, stellte Cécile Hemmen (LSAP) zudem fest. Dafür waren 636 Lobbyisten der fossilen Energie auf der COP27 anwesend - 25 Prozent mehr als bei der Konferenz im vorigen Jahr in Glasgow. Unternehmen wie „General Motors“ und „Coca-Cola“ seien in Ägypten „hofiert“ worden, so Hemmen, während marginalisierte Gruppen unterrepräsentiert waren. „Unter solchen Bedingungen stand bereits vor Beginn fest, dass keine starken Ergebnisse zu erwarten sind“, kritisiert sie.
Ohne die Stimme der Straße, um Druck auf die politischen Verantwortlichen auszuüben, konnte in Scharm el Scheich dem Engagement von Wissenschaftlern und Aktivisten nicht Rechnung getragen werden, findet auch Myriam Cecchetti (Déi Lénk). Die Klimakonferenz stand sogar unter dem Zeichen der Gewalt, die von der Klimaveränderung ausgeht, so Cecchetti. „Eine Tonne CO₂ mehr in der Luft sorgt für unermessliches menschliches Leid. Betroffen sind aber nicht superreichen Investoren, sondern meist die Ärmsten.“
Es werden ambitiöse Klimaziele festgelegt, die wir nie erreichen. Meint die Weltklimakonferenz es wirklich ernst mit der Vermeidung von CO₂-Ausstößen?
Fred Keup (ADR)
Ausgleichsfonds: Noch unklar, wer wie einzahlen soll
Die Ergebnisse, die die Weltklimakonferenz nach zwei Wochen hervorgebracht hat, bezeichneten alle Parlamentsparteien als enttäuschend, doch begrüßte man grundsätzlich die Entstehung eines Ausgleichsfonds für Länder des Globalen Südens. Sven Clement (Piratenpartei) kritisierte am Dienstag jedoch, dass noch keine Details über den Zahlungsmechanismus des Fonds bei der Klimakonferenz ausgearbeitet wurden „Wo das Geld herkommen soll und wie es ausgegeben wird, sind Fragen, auf die die COP27 noch keine Antworten liefern konnte.“
Max Hahn (DP) kritisierte zudem die Zurückhaltung von China und den USA, sich am Fonds zu beteiligen. Dass es zu keiner ambitionierten Einigung gekommen ist, um festzulegen, ob die USA und China in den Fonds einzahlen sollen, sei „bedauerlich“, so Hahn.
Die ADR schloss sich der allgemeinen Kritik an, die Formalitäten zum Fonds seien bei der diesjährigen Konferenz nicht festgelegt worden. Was laut Fred Keup (ADR) daran liegt, dass nur einige 100 Menschen bei der COP27 „schöne Sonntagsreden halten“. „Es werden ambitiöse Klimaziele festgelegt, die wir nie erreichen. Meint die Weltklimakonferenz es wirklich ernst mit der Vermeidung von CO₂-Ausstößen?“, so der ADR-Abgeordnete. Keup hinterfragte zudem das System, nach dem Opfer der Klimakrise identifiziert werden sollen: „Ob eine Überschwemmung an einem bestimmten Ort dem Klimawandel geschuldet ist, ist schwer zu sagen.“
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