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CNS: Die digitale Bezahllösung soll 2023 kommen
Politik 4 Min. 06.10.2020 Aus unserem online-Archiv

CNS: Die digitale Bezahllösung soll 2023 kommen

14 Jahre hat die Umsetzung gedauert, seit Anfang des Jahres ist das elektronische Patientendossier verfügbar.

CNS: Die digitale Bezahllösung soll 2023 kommen

14 Jahre hat die Umsetzung gedauert, seit Anfang des Jahres ist das elektronische Patientendossier verfügbar.
Foto: Pierre Matgé
Politik 4 Min. 06.10.2020 Aus unserem online-Archiv

CNS: Die digitale Bezahllösung soll 2023 kommen

Annette WELSCH
Annette WELSCH
Das DSP ist da: Drei von vier CNS-Versicherten haben schon eine elektronische Patientenakte. Mit einer Werbekampagne soll die Nutzung nun gepusht werden.

„Gratis, persönlich und sicher“ - so umschrieb Sozialversicherungsminister Romain Schneider (LSAP) am Dienstag das Dossier de Soins (DSP), die elektronische Patientenakte, in der die wichtigsten Gesundheitsdaten der individuellen CNS-Versicherten vereint sind. Sie sind in einem „ganz sicheren mit der Post aufgebauten Datenzentrum“ gelagert. 


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„Der Zugang zu diesen Daten erleichtert die Betreuung und die Koordination und ermöglicht eine optimale Behandlung“, sagte Schneider, „Der Versicherte kann zu jedem Moment entscheiden, wer Zugang hat und was in seine Akte aufgenommen wird. Er bleibt Herr und Meister seiner Daten - das war uns wichtig.“ 

Möglichkeit des Opt-out

Seit Anfang des Jahres werden systematisch und nach und nach alle weit über  870.000 Versicherten der CNS angeschrieben und auf ihr DSP hingewiesen. Innerhalb von 30 Tagen kann man sein DSP dann wieder schließen lassen oder es direkt aktivieren. Unternimmt man nichts ist es validiert und kann mit Gesundheitsdokumenten bestückt werden. Dennoch kann man auch dann noch zu jedem Moment entscheiden, sein DSP wieder zu schließen. „Jeder Versicherte ist jederzeit frei, sein Dossier zu öffnen oder zuzumachen“, betonte auch die beigeordnete Sozialministerin Paulette Lenert (LSAP). 

77 Prozent der CNS-Versicherten waren zum 30. September angeschrieben und 652.564 DSP wurden bislang geöffnet. Nur 0,09 Prozent der Versicherten - um die 800 Personen - wollten ihr DSP nicht und entschieden sich für das Opt-out. Verschiedene Abgeordnete der Opposition kritisierten laut RTL am Dienstag im Anschluss an die Ausschusssitzung, bei der Schneider und Lenert über den Stand beim DSP informiert hatten, dass im Anschreiben nicht klar genug auf die Möglichkeit des Opt-out hingewiesen wurde und der Vorgang sehr kompliziert sei. 

Automatische Fütterung mit Daten

Ein DSP mit Daten füttern können Ärzte, Labore, Krankenhäuser, Apotheken, die beiden Netzwerke für häusliche Pflege Hëllef Doheem und Help, spezialisierte Strukturen, wie Colpach oder Tricentenaire, die CNS - allerdings nur die Zusammenfassung der Leistungen - und der Patient selber in seiner Rubrik mit persönlichen Angaben. Dort kann er sich beispielsweise zum Organspender erklären. 


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Automatisch werden derzeit die neuen Daten zu Laboruntersuchungen, in der Apotheke erhaltenen Medikamenten und Radiologiebefunden im DSP gespeichert - Daten aus der Vergangenheit sind nicht gespeichert. Parallel dazu sollen die Anamnese - die gesundheitliche Vorgeschichte des Patienten sowie die wichtigsten Informationen zu Blutgruppe und Allergien beispielsweise - und der Impfpass eingetragen werden. Wichtige Informationen für die Notfallversorgung sozusagen.

„Wir arbeiten gerade daran, dass auch die Entlassungsdaten nach einem Krankenhausaufenthalt automatisch ins DSP kommen“, erklärte Christian Oberlé, CNS-Direktor und Präsident der Agence eSanté. „Der nächste Schritt ist die Vereinbarkeit des luxemburgischen mit dem französischen DSP und später dann auch mit belgischen und deutschen Ärzten.“

75 Prozent der Ärzte informatisch kompatibel

Können alle Ärzte, denen der Patient Zugang zu seinem Dossier gibt, die DSP-Daten anschauen, so verfügen 75 Prozent der Ärzte in Luxemburg derzeit über eine Software für ihre Patientenkartei, die auch kompatibel mit dem DSP ist, sodass Daten dort hochgeladen werden können. „Wir begleiten die Ärzte, wenn sie ihre Software umstellen wollen, zwingen sie aber nicht dazu“, betonte Oberlé. „Aber jeder soll ein Interesse daran finden, mit dem DSP zu arbeiten.“ 

Dürfen jetzt alle in Luxemburg anerkannten Ärzte mit den DSP ihrer Patienten arbeiten, so soll es auf Dauer natürlich auch für die Mediziner der Großregion gelten, die über die Berufsregister authentifiziert werden. 

Arztrechnungen nicht mehr vorstrecken

Ab 2023 soll dann auch eine digitale Bezahllösung angeboten werden, stellte Lenert in Aussicht. Dann muss der Patient die Arztrechnung nicht mehr vorstrecken und das Geld fließt direkt nach dem Arztbesuch von der CNS an den Arzt. 

Sofern Arzt und Patient einverstanden sind, wird die Rechnung vom Arzt nach der Behandlung an die CNS geschickt, die rechnet binnen Sekunden den Anteil aus, den der Patient selber zu tragen hat und wenn Arzt und Patient es validieren, bekommt der Mediziner vom Konto des Patienten dessen Anteil und von der Gesundheitskasse ihren Teil überwiesen. „Es ist ein aufwändiges System, das noch aufgebaut werden muss“, gab Lenert zu.  

„Die Digitalisierung ist wichtig, das haben wir in der Covid-Krise gemerkt. Sie hilft uns schnell voranzukommen und körperliche Kontakte zu vermeiden“, betonte Schneider und verwies darauf, dass Luxemburg international nur Platz 28 bei der Digitalisierung belegt und auch im Bereich Gesundheit nur  im Mittelfeld liegt. 

Erarbeitet wurde das DSP-Konzept von der 2011 gegründeten Agence eSanté, die ab 2012 mit den wichtigsten Akteuren des Gesundheitssystems eine Plattform gründete und die praktische Umsetzung plante. 2015 kam die Pilotphase, die erst 2019 beendet wurde, als die großherzogliche Verordnung zum DSP endlich stand. Bis zum ersten Trimester 2021 sollen alle Versicherten angeschrieben sein. Demnächst startet eine groß angelegte Werbekampagne, um für die Vorteile des DSP zu sensibilisieren.

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