Chamber: Horesca, Euthanasie, Observatoire und Organspenden
Chamber: Horesca, Euthanasie, Observatoire und Organspenden
Die Parlamentssitzung am Donnerstag begann mit einer dringenden parlamentarischen Frage von Francine Closener (LSAP) zu den Mieten im Horesca-Sektor. Sie wollte anderthalb Stunden vor der Demonstration von Mittelstandsminister Lex Delles (DP) wissen, inwieweit Eigentümer und der Staat Mieten ausgesetzt haben und junge Unternehmer, die noch nicht auf legale Hilfen zugreifen können, weil sie keine Vergleichsbilanzen vom Vorjahr vorweisen können, mit Unterstützung rechnen können. „Es geht um das nackte Überleben des Horeca-Sektors, es müssen weitere Anstrengungen gemacht werden“, forderte sie.
Delles erkannte an, dass Dringlichkeit geboten ist, konnte aber nicht mit Zahlen aufwarten: „Zahlen gibt es nicht, es ist ganz unterschiedlich wie die Eigentümer handeln und auch der Staat selber schaut sich die individuelle Situation der Mieter an.“ Zum Gerücht, dass am ersten April Bars und Restaurants wieder öffnen könnten, konnte er nichts ankündigen. „Jeden Tag ändern sich die Nachrichten zum Virus.“
Deckelungen eventuell um 50 Prozent anheben
Er stellte aber in Aussicht, dass sich der Regierungsrat am Freitag mit Anpassungen befassen wird: Die Schwelle für die Hilfen, die Betrieben gewährt wreden dürfen, wurde von der EU von 800.000 Euro auf 1,6 Millionen angehoben.
Die Betriebshilfen könnten bis Juni verlängert werden, teilte Delles mit, junge Unternehmer, die nicht von der Aide Coûts non couverts profitieren konnten, sollen stärker unterstützt werden und Betrieben, die Take away anbieten, werden 25 Prozent dieser Umsätze möglicherweise nicht mehr von den Hilfen abgezogen. Es könnten auch verschiedene Deckelungen um 50 Prozent angehoben werden.
Telesprechstunden brauchen legalen Rahmen
Das Parlament wandte sich dann einer erweiterten Frage des Grünen-Abgeordneten Marc Hansen zu. Er wollte Details zur Regelung der ärztlichen Sprechstunden über Online-Medien, die seit der Pandemie erlaubt und förmlich explodiert sind. Sie werden nicht nur von der Agence e-Santé angeboten, sondern auch von einer Privatfirma, die alleine zwischen März und Dezember 31.000 Konsultationen vermittelte.
Welche Akte können derzeit abgerechnet werden, was ist geplant, wollte Hansen wissen, der sich vor allem Sorgen um die Sicherheit der Daten macht. „Es schießen immer mehr Apps aus dem Boden. Wer definiert den legalen Rahmen, vor allem der privaten Anbieter?“ Und wie sehe es beim Dossier de Soins Partagé (DSP)aus, wenn immer mehr Anbieter Daten sammeln und austauschen. Fragen, auf die Sozialminister Romain Schneider (LSAP) keine Antworten hatte.
Der Bereich der e-Santé habe sich tatsächlich gut entwickelt. „Wir müssen analysieren, wie wir dauerhaft solche Systeme regeln“, sagte er. „Am Gesondheetsdësch wurde eine Arbeitsgruppe dazu eingerichtet.“ Es sei ein Bereich mit viel Potenzial.
Nationale Beobachtungsstelle für Gesundheit
Es fehlt in Luxemburg an gesundheitsbezogenen Daten, schon 2013 wurde deswegen im Regierungsprogramm eingeschrieben, eine Nationale Beobachtungsstelle für Gesundheit einzurichten. Im Juli 2018 reichte Gesundheitsministerin Lydia Mutsch (LSAP) das Gesetzesprojekt ein, das am Donnerstag einstimmig und mit hoher Zustimmung verabschiedet wurde.
Es handelt sich dabei um eine öffentliche Verwaltung des Gesundheitsministeriums, der ein unabhängiger Conseil des observateurs vorsteht, der ausschließlich mit wissenschaftlichen Experten besetzt ist und nicht mit Vertretern von Interessensgruppen, wie Ärzte oder Sozialpartnern. Verwaltungsdirektor soll aus der Privatwirtschaft kommen und die Posten des Conseil sollen paritätisch besetzt werden.
Alle nationalen Ressourcen zur Sammlung von Gesundheitsdaten sollen dort vernetzt werden, um die Daten zentralisieren, koordinieren, analysieren und gegebenenfalls dort ergänzen zu können, wo es keine oder unzureichend Informationen gibt. Die Gesundheitsministerin kann den Experten Aufträge erteilen und sie können sich selber mit Themen befassen. Einer der Experten wird sich mit den sogenannten patient reported outcomes befassen - der Patientenzufriedenheit, was allgemein begrüßt wurde.
Unverzichtbares Element der Gesundheitspolitik
„Es ist ein unverzichtbares Element zur Steuerung des Gesundheitssystems und zur Erhöhung seiner Effizienz und Qualität“, sagte Berichterstatterin Françine Closener, die von einem „Startschuss einer neuen Ära in der Gesundheitspolitik“ sprach. „Es gibt eine Unmasse an Daten, aber die Pandemie hat klar gezeigt, wie wichtig die Vernetzung ist. Nun kann die Gesundheitspolitik Entscheidungen aufgrund von klaren Daten treffen.“
Es ist ein unverzichtbares Element zur Erhöhung der Effizienz und Qualität des Gesundheitssystems.
Françine Closener
Das Observatorium soll pseudonomisierte epidemiologische Daten liefern, aufgrund derer nationale Aktionspläne zum Kampf gegen Krebs und kardio-vaskuläre sowie chronische Erkrankungen erstellt werden können. Maßnahmen der nationalen Gesundheitspolitik sollen so evaluiert und die Gesundheit der Bevölkerung verbessert werden.
Meinung zur Organspende im DSP entscheidend
Das Gesetz wurde aber auch dazu genutzt, das Organspendegesetz insofern abzuändern, als künftig Ärzte das elektronische Patientendossier DSP konsultieren, um herauszufinden, ob sich ein potenzieller Organspender dort gegen eine Organentnahme ausgesprochen hat. Wer kein DSP hat, soll beim Vertrauensarzt eine Erklärung abgeben. Das entlastet die Familie von schwierigen Entscheidungen.
Zudem werden die Aufgaben des Staatslabors erweitert: Es soll nun auch für die Analysen, Kontrollen, Expertisen sowie die Forschung im Rahmen des Konsumentenschutzes zuständig sein. Dass hier drei unterschiedliche Anliegen in einem Gesetzesprojekt verabschiedet wurden, brachte Pirat Sven Clement auf, der von einem „chaotischen Mitschmatsch“ sprach.
Gleichstellung Euthanasie mit natürlichem Tod
Das Parlament verabschiedete dann Änderungen am Euthanasie- und am Patientenrechtsgesetz. Der Tod einer Person, die aufgrund einer Euthanasie oder einer Beihilfe zum Selbstmord laut dem Euthanasiegesetz verstarb, entspricht künftig nicht mehr einem Suizid. Er wird gesetzlich gleichgestellt mit einem natürlichen Tod. So sollen künftig Probleme mit Lebensversicherungen verhindert werden, laut denen Leistungen aufgrund von Suiziden ausgeschlossen sind.
Mit einer weiteren Änderung wird die Zusammensetzung der Nationalen Kommission zur Kontrolle und Evaluation von Euthanasie-Sterbefällen erweitert: Künftig sollen auch Ersatzmitglieder genannt werden können, damit schneller und ohne unnötigen Verzögerungen entschieden werden kann.
Mit der Abänderung des Patientenrechtsgesetzes wurde dann eine Lücke geschlossen: Die Vertrauensperson, die laut dem Patientenrechtsgesetz bestimmt werden kann, entspricht auch der Vertrauensperson, die über die Fragen zur Behandlung am Lebensende entscheiden kann. Das hatte man 2009 vergessen, im Euthansiegesetz zu regeln.
Allgemeine Debatte über Euthanasie
Die Debatte brachte die Gelegenheit mit sich, auf die kontrovers und hitzig diskutierte Euthansiegesetzgebung des Jahres 2009 zurückzuschauen und allgemein festzustellen, dass noch anderen Empfehlungen der Nationalen Kommission Rechnung zu tragen werden müsste. So brachte Françoise Hetto-Gaasch (CSV) eine Motion zu umfassenden Verbesserungen für die Umsetzung des Euthanasie- und des Palliativgesetzes ein.
„In der Praxis läuft noch nicht alles so, wie es müsste. Es fehlt noch an Sensibilisierung und Aufklärung, an einem flächendeckenden Angebot und extra ausgebildeten Ärzte über Onkologen heraus.“ Sorgen bereitete den Abgeordneten auch, dass mittlerweile mehr Euthanasien außerhalb der Spitäler durchgeführt werden: 2019 fanden nur zwei von 19 stationär statt.
Noch offeneren Umgang pflegen
„Wir müssen uns bemühen, noch offener mit diesem Thema umzugehen“, forderte Carole Hartmann (DP). Während Josée Lorsché (Déi Gréng) darauf verwies, dass Luxemburg mit 71 Fällen in zehn Jahren, weit unter den Zahlen in Holland und Belgien liege: „Wir müssen die Information verbessern, denn viele wissen nicht, dass das Gesetz existiert oder was sie tun müssen, um für diesen Fall vorzusorgen.“
Die ADR enthielt sich bei der Abstimmung, Roy Reding betonte, dass man strikt gegen Euthansie sei, es dennoch wichtige Gesetzesänderungen seien. Das unterstrich auch Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP): „Man wurde nicht direkt, aber indirekt von den Lebensversicherungen für seine Wahl bestraft - das darf nicht sein.“ Auch sie forderte, dass noch daran gearbeitet werden müsse, einen natürlicheren Umgang mit dem Thema Tod durchzusetzen. “Es muss eine Selbstverständlichkeit sein, sich mit der Familie und den Freunden darüber zu unterhalten."
Abschließend legte das Parlament noch die legale Basis für weitere Arten von Radargeräten - unter anderem an Ampeln und zur Messung von Geschwindigkeitsüberschreitungen zwischen zwei bestimmten Punkten.
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