Blau-Rot-Grün ohne Mehrheit – Aufwind für ADR und Piraten
Blau-Rot-Grün ohne Mehrheit – Aufwind für ADR und Piraten
Die Sonntagsfrage spiegelt eine Momentaufnahme wider. Die Momentaufnahme vom November zeigt, dass in den Köpfen der Wähler im Vergleich zur Erhebung im vergangenen Juni ganz schön viel durcheinandergewirbelt wurde.
Viele wissen gar nicht, wen sie wählen würden, wenn am Sonntag Wahlen wären. Die Quote der Unentschiedenen ist im Vergleich zum Juni von 13 auf 18 Prozent gestiegen. Bei denen, die wissen, wen sie wählen würden, hat sich die Stimmungslage im Vergleich zum Juni stark gewandelt.
Die Verlierer: DP und CSV
Die großen Verlierer in der TNS-Ilres-Umfrage im Auftrag von „Luxemburger Wort“ und RTL sind die DP mit einem Minus von 3,1 Prozent, gefolgt von der CSV mit einem Minus von drei Prozent. In Sitzen ausgedrückt verliert die DP im Vergleich zur Stimmungslage im Juni vier Sitze und kommt auf neun Mandate, die CSV büßt zwei Sitze ein, kommt auf 15 Mandate und erreicht damit ihr historisch schlechtestes Ergebnis.
Die „ungleichen“ Sitzverluste für beide Parteien sind auf das Wahlsystem zurückzuführen. Ein paar hundert Stimmen können da entscheidend sein.
Auch Déi Lénk (-2 Prozent) und Déi Gréng (-1 Prozent) verlieren, allerdings bleiben die Grünen unverändert bei acht Sitzen, Déi Lénk verlieren einen Sitz und kommen auf zwei Mandate.
Vergleicht man die Umfrageergebnisse vom November mit den Wahlen 2018, verliert die DP drei Sitze, die CSV ganze sechs Sitze, Déi Gréng einen und Déi Lénk bleiben unverändert mit zwei Abgeordneten im Parlament vertreten.
Die Gewinner: Piraten, LSAP, ADR
Die großen Gewinner heißen Piraten, LSAP und ADR. Im Vergleich zum Juni legen die Piraten um 3,1 Prozentpunkte zu (+3 Sitze), die LSAP verbessert sich um 2,4 Prozent (+1 Sitz). Die ADR steigert ihre Werte im Vergleich zum Juni sogar um 3,7 Prozent (+3 Sitze). Im Vergleich zu den Wahlen 2018 gewinnen die Piraten fünf Sitze dazu, die LSAP zwei und die ADR drei.
Zweierkoalition nicht möglich
Laut der Sonndesfro hätte die Dreierkoalition trotz zwei zusätzlicher Sitze durch die LSAP keine Mehrheit mehr. Sie käme nur noch auf 29 Sitze. Das war im Juni und vor einem Jahr noch anders. Im Juni kam die Koalition auf 32 Mandate, im November 2020 sogar auf 34.
Eine klassische Zweierkoalition ist mit den Novemberergebnissen – wie schon bei der Erhebung im Juni – nicht möglich. Aus den Ergebnissen ergeben sich sieben mögliche Dreierkoalitionen. In allen Konstellationen ist die CSV unumgänglich.
Seit den Wahlen sind etwas mehr als drei Jahre vergangen und bei einzelnen Parteien ist ein Trend zu erkennen. Die Piraten dümpelten in den ersten beiden Jahren vor sich hin, doch seit November 2020 geht der Trend stark nach oben. Die Partei befindet sich aufgrund ihres Zugpferds Sven Clement im Höhenflug. Der 32-jährige Politiker belegte beim Politmonitor im November den 4. Platz und ist der beliebteste Abgeordnete.
Bei der CSV geht der Trend seit den Wahlen 2018 nur nach unten und auch bei der DP hat sich das Blatt gewendet. Ihren besten Wert (15 Sitze) hatten die Liberalen in der Umfrage vom Juni 2020, danach büßte die Bettel-Partei Mal um Mal einen Sitz ein. Das Minus von vier Sitzen zwischen Juni und November 2021 aber dürfte vor allem der Plagiatsaffäre geschuldet sein, während die CSV wegen interner Querelen und letztlich auch wegen der Affäre um den früheren Parteichef Frank Engel von den Wählern abgestraft wird.
Der Auftrieb der ADR (+3 Sitze seit Juni 2021) dürfte mit der Unzufriedenheit um das Verfassungsreferendum und die Corona-Politik zu tun haben.
Bewertung der politischen Arbeit
Bei der Umfrage wurden die Wähler aufgefordert, die Arbeit der Regierung und der Opposition zu bewerten. Auf einer Skala von -5 (sehr schlecht) bis +5 (sehr gut) geben die 1.879 Befragten der Regierung die Note +0,8 und der Opposition die Note -0,2.
Im November 2020 schnitt die Regierung – getragen durch die beiden politischen Hauptdarsteller Xavier Bettel (DP) und Paulette Lenert (LSAP) in der Bewältigung der Pandemie – bei der Bewertung ihrer Arbeit noch deutlich besser ab (+1,5). Eher positiv wurde damals auch die Arbeit von Déi Gréng (+0,1) und der CSV (+0,1) bewertet.
Doch das Blatt hat sich im Juni gewendet: Die Wähler bescheinigten nur noch der DP und der LSAP eine gute Arbeit (beide +1), während Déi Gréng (-0,2) und die CSV (-0,1) zu den anderen Oppositionsparteien (ADR, Déi Lénk und Piraten) in den negativen Bereich gewandert sind.
Nun wird die Arbeit der Regierung mit +0,8 zwar immer noch positiv bewertet, aber weit weniger positiv als noch im Juni und auch weniger positiv als nach den Wahlen 2018. Es ist die DP, die im Vergleich zum Juni deutlich an Zustimmung verliert und den Wert nach unten zieht, doch auch LSAP (von +1 auf +0,9) und Déi Gréng (von -0,2 auf -0,4) lassen Federn.
Von den Oppositionsparteien gewinnen einzig die Piraten mehr und mehr an Zustimmung und hieven sich in nur einem Jahr in den positiven Bereich, von -0,6 im November 2020 auf jetzt +0,2.
Die ADR kann sich im Vergleich zum Juni leicht verbessern, bleibt aber mit -1,1 im ganzen Spektrum die Partei mit der schlechtesten Bewertung in Bezug auf ihre Arbeit.
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