Arbeitnehmerkammer fordert Helikoptergeld
Arbeitnehmerkammer fordert Helikoptergeld
Das Wort Krisis kommt aus dem griechischen und kann Wendepunkt bedeuten. In der altgriechischen Medizin zeigte der Begriff Krise auf den Höhe- und Wendepunkt eines Krankheitsverlaufs: Entweder führte die Krankheit in den Tod, oder aber die Krise leitete in eine bessere Lage über.
Ganz so dramatisch ist es um die Luxemburger Wirtschaft nicht bestellt, bei der nach aller Voraussicht und verglichen mit den anderen EU-Staaten, in diesem Jahr eine "milde" Rezession von 5,7-6 Prozent bevorsteht. "Die Luxemburger Wirtschaft ist Service-orientiert. Ein hoher Anteil der Arbeit konnte per Homeoffice weitergeführt werden", erklärte der Direktor der Arbeitnehmerkammer Sylvain Hoffmann am Donnerstag auf der Pressekonferenz. Trotzdem gäbe es langanhaltende Faktoren, die sich bereits vor der Corona-Krise manifestiert hätten, die riskieren aus der Wirtschafts- eine Sozialkrise entstehen zu lassen.
Ungleichheit bekämpfen
"Die, die es sowieso schon schwierig haben sind am meisten von der Krise betroffen", ist in diesem Kontext die wichtigste Aussage der CSL-Präsidentin Nora Back. Dazu ist zu sagen, dass die Ungleichheiten in den letzten Jahren stark gestiegen sind. Während es 2015 noch einen Gini-Index von 28,5 gab, stieg dieser bis 2018 auf 33,2 Punkte.
Der Gini-Index ist eine statistische Maßeinheit, die zur Darstellung von Ungleichverteilungen verwendet wird. Dieser kann einen beliebigen Wert zwischen 0 und 100 Punkten annehmen. Der Index zeigt die Abweichung der Verteilung des verfügbaren Einkommens auf Personen oder Haushalte innerhalb eines Landes von einer vollkommen gleichen Verteilung. Ein Wert von 0 bedeutet absolute Gleichheit, ein Wert von 100 absolute Ungleichheit. "Dabei analysiert dieser Index nur das verfügbare Einkommen", sagte Direktor Hoffmann, "wenn wir das Gesamteigentum miteinbeziehen würden, dann wären die Unterschiede noch gravierender."
Helikoptergeld, um Konsum anzukurbeln
Dazu kämen die Unsicherheiten im internationalen Welthandel. "Diese stammen auch nicht von gestern", so Hoffmann, "der Handelskrieg zwischen den USA und China war bereits vor der Corona-Krise im Gange, die Pandemie hat das Problem nur verstärkt." Deshalb fordert die Arbeitnehmerkammer, das aktuelle Wirtschaftsmodell zu überdenken, mit dem Ziel, den Arbeitnehmern eine höhere Kaufkraft zu ermöglichen.
"Viel wurde für die Firmen gemacht, jetzt müssen wir etwas für die Menschen tun", sagte Nora Back am Donnerstag auf der Pressekonferenz. Konkret fordert der Arbeitnehmerverband, als direkte Maßnahme Helikoptergeld einzuführen. Diese zeitlich begrenzten Bons sollen an alle Einwohner und Grenzgänger verteilt werden. "Die Gutscheine könnten nur für kleinere Geschäfte gültig sein, für die, die am meisten unter dem Lockdown gelitten haben," so Hoffmann. Der CSL-Direktor hat in einem Fallbeispiel durchgerechnet, wie viel eine solche Maßnahme kosten würde. Bei einem Gutschein mit einem Wert von 200 Euro pro Einwohner und Grenzgänger würde dies den Staat um die 170 Millionen Euro kosten.
Ebenfalls sei für die CSL wichtig, dass die Arbeitsplätze beibehalten werden. Aus diesem Grund soll die Kurzarbeit weiter verlängert werden. Darüber hinaus fordert der Verband, das Kindergeld um 20 Prozent zu erhöhen. Ihren Angaben nach wurde das Kindergeld seit 2016 nicht mehr angepasst und hätte auch ohne die Coronakrise erhöht werden müssen.
Regierung soll wieder Sozialpartner in ihre Entscheidungen miteinbeziehen
Patrick Dury, Vizepräsident der Arbeitnehmerkammer, warnt, dass die jetzige Krise ganz anders sei als die vorangegangenen: "Die Auswirkungen sind nicht auf einen Sektor beschränkt, wie damals bei der Finanzkrise von 2008, sondern gesamtwirtschaftlich. Wir haben aber bereits Wirtschaftskrisen mit der Regierung und den Arbeitgeberorganisationen immer wieder lösen können." In dieser Hinsicht reiht sich die erste Forderung der Arbeitnehmerkammer ein: Die Berufskammern sollen wieder um ihre Meinung gefragt werden, bevor ein Gesetz, das sie betrifft, in der Chambre des Députés zur Abstimmung kommt. In den letzten zwei Monaten seien die Verbände zwar benachrichtigt worden, aber mit viel zu kurzen Fristen.
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