Anerkennung für das zugefügte Leid
Anerkennung für das zugefügte Leid
(DS) - Am Donnerstag beschäftigten sich der Institutionenausschuss und die Präsidentenkonferenz erneut mit dem Artuso-Bericht zur Kollaboration während des Zweiten Weltkriegs. Im Mittelpunkt der dritten Sitzung stand die Meinung der jüdischen Gemeinschaft selbst. Claude Marx und François Moyse vom Consistoire Israélite de Luxembourg sprachen nach der Sitzung von konstruktiven Gesprächen.
Moyse betonte, dass es der jüdischen Bevölkerung nicht um eine Schuldzuweisung geht. Vielmehr müsse das Leid, das den Juden in den 30er Jahren und zu Beginn des Zweiten Weltkriegs zugefügt wurde, endlich anerkannt werden. "Der Artuso-Bericht hat gezeigt, dass die Juden in Luxemburg in den 30er Jahren nicht mehr als vollwertige Mitglieder der Nation anerkannt wurden. Das Verhalten der Behörden macht deutlich, dass die Juden damals aus der Gesellschaft ausgeschlossen wurden. Diese Haltung hat die schnelle Umsetzung Nürnberger Gesetze erst möglich gemacht."
Zu der Frage, ob Luxemburg sich nun bei der jüdischen Gemeinschaft entschuldigen müsse, wollte Moyse nicht Stellung beziehen, eine Stellungnahme stehe der jüdischen Gemeinde nicht zu. Wichtig sei aber, dass eine Stiftung zur Erinnerung an die Shoa gegründet und dass endlich eine nationale Gedenkstätte für die Opfer der Shoa errichtet werde, so das Mitglied des Consistoire.
Neue Erkenntnisse zu den "Comptes dormants"
Thema der Unterredung waren auch die so genannten "comptes dormants". Die Abgeordneten stimmten in der Frage mit Moyse und Marx überein, dass die Untersuchungen weiter gehen müssen. Vor allem die so genannten BIL-Konten müssen noch genau geprüft werden. Die neuen Erkenntnisse sollen dann den Bericht der Spezialkommission zur Enteignung der Juden aus dem Jahr 2009 ergänzen. Ergänzt werden sollen aber auch die Listen selbst. Und es muss ermittelt werden, welchen Wert das damalige Vermögen heute hat. Das Geld der Konten soll in die Shoa-Stiftung fließen.
Der Institutionenausschuss kommt Ende April voraussichtlich noch zweimal zusammen. Erst zum Schluss ihrer Beratungen wollen sich die Abgeordneten auf den genauen Wortlaut der Motion verständigen, die im Rahmen der Konsultierungsdebatte zur Abstimmung kommen soll. Das Plenum wird voraussichtlich Ende Mai zusammenkommen, um über das Thema Kollaboration zu debattieren.
Der Bericht, den der Historiker Vincent Artuso am 10. Februar im Staatsministerium vorgestellt hatte, kommt zum Schluss, dass die Verwaltungskommission eine Mitschuld an der Deportation der Juden trägt, dass ihre Entscheidungen und Taten aber nicht „direkt in den Holocaust führten“. Aus dem Bericht geht auch hervor, dass die luxemburgischen Behörden bereits in den 30er Jahren den Weg geebnet hatten, damit die Nürnberger Gesetze später sehr schnell umgesetzt werden konnten. U. a. waren etwa seit 1935 systematisch die Namen von jüdischen Flüchtlingen erfasst worden.
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