Alex Bodry: "Ein gemeinsames Mea culpa"
Alex Bodry: "Ein gemeinsames Mea culpa"
Nach der gemeinsamen Sitzung der Justizkommission und des Ausschusses für Innere Sicherheit war niemand so richtig zufrieden. Vor allem die Opposition monierte am Mittwoch, dass die Verantwortlichen der Datenschutzkommission mit den verlangten Informationen recht sparsam umging. Die Vertreter von CSV, ADR, Déi Lénk und der Piraten wollten vor allem wissen, ob die umstrittenen Datenbanken von Polizei und Justiz nun über eine gesetzliche Grundlage verfügen oder nicht und wie mit den gesammelten Daten umgegangen wird.
"Wir sind enttäuscht. Auf unsere konkrete Fragen haben wir keine Antwort bekommen," erklärte der CSV-Abgeordnete Gilles Roth nach der Sitzung. Er hatte denn auch den Eindruck, dass die Datenschutzkommission eher wie eine staatliche Verwaltung funktioniert und nicht wie eine unabhängige Institution. Wie schon vor einigen Tagen kritisierte Roth erneut, dass mehr als 2.000 Polizeibeamte Zugriff auf die Datei haben und dass die Daten nicht nach einer bestimmten Zeit gelöscht werden. Besonders schlimm empfindet er den Zeitverlust, "weil die Datenschutzkommission sich nach eigenen Angaben erst jetzt mit ihren neuen Aufgaben, die das Datenschutzgesetz von 2018 vorsieht, auseinandersetzen will".
Die CSV fordert nun, dass jeder Bürger das Recht erhält, Einsicht in seine persönlichen Daten zu nehmen. "Wir haben die Datenschutzkommission aufgefordert, dass sie ein Formular ausarbeitet, damit die Bürger einfach und unkompliziert die Einträge abrufen können", so Roth. Die ADR sieht dies genauso. Roy Reding von der Reformpartei fordert die Bürger gar explizit auf, sich bei der Polizei zu melden, um über die gesammelten Daten informiert zu werden.
Eile ist geboten
CSV wie ADR mahnen in dem Dossier zur Eile. "Wenn die Datenschutzkommission nicht unverzüglich handelt, muss das Parlament ihre Aufgaben übernehmen", so Roth. Sollte sich herausstellen, dass "gesetzlich nachgebessert werden muss", müsse dies bis Ende des Jahres passieren. Eine Untersuchungskommission schließt Gilles Roth zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch aus.
Auch der Fraktionsvorsitzende der LSAP, Alex Bodry, konnte seinen Unmut nach der Ausschusssitzung nicht ganz verbergen. Es sei seit längerem bekannt, dass eine Reihe von Datenbanken nicht über eine "hieb- und stichfeste juristische Grundlage" verfügen. Die Hoffnung, dass das Datenschutzgesetz von 2018 diesen Missstand behebe, habe sich offensichtlich nicht erfüllt, gab Bodry zu. Der LSAP-Abgeordnete will erst einmal geklärt wissen, wie die aktuellen Bestimmungen von den einzelnen Behörden, sprich der Polizei und der Staatsanwaltschaft, konkret umgesetzt werden.
Wir waren nicht hartnäckig genug, wir haben die Regierung nicht in ihre Schranken gewiesen, obwohl bekannt war, dass es Mängel gibt.
Bodry ist allerdings auch der Meinung, dass sich alle Beteiligten an die eigene Nase fassen müssen, denn ganz unschuldig an der Misere sei niemand. Das gelte sowohl für das Parlament, das "es sich 2018 wahrscheinlich zu einfach gemacht hat mit dem Datenschutzgesetz". Das Gesetz löse nicht automatisch alle Probleme. Bodry ist denn auch der Meinung, dass Anpassungen vorgenommen werden müssen.
Der LSAP-Fraktionschef geht sogar noch einen Schritt weiter: "Wir haben als Parlament in den vergangenen Jahren beim Datenschutz Vieles einfach laufen lassen. Wir waren nicht hartnäckig genug, wir haben die Regierung nicht in ihre Schranken gewiesen, obwohl bekannt war, dass es Mängel gibt." Und weiter: "Die Angelegenheit erfordert ein kollektives Mea culpa." Nicht nur das Parlament habe seine Arbeit nicht gut genug gemacht, auch die verschiedenen Datenschutzkommissionen haben seiner Meinung nach nicht genügend Druck auf die einzelnen Regierungen gemacht. Nun gelte es unverzüglich nachzubessern. Bodry könnte sich vorstellen, dass das Parlament diesmal die Initiative ergreift und einen eigenen Text zum Datenschutz ausarbeitet.
Eklat um Einladung
Die Sitzung hatte schon mit einem kleinen Eklat begonnen. Auf Einladung des Präsidenten der Justizkommission, Charles Margue (Déi Gréng), war der Generaldirektor der Polizei, Philippe Schrantz, erschienen. Da die Ausschussmitglieder allerdings fraktionsübergreifend der Meinung waren, dass eine Behörde, die am Pranger steht, nicht mit am Tisch sitzen sollte, musste Schrantz die Sitzung nach wenigen Minuten wieder verlassen. Auch die Generalstaatsanwältin Martine Solovieff war zunächst eingeladen, dann aber am Dienstagabend wieder ausgeladen worden. "Wir brauchen keinen Aufpasser", kommentierte Gilles Roth im Nachhinein das ungewöhnliche Vorgehen von Kommissionspräsident Margue.
Presse bekommt Post von zwei Ministern
Nicht sehr gut angekommen ist auch der Brief "Von vermeintlichen 'geheimen Dossiers' - eine Klarstellung", den die Minister François Bausch und Félix Braz (beide Déi Gréng) am Dienstag an die Vertreter der Presse verschickt hatten. Der Journalistenverband ALJP (Association luxembourgeoise des journalistes professionels) regierte am Mittwoch in einer Mitteilung mit Befremden auf die Vorgehensweise der beiden Minister: "Die ALJP hat Ihre Botschaft mit Erstaunen aufgenommen. Erstens, weil diese Form der offenen Briefe eher unüblich für Regierungsmitglieder ist." Für den Verband stellt der Satz „Überflüssige und unhaltbare pauschale Beschuldigungen gegenüber Polizei und Justiz sind für uns nicht hinnehmbar“ einen Versuch dar, eine "kritische Berichterstattung zu unterbinden". Auch einige Abgeordnete reagierten am Mittwoch mit Befremden auf das gemeinsame Schreiben des Polizei- und des Justizministers.
In der kommenden Woche wollen die beiden Ausschüsse erneut zusammenkommen, um über die Polizeidateien beziehungsweise die Register der Staatsanwaltschaft zu beraten. Sie wollen dann die Vertreter der Autorité de contrôle der Justiz zum Thema anhören. Auch die Vertreter der früheren Datenschutzkommission, so wie im alten Gesetz vorgesehen war, sollen Rede und Antwort stehen, weil viele Missstände noch auf die Zeit vor 2018 zurückgehen.
