Abgehakt
Abgehakt
Eigentlich weiß Xavier Bettel doch wie es geht. Er hat schon des Öfteren bewiesen, dass er flammende Plädoyers halten kann. Zu seinen größten Stärken gehört gerade seine Fähigkeit, den Menschen auch schon mal höchst emotional vor Augen zu führen, was ihm wichtig ist, woran er glaubt.
Und nie ist er überzeugender, als wenn er gerade in Fragen, die ihm am Herzen liegen, an das Vertrauen seiner Mitbürger appelliert. Als es am Dienstag in seiner zweiten Rede zur Lage der Nation um die Referenden vom 7. Juni ging, begnügte er sich allerdings beim Aufruf zu einem dreifachen Ja mit einer Pflichtübung. Wahrer Einsatz geht anders.
Einen Monat vor dem Wahltermin war diese Zurückhaltung fast schon befremdlich. Vielleicht gehören die drei Fragen zum Wahlrecht von 16-Jährigen und Ausländern sowie zur Begrenzung der Ministermandate ja doch nicht zu den persönlichen Prioritäten des Premierministers.
Doch zumindest dem Politiker Bettel müsste klar sein, dass seine Regierung dabei ist, sich eine schwerwiegende Niederlage einzuhandeln, die sie unausweichlich für den Rest der Legislaturperiode nachhaltig schwächen wird.
Dem letzten „Luxemburger Wort“/RTL-Politmonitor zufolge wird die Dreierkoalition bei den Fragen zum Wahlrecht vom Wähler desavouiert werden. Bei den Ministermandaten sind die Umfrageresultate zu eng, um das Resultat vorauszusagen. Seit drei Monaten läuft die Tendenz damit eindeutig gegen die Vorschläge von Blau-Rot-Grün.
Eigentlich wäre es also höchste Zeit, dass sich die Regierungsparteien, und in erster Linie ihre bekanntesten Köpfe, in die Debatte stürzen würden. Kein Rundtischgespräch und keine Fußgängerzone, keine Facebook-Timeline und kein Twitter-Feed dürfte noch sicher vor ihnen sein.
Aber Angriff ist nicht die einzige Option. Die Regierungsparteien können auch beschließen, sich langsam aus der Debatte zurückzuziehen. Eingreifen, Angreifen birgt auch Risiken. Wer heute laut „Ja“ schreit, wird bei einem „Nein“ morgen als Verlierer abgestempelt.
Warum also nicht den Kopf einziehen, die zu befürchtende Klatsche hinnehmen und das Thema abhaken? Danach erklärt man dann, stolz zu sein, wie versprochen ein Referendum organisiert zu haben. Ja, man kann sich sogar als großen Demokraten verkaufen, weil man das Resultat akzeptiert.
Diese Option mag angesichts des letzten Politmonitors verlockend aussehen – kurzfristig. Auf lange Sicht wären die Konsequenzen verheerend.
Man muss nicht mit den Regierungsvorschlägen einverstanden sein, um doch zu erwarten, dass, nachdem das Land zum Referendum aufgerufen wurde, die Initiatoren auch für ihre Überzeugungen kämpfen. Spätestens nach dem beschämenden Auftritt von Vizepremier Etienne Schneider, der noch nicht mal den Wortlaut der Fragestellung richtig kannte, wird es Zeit, in den Ring zu steigen.
Wie soll der Wähler seine Regierung noch respektieren, wenn er mit dem Eindruck verbleibt, dass es ihr im Endeffekt, trotz allen Ankündigungen, an wahren Überzeugungen fehlt? Die Protagonisten der Koalition müssen bereit sein, mit wehenden Fahnen unterzugehen. Sie mögen trotzdem verlieren. Aber wenigstens würden sie dann respektiert werden.
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