54 Prozent der Wähler wollen Verfassungsreferendum
54 Prozent der Wähler wollen Verfassungsreferendum
Die Pandemie setzt den Leuten zwar zu. Doch hinsichtlich der politischen Stabilität machen sie sich wenig Sorgen. Wie die jüngste Politmonitor-Umfrage von „Luxemburger Wort“ und RTL zeigt, sind 72 Prozent der Befragten der Meinung, die politische Situation in Luxemburg sei stabil. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass nahezu ein Viertel der Bevölkerung glaubt, die Situation sei nicht stabil.
Mit 37 Prozent machen sich in den Reihen der CSV besonders viele der Befragten Sorgen um die politische Stabilität des Landes. Zum Vergleich: Bei der DP sind es sieben, bei den Grünen sechs und in den Reihen der LSAP zehn Prozent.
Allerdings gibt es für die meisten Maßnahmen, die die Regierung in den vergangenen Monaten angekündigt oder bereits umgesetzt hat, eine breite Zustimmung. 95 Prozent der Befragten wollen, dass regionale und saisonale Produkte weiter gefördert werden. Die kostenlose Nachhilfe für Kinder aus einkommensschwachen Familien wird von 86 Prozent der Wähler begrüßt. Bei dem kostenlosen Schulessen für Kinder von Geringverdienern liegt die Zustimmung bei 81 Prozent.
Am unteren Ende rangiert das angekündigte Ende für den Verbrennungsmotor ab 2030. Lediglich 21 Prozent der 1.016 Teilnehmer an der Politmonitor-Umfrage können sich mit dieser Maßnahme anfreunden. Nur bei der grünen Stammwählerschaft befürwortet mit 51 Prozent etwas mehr als die Hälfte der Befragten diese Maßnahme. Bei der CSV sind es hingegen nur zehn Prozent. 28 Prozent der Befragten mit einem Hochschulabschluss können dem Vorhaben etwas abgewinnen. Leicht über dem Durchschnitt liegt die Zustimmung auch in der Alterskategorie der 18- bis 34-Jährigen (26 Prozent).
Ähnlich kritisch sehen die Wähler auch die Ankündigung, dass Ausländer, die noch keine fünf Jahre in Luxemburg leben, sich bei den Kommunalwahlen auf die Wählerlisten einschreiben können. Nur ein Viertel der Befragten stimmt dem Vorhaben zu. Sogar in den Reihen der Regierungsparteien hält sich die Begeisterung für das Ende der Residenzklausel in Grenzen. Bei der DP sind 30 Prozent dafür, bei den Grünen 45 Prozent. Bei der Anhängerschaft der LSAP liegt die Zustimmungsrate mit 17 Prozent sogar unter dem Durchschnitt.
Nur die Stammwählerschaft der CSV steht dem Vorhaben noch kritischer gegenüber. Lediglich 15 Prozent sind damit einverstanden, dass die Residenzklausel abgeschafft wird. Generell steigt die Zustimmung mit dem Bildungsniveau. 35 Prozent der Hochschulabsolventen sind für die Öffnung des Wahlrechts auf kommunaler Ebene.
Auch für die teilweise Cannabis-Legalisierung zeichnet sich keine Mehrheit ab, nur 40 Prozent der befragten Wähler sind damit einverstanden, dass man in Zukunft bis zu vier Cannabis-Pflanzen zu Hause züchten darf. Bei den Anhängern der Grünen ist der Zuspruch am höchsten: Sie befürworten die Ankündigung zu 65 Prozent. Bei der LSAP-Anhängerschaft sind es 50 Prozent. In den Reihen der DP ist die Zustimmung am geringsten. Mit nur 32 Prozent Befürwortern, liegen die Liberalen unter dem Durchschnitt. Bei der Opposition zeigt man noch weniger Verständnis, die CSV-Wähler stehen der Maßnahme noch kritischer gegenüber, nur 26 Prozent sind dafür.
An der Verfassung scheiden sich die Geister
Besonders aufschlussreich ist die Umfrage in Bezug auf die anstehende Verfassungsreform. Nur 25 Prozent der Wähler befürworten eine neue Verfassung, acht Prozent sind dagegen.
Der weitaus größte Teil der Bevölkerung hat sich allerdings noch keine Meinung gebildet. 63 Prozent der Befragten wissen noch nicht, ob sie für oder gegen ein neues Grundgesetz sind. Die meisten Befürworter finden sich in den Reihen der über 65-Jährigen. In dieser Alterskategorie begrüßen 34 Prozent den neuen Text, acht Prozent lehnen ihn ab und 55 Prozent haben sich noch keine Meinung gebildet. Die 18- bis 24-Jährigen stehen dem neuen Grundgesetz am kritischsten gegenüber, nur 18 Prozent sind dafür, vier Prozent lehnen es ab. Allerdings finden sich in dieser Alterskategorie mit 70 Prozent besonders viele Wähler, die keine Meinung zu dem Thema haben.
Ähnlich hoch ist der Anteil der Unentschlossenen auch bei den Anhängern von Déi Gréng. 67 Prozent geben an, dass sie noch nicht wissen, ob sie für oder gegen den neuen Text sind. 31 Prozent sind dafür, nur zwei Prozent dagegen. Bei der Zustimmung sieht es in den Reihen der anderen Parteien ganz ähnlich aus. Auch die DP-Anhänger sprechen sich zu 31 Prozent für die neue Verfassung aus, bei der LSAP sind es 33 Prozent. Sechs Prozent der liberalen und neun Prozent der sozialistischen Anhängerschaft lehnen das überarbeitete Grundgesetz ab.
Ein ähnliches Resultat findet sich auch bei der CSV. 34 Prozent der christsozialen Stammwählerschaft sprechen sich für die Reform aus. Allerdings finden sich in den Reihen der größten Oppositionspartei auch die meisten Gegner: 13 Prozent lehnen den neuen Text ab. Die Hälfte der Anhängerschaft hat sich noch keine Meinung gebildet.
Zieht man den Impfstatus in Betracht, fällt auf, dass besonders viele Ungeimpfte eine Novellierung des mehr als 150 Jahre alten Textes ablehnen. 19 Prozent wollen keine neue Verfassung. In keiner anderen Kategorie ist der Anteil der Gegner so hoch. Gleichzeitig sprechen sich aber auch 19 Prozent der Ungeimpften für einen neuen Text aus, unentschlossen sind 62 Prozent. Zum Vergleich: 25 Prozent der Geimpften sind dafür, sieben Prozent dagegen und 63 Prozent sind noch unentschlossen.
Was nun das Referendum anbelangt, das von der ADR, den Piraten, aber auch von Déi Lénk gefordert wird, zeichnet sich eine knappe Mehrheit ab: 54 Prozent der Befragten sind laut der Politmonitor-Umfrage für einen Volksentscheid. 22 Prozent lehnen ein Referendum ab und ein Viertel der Befragten hat sich noch keine Meinung gebildet.
CSV-Anhänger wollen Referendum
Zieht man die politische Bindung in Betracht, fällt auf, dass sich vor allem in den Reihen der CSV viele Referendumsbefürworter befinden. 70 Prozent der CSV-Anhänger würden sich eine Volksbefragung über die Verfassung wünschen. Bei den Stammwählern von DP, LSAP und Grünen sind es nur 43, 45 beziehungsweise 38 Prozent, die über die neue Verfassung abstimmen wollen.
Im Lager der Befragten, die die politische Situation im Land als instabil einschätzen, finden sich ebenfalls viele Referendum-Befürworter, immerhin 74 Prozent. Der Zuspruch für einen Volksentscheid hängt auch vom Impfstatus ab: 78 Prozent der Ungeimpften sprechen sich für ein Referendum aus, bei den Geimpften sind es nur 51 Prozent.
Großer Nachholbedarf bei der Information
Ob es nun zu einem Referendum kommt oder nicht, bei der Aufklärung bleibt noch sehr viel zu tun. 70 Prozent der Befragten sagen, dass sie schlecht oder sogar ganz schlecht darüber informiert sind, was genau an der Verfassung geändert werden soll.
Erstaunlicherweise scheinen die 18- bis 24-Jährigen am besten informiert zu sein. Immerhin wähnen sich in dieser Alterskategorie 35 Prozent gut informiert. Bei den über 65-Jährigen sind es fast genau so viele, sie geben zu 35 Prozent an, dass sie über genügend Informationen verfügen.
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