"3,6 Milliarden mehr Staatsschulden bis 2020"
"3,6 Milliarden mehr Staatsschulden bis 2020"
(CBu) - In seinem Gutachten zum Budget 2017 warnt der "Conseil national des finances publiques" (CNFP) vor einer "wesentlichen Verschlechterung der Staatsfinanzen". Laut CNFP-Präsident Romain Bausch sind dafür vor allem die Kosten der Steuerreform verantwortlich. Diese wirken sich sowohl auf die mittelfristige Finanzplanung als auch auf die voraussehbare Entwicklung der Staatsschulden aus.
Laut dem Gutachten werden die Netto-Schulden des Staates bis 2020 um 3,6 Milliarden Euro bzw. 29 Prozent ansteigen. Im Vergleich zu den meisten anderen EU-Staaten würde Luxemburg zwar immer noch gut dastehen. So werde der Schuldenstand in Bezug zum BIP nur leicht ansteigen (von 23,2 Prozent in 2016 auf 23,7 Prozent in 2020). Dennoch müsse man in absoluten Zahlen nach einer kurzzeitigen Stabilisierung in den vergangenen Jahren jetzt wieder eine Beschleunigung der Staatsverschuldung konstatieren, so Bausch.
Regierung verfolgt "flexiblere Schuldenpolitik"
Der CNFP stellt zudem fest, dass sich die Regierung in ihrer Finanzplanung nur wegen der langfristigen Prognose des ominösen "1,1-Millionen-Einwohnerstaates" noch im Rahmen der EU-Budgetregeln bewegt. Die Anpassung des mittelfristigen Haushaltsziels ("objectif budgétaire à moyen terme") von +0,5 Prozent des BIP auf -0,5 Prozent des BIP sei dabei nur ein Faktor, so Bausch. Das Szenario des Jahres 2060 sieht zudem eine Verdopplung des Schuldenstandes des Staates auf 60 Prozent des BIP vor.
Romain Bausch spricht in diesem Zusammenhang von einer "flexibleren Schuldenpolitik" der Regierung. Ohne auf die politischen Beweggründe einzugehen, stellt er fest, dass die Steuerreform mit ihren ab 2018 prognostizierten Einnahmeausfällen in Höhe von über 500 Millionen Euro jährlich die budgetären Aussichten des Staates trübt. Dies wirke sich freilich vor allem auf den Haushalt des Zentralstaats aus, dessen Defizit von nahezu einer Milliarde Euro für 2017 nur von den anhaltend positiven Aussichten der Finanzen von Gemeinden und Sozialversicherung aufgefangen werden könne.
Mit der neuen Schuldenpolitik mache sich Luxemburg letztlich angreifbar für eventuelle neue Finanz- oder Wirtschaftskrisen. "Die aktuelle Finanzpolitik verkleinert den Spielraum, um künftige Schocks zu verkraften", warnt Bausch.
Steuerreform Hauptgrund für schlechte Prognosen
Die schlechteren Zahlen würden nämlich von nach wir vor guten Konjunkturaussichten begleitet. Die entsprechenden makroökonomischen Prognosen seien aber mit Vorsicht zu genießen, betont Bausch. Schon für 2015 habe sich das Finanzministerium verschätzt; im Stabilitäts- und Wachstumsprogramm vom April 2016 sei man für 2015 noch von 4,8 Prozent Wachstum ausgegangen, das reale Wachstum belaufe sich jetzt aber auf nur 3,5 Prozent.
Schließlich zeigt das Gutachten des CNFP auf, dass der Anstieg der Staatsschulden nicht - wie von politischer Seite oft kommuniziert - auf höhere Investitionen des Staates zurückgeht. Selbst wenn man nämlich die Investitionen auf dem Niveau von 2016 einfrieren würde, läge die Schuldenquote (Schulden im Vergleich zum BIP) in 2020 mit 23,6 Prozent nur marginal besser als die Prognosen der Regierung (23,7 Prozent) im Budget 2017.
Der "Conseil national des finances publiques" wurde 2014 aufgrund der europäischen Gesetzgebung zur Kontrolle der Haushaltspolitiken der EU-Staaten ins Leben gerufen. Er soll die Einhaltung der budgetären Regeln überwachen und die budgetären und makroökonomischen Prognosen der Regierung bewerten. Der CNFP wird aus dem Budget des Finanzministeriums finanziert, arbeitet aber ähnlich wie der Rechnungshof politisch unabhängig.
CNFP-Präsident Romain Bausch war früher unter anderem als langjähriger Generaldirektor der SES und zuvor als "Administrateur général" im Finanzministerium tätig. Die operativen Tätigkeiten des CNFP werden aktuell von zwei Mitarbeiterinnen übernommen.
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