„Wir wollten die Fans glücklich machen“
„Wir wollten die Fans glücklich machen“
Interview: Mariam Schaghaghi
Dreimal wurde „Bond 25“ verschoben, seit März 2020. Nun, endlich, kommt „No Time To Die“ in unsere Kinos. Die Uraufführung in London war die erste große Weltpremiere seit der Pandemie und wurde wohl so sehnsüchtig wie kaum ein anderer Film erwartet – zumal Daniel Craig sich hiermit als 007 verabschiedet. Frankreichs derzeit erfolgreichste Schauspielerin Léa Seydoux spielt zum zweiten Mal die Frau, die James Bond den Geschmack am Alleinsein verdirbt und ihn endgültig vom Playboydasein abbringt – übrigens mit sehr viel Gefühl.
Léa Seydoux, schön, dass Corona Sie wieder aus seinen Fängen entließ. Ihren Besuch beim Filmfestival Cannes mussten Sie ja in letzter Minute absagen, weil Sie positiv getestet wurden …
Ja, der Test, so kurz vor Cannes, war ein ziemlicher Schock für mich. Ich hatte in insgesamt vier Filmen mitgespielt, die dieses Jahr auf dem Festival vorgestellt wurden. Ich wollte einfach nur diese Filme und die harte Arbeit dahinter feiern und mit all den Kollegen eine gute Zeit haben – aber dann kam Covid dazwischen.
Die Verschiebung des neuen Bond-Films wurde zum Indikator der Krise: Als er im März 2020 gleich in den November verschoben wurde, war zu ahnen, dass die Pandemie keine Sache von zwei Wochen werden würde. Nun wurden es anderthalb Jahre. Wie nervenaufreibend war das für Sie?
Ich bin einfach nur froh, dass er jetzt endlich ins Kino kommt. Die ganze Welt wartet auf diesen Film. Wir haben alle so hart an „No Time To Die“ gearbeitet. Allen voran natürlich Daniel Craig, für den es der letzte Auftritt als James Bond sein wird. Ich bin total gespannt, wie jetzt das Publikum auf unsere Geschichte reagieren wird. Für uns Schauspieler war die Arbeit an diesem Film immer ein Dienst an den Bond-Fans, wir wollten sie richtig glücklich machen.
Sehen Sie sich selbst als Bond-Girl, Bond-Frau oder Bond-Lady?
Ich sehe mich einfach nur als Frau. Das sollte reichen.
Warum Bond-Frau?
So eine Figur wie Madeleine, die so selbstbewusst ist, habe ich noch nie gespielt. Meine Figuren sind oft irgendwie gequält und nicht sehr weiblich. Ihre Weiblichkeit ist jedenfalls nicht offensichtlich. Ich glaube fast, das ist das erste Mal, dass ich eine Frau gespielt habe. Als ich einige Filmausschnitte sah, erkannte ich mich selbst nicht wieder. Ich dachte: „Ach, ich sehe ja wirklich plötzlich aus wie eine Frau!“
Haben Sie Lampenfieber vor dem Drehstart? Oder sind Sie nervös, wenn es ans Set geht?
Bei diesem hatte ich richtig Lampenfieber. Ich fand, dass ich neben dem männlichen Daniel aussah wie ein kleines Mädchen. Oder sogar wie ein kleiner Junge, ein Anfänger – aber nicht wie eine sexy Frau. Meine Nervosität lag sicher auch darin, dass es meine bislang größte Rolle auf Englisch war.
Sie haben sogar in den beiden großen Agenten-Reihen unserer Zeit mitgespielt, nicht nur zwei Mal bei „James Bond“, sondern auch bei „Mission: Impossible“ mit Tom Cruise. Wer von beiden lag Ihnen mehr?
Das kann ich vom Professionellen her kaum entscheiden, beide Filmreihen sind fantastisch, sind aufwendigst produziert und perfekt umgesetzt. Auch meine Rolle in „Mission: Impossible“ habe ich sehr geliebt. Ganz persönlich aber fühle ich mich mit der Figur des James Bond mehr verbunden – weil er nicht perfekt ist. Ethan Hunt ist so unerreichbar, so makellos … aber ich mag es lieber, wenn Menschen Ecken und Kanten haben, wenn sie imperfekt sind. Am Ende unterscheiden sich die beiden Agenten am stärksten in ihrer Psychologie – und da hat Bond einfach etwas mehr Tiefgang.
James Bond schien der unverbesserlichste Macho zu sein, den die Leinwand je sah. Aber plötzlich schmolzen die Klischees merklich weg: Der Mann wurde sensibler, die Frauen stärker. Woher kommt dieser Wandel?
Ganz klar von Daniel. Er hat während seiner Dienstzeit als Bond wirklich etwas Besonderes geschafft: Er hat den Super-Agenten menschlicher gemacht, greifbarer, auch angreifbarer. Zu seinen Stärken als Agent kamen auch ein paar persönliche Schwächen dazu. Ich finde, das hat der Figur sehr gutgetan. Sie hat viel mehr Tiefe bekommen – und das Publikum hat das gespürt.
Fünf Filme umfasst die Ära Craig – und die beiden letzten, „Skyfall“ und „Spectre“, waren die erfolgreichsten im Bond-Universum. Womit erklären Sie sich das?
Für mich ist diese Entwicklung vom Übermenschlichen zum Menschlichen hin der Hauptgrund, warum die Leute Daniel so sehr als James Bond angenommen haben. Die Zuschauer haben sich in ihrer Menschlichkeit verstanden gefühlt, und so konnten sie Gefühle zu Bond aufbauen. Wenn ich Daniel Craig als Bond auf der Leinwand sehe, dann bewundere ich ihn nicht nur – ich fühle auch mit ihm. Diese neue Dimension tut der Bond-Reihe sehr gut. Deshalb bin ich auch so traurig, dass „No Time To Die“ nun der letzte Auftritt für Daniel als 007 sein wird. Eine Ära geht zu Ende.
Als Daniel Craigs letzte Szene im Kasten war, wurde am Set applaudiert, gefeiert, geweint, umarmt, Craig hielt eine kurze Rede und war sichtlich gerührt. Wie haben Sie sich verabschiedet?
Ich habe es mir leicht gemacht – ich habe mich einfach gar nicht verabschiedet. Ich war an seinem letzten Drehtag schon gar nicht mehr am Set, sondern stand schon woanders vor der Kamera. Ich bin heimlich, still und leise abgehauen, bevor er zu emotional wurde.
James Bond, der ewige Playboy, lechzt nach Partnerschaft, will Liebe statt Sex, Augenhöhe statt One-Night-Stands, Auszeit statt Action. War das nur ein Einfall der Drehbuchautoren?
Ich glaube, das war alles nur möglich, weil Daniel Craig selbst ein Feminist ist. Diese Haltung sieht man ihm an, diese Haltung hat er auch ganz stark mit in die Rolle gebracht. Das ist fantastisch! Die Autoren haben diese Chance genutzt, so konnte Bond sich neu erfinden, in unserer Zeit ankommen und wirklich modern werden. Für mich muss ein moderner Mann ein Feminist sein – und James Bond hat diese Weiterentwicklung sehr gutgetan.
Für Ihr Styling bei großen Premieren und Projekten soll Ihre Schwester zuständig sein, stimmt das?
Ja, ist sie. Sie ist bei allen großen Filmen dabei, selbst bei großen Presseterminen. Sie arbeitet nicht nur für mich, sondern auch für Adèle Exarchopoulos. Meine Figur in Bond ist sehr chic, sehr weiblich und sehr classy. Ich selbst ziehe mich viel sportlicher und unaufgeregter an, sehr casual. Normalerweise trage ich nicht mal Make-up. In Paris kümmert sich keiner um mich, ich lebe in einem sehr afrikanisch geprägten Viertel, da hat es keiner so mit dem Film.
Und wenn Sie doch einmal jemand erkennt?
Dann ist das meist sehr nett, nie aggressiv oder übertrieben. Omar Sy ist bei uns eher ein Superstar, er kann wirklich kaum mehr auf die Straße. Er ist noch mehr als das, er ist ein Held für die Kids, weil er aus einem schwierigen Vorort von Paris kommt und es aus eigener Kraft geschafft hat, nach ganz oben zu kommen.
Folgen Sie uns auf Facebook, Twitter und Instagram und abonnieren Sie unseren Newsletter.
Als Abonnent wissen Sie mehr
In der heutigen schnelllebigen Zeit besteht ein großer Bedarf an zuverlässigen Informationen. Fakten, keine Gerüchte, zugänglich und klar formuliert. Unsere Journalisten halten Sie über die neuesten Nachrichten auf dem Laufenden, stellen politischen Entscheidern kritische Fragen und liefern Ihnen relevante Hintergrundgeschichten.
Als Abonnent haben Sie vollen Zugriff auf alle unsere Artikel, Analysen und Videos. Wählen Sie jetzt das Angebot, das zu Ihnen passt.
