Wenn Sex ohne Kondom zur Straftat wird
Wenn Sex ohne Kondom zur Straftat wird
Von Helmut Hetzel (Den Haag)
Ein 28-jähriger Niederländer steht derzeit vor Gericht, weil er ohne Einverständnis der Frau während des Geschlechtsaktes das Kondom entfernt hat. Im Englischen nennt man das Stealthing - eine Form des Missbrauchs, bei der ein Sexualpartner (oder -partnerin) das Präservativ heimlich und ohne Einwilligung des Gegenübers entfernt oder beschädigt und anschließend Geschlechtsverkehr ausübt. Bisher war dies in den Niederlanden nicht strafbar - doch der Angeklagte soll nun für ein Jahr ins Gefängnis, denn die Frau brachte die Tat zur Anzeige.
Das Paar lernte sich über eine Dating-Seite kennen - und eines führte schnell zum Anderen. Die Frau hatte dabei eine Bedingung: ein Kondom. Zähneknirschend willigte der Mann ein und zog ein Präservativ über seinen Penis. Als die beiden einen Stellungswechsel vornahmen, nutzte der Angeklagte den Moment und entfernte das Kondom. Die Frau bemerkte dies etwas später und stellte ihn zur Rede – und klagte ihn schließlich nach dem Ende der gemeinsamen Liebesnacht an. Sie fühlte sich von ihm missbraucht. Sie argumentiert: Männer denken, sie könnten sich alles erlauben, auch im Bett.
Haftstrafe gefordert
Obwohl das Stealthing in den Niederlanden nicht strafbar ist, griff eine kreative Staatsanwältin den Fall auf. Sie definiert das Abziehen des Kondoms vom Penis und den danach fortgesetzten Geschlechtsverkehr als eine Vergewaltigung, weil die Frau nicht wusste, dass der Geschlechtsakt ohne Schutz fortgesetzt wird.
Die Staatsanwältin fordert in dem Gerichtsverfahren nun eine einjährige Haftstrafe, davon vier Monate auf Bewährung. In ihren Augen stellt Stealthing eine „ernsthafte Straftat“ dar.
In den sozialen Medien wird der Fall heiß diskutiert - nicht alle stehen dabei auf der Seite der Klägerin. Der Anwalt des Angeklagten versucht zudem, seinen Mandanten mit einer List aus der Schlinge zu befreien: Der 28-Jährige habe das Kondom überhaupt nicht entfernt.
Was wirklich im Bett passiert ist, wissen nur der Beklagte und die Klägerin. Ein Urteil im Fall wird für Mitte oder Ende März erwartet.
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