Sittiche auf dem Vormarsch
Sittiche auf dem Vormarsch
(dpa/mij) - Wo der Halsbandsittich – Psittacula krameri – auftaucht, da ist er schon von weitem zu hören. „Sie haben sich eben viel zu erzählen“, erklärt Alain Paquet vom belgischen Naturschutzverband Natagora. Doch wo der Ornithologe ein munteres Schwätzchen vernimmt, hört der Laie vor allem eins: lautes Kreischen.
Nach Studien des Forschungsnetzwerks ParrotNet ist die belgische Population die drittgrößte in Europa, nach Großbritannien und den Niederlanden. Demnach gibt es in Brüssel inzwischen rund 9 350 Vögel. Eine aktuelle Zählung von Natagora kommt dagegen auf etwa 7 000 Tiere in Brüssel und 1 000 weitere im Rest des Landes.
Unbeliebte Einwanderer
Über Jahrhunderte sind gebietsfremde Arten nach Europa gelangt, oft als Folge von Handel und Tourismus. Doch seit den 1970er-Jahren hat sich ihre Anzahl um etwa drei Viertel erhöht, schreibt die EU-Kommission unter Verweis auf Studien. Um die 12 000 eingewanderte Tier- und Pflanzenarten gebe es mittlerweile in Europa.
Vielleicht 10 bis 15 Prozent davon gelten als „invasive Arten“, die die heimische Tier- und Pflanzenwelt ernsthaft aus dem Gleichgewicht bringen könnten. In welche Kategorie der Halsbandsittich fällt, darüber streitet die Wissenschaft. Denn zumindest bei Nistplätzen ist Wettbewerb mit heimischen Arten nicht ausgeschlossen.
Der etwa 40 Zentimeter große Halsbandsittich ist ein Höhlenbrüter, besonders gern legt er seine Eier in Baumhöhlen ab. Solchen Wohnraum bietet die belgische Hauptstadt mit ihren riesigen Parkbäumen reichlich. Doch auch Tiere wie Specht, Kleiber oder Fledermaus sind an den Unterkünften interessiert.
Ursachenforschung
Durch die vergleichsweise frühe Brutzeit des Halsbandsittichs kommen sich die Konkurrenten allerdings vermutlich nicht ernstlich ins Gehege. Die Brüsseler Stadtverwaltung behält die Situation aber im Auge. „Niemals, niemals exotische Tiere (in die Umwelt) einbringen!“, rät Paquet. Doch beim Halsbandsittich lässt sich die Uhr nicht mehr zurückdrehen.
Das Problem begann dem Vogelkundler zufolge 1974 mit der Freilassung von etwa 40 Exemplaren aus einem Vergnügungspark. Doch ganz überdrüssig ist man der lauten Vögel noch nicht. „Einige Leute hängen sehr an den Sittichen“, sagt Corentin Rousseau vom Königlich-Belgischen Vogelschutzverband. „Es gäbe einen Aufschrei, wenn die Verwaltung versuchen würde, sie zu beseitigen.“
Neozoen in Luxemburg
Als Neozoen werden Tiere bezeichnet, die sich mit oder ohne menschliche Einflussnahme in einem Gebiet verbreitet haben, in dem sie zuvor nicht einheimisch waren. Auch in Luxemburg haben sich einige Tierarten angesiedelt, etwa der Asiatische Marienkäfer, der 2004 das erste Mal nachgewiesen wurde.
Auch größere Tiere sind bereits im Großherzogtum gesichtet worden, darunter die in Nordamerika heimische Kanadagans. Auch einige Säugetiere haben hier ein neues Zuhause gefunden, darunter die Bisamratte, der Waschbär und der Amerikanische Nerz.
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