Mäuseplage gigantischen Ausmaßes
Mäuseplage gigantischen Ausmaßes
Von Matthias Stadler (Wanaka, Neuseeland)
Es sind biblische Ausmaße, welche eine Mäuseplage in Down Under annimmt. Millionen Nagetiere fressen sich seit Monaten durch die Felder im australischen Südosten. Vor allem der sogenannte Korngürtel im Bundesstaat New South Wales ist betroffen, aber auch in anderen Regionen in insgesamt vier Bundesstaaten kämpfen Farmer um ihre Ernte. Denn die Nager haben es vor allem auf das Getreide abgesehen.
Seit gut zehn Monaten verschlimmert sich die Situation. Betroffene Landwirte sprechen mittlerweile von der „schlimmsten Mäuseplage seit fast 40 Jahren“. Manche von ihnen fangen 500 bis 1.000 Mäuse pro Nacht. Für Australiens Vizepremierminister Michael McCormack ist klar: „Einzig eine tote Maus ist eine gute Maus.“
Regen bringt gute Ernte
Australien hatte in den vergangenen Jahren immer wieder mit Umwelt- und Naturkatastrophen zu kämpfen. Kaum vergessen sind etwa die Waldbrände zu Beginn des vergangenen Jahres oder diverse Überschwemmungen. Und gewisse Gebiete kämpften jahrelang mit einer äußerst hartnäckigen Dürre. Da kam das vergangene Jahr für die Farmer wie gerufen. Es gab genug Niederschlag, der gutes Wachstum mit sich brachte. Entsprechend war die Ernte ertragreich und die Vorratslager gut gefüllt.
Solche Ausbrüche gibt es in Australien seit über hundert Jahren.
Steven Belmain, Ökologe
Aber genau dieses Wachstum führte zur Mäuseplage, wie der Ökologe Steven Belmain gegenüber der Zeitschrift „Scientific American“ erklärt: „Der andauernde Regen und damit das Extra-Futter bedeuten, dass die Nager während einer langen Zeit sehr viel zu fressen haben.“ Überraschend sei die Plage deswegen nicht, meint der Experte, der in England forscht. „Solche Ausbrüche gibt es in Australien seit über 100 Jahren. Sie sind so gut wie immer auf vermehrten Niederschlag und Weizenproduktion zurückzuführen.“ Ein Mäusepaar kann Dutzende Nachkommen in einer Saison zeugen. Zudem sind die Jungen nach wenigen Wochen geschlechtsreif.
Nager verbreiten Krankheiten
Die Plage beschädigt aber nicht nur australische Landwirtschaftsflächen, sondern auch ein Gefängnis. 420 Insassen und mit ihnen 200 Angestellte des Wellington Correctional Centre, rund vier Stunden Autofahrt westlich von Sydney gelegen, mussten vor wenigen Tagen umquartiert werden, da die Tiere Kabel und Deckenverkleidungen beschädigt hatten und viele von ihnen in Wänden feststeckten und verendeten.
Die Nager beißen in seltenen Fällen auch Menschen und übertragen so Krankheiten. So gibt es Berichte, dass Mäuse über schlafende Personen gekrochen sind und auch Kinder gebissen haben. Die Behörden des Bundesstaats New South Wales registrierten von Anfang Januar bis Ende April 23 Fälle von Leptospirose, im ganzen Jahr zuvor gab es elf Fälle. Die Infektionskrankheit kann zu Organversagen führen. Auch die lymphozytäre Choriomeningitis wurde schon bei mehreren Personen diagnostiziert, sie kann Fieber und Übelkeit hervorrufen. Bis dato sind in New South Wales mindestens drei Personen wegen Bissen ins Krankenhaus überführt worden.
Verzweifelte Landwirte
Der Schaden, den die Mäuse anrichten, beläuft sich mittlerweile auf mehr als 60 Millionen Euro. Manche Bauern schätzen den Schaden auf ihren Feldern auf bis zu 200.000 Euro. Viele sind beispielsweise gezwungen, ihr Heu zu verbrennen, da Dutzende Mäuse es mit Kot und Urin verunreinigten. Auch Traktoren, Spülmaschinen und Bettwäsche seien vor den Nagetieren nicht sicher, geben Landwirte zu Protokoll.
Laut Medienberichten kämpfen betroffene Bauern vermehrt mit Stresssymptomen. Manche Farmer fackeln nicht lange und verbrennen schon mal Hunderte gefangene Nagetiere in Tonnen. Andere wiederum sind so verzweifelt, dass sie ihre von Mäusen befallenen Getreidesilos anzünden. Die Bundesstaaten haben Hilfsgelder in Millionenhöhe versprochen, New South Wales alleine stellt den Landwirten und Produzenten mindestens 32 Millionen Euro zur Verfügung.
Verschiedene Lösungen
Um der Plage Herr zu werden, setzen die Behörden auf Fallen und Gift, welches zu vergünstigen Preisen gekauft werden kann. Bauern sollen in New South Wales Giftköder gar gratis erhalten. Diese sind allerdings nicht ohne Risiko. Die Chemikalie Bromadiolon, auch als „Mäuse-Napalm“ bekannt, erhielt keine Spezialzulassung, da auch einheimische Tierarten damit getötet werden könnten. Momentan kommt vor allem das Gift Zinkphosphid zum Einsatz.
Viele Bauern setzen zudem auf Eigenkreationen. Sie locken die Mäuse etwa mit Ködern auf rutschige Oberflächen, von wo sie in Eimer rutschen, die mit Wasser gefüllt sind, woraufhin sie ertrinken.
Der entscheidende Faktor, ob die Plage unter Kontrolle gebracht werden kann oder nicht, ist das Wetter, wie Experte Steven Belmain in der Zeitschrift „Scientific American“ sagt: „Es kommt auf den Niederschlag in den nächsten Monaten an.“ Wenn es immer wieder regne und dadurch die Pflanzen wachsen, könnten mehr Mäuse den Winter überleben. „Das nächste Jahr könnte also noch schlimmer werden.“ Umgekehrt könne sich das Problem bei weniger Niederschlag auch schon bald wieder von selbst erledigen.
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