Katharina Schüttler: „Til ist wirklich ein Unikat“
Katharina Schüttler: „Til ist wirklich ein Unikat“
Interview: André Wesche
Ernste Stoffe und komplizierte Rollen sind die Kernkompetenzen von Schauspielerin Katharina Schüttler. Die in Köln geborene Wahlberlinerin zeigt aber auch keine Berührungsängste vor Kinderfilmen („Rico, Oskar und der Diebstahlstein“) oder gepflegter Unterhaltung („Alles ist Liebe“). In Til Schweigers Beziehungskomödie „Die Hochzeit“, die derzeit auch Zuschauer in die hiesigen Kinos lockt, nimmt die 40-Jährige nun die Rolle der Jette wieder auf, die sie bereits im Vorgängerfilm „Klassentreffen 1.0“ verkörperte.
Katharina Schüttler, sind Sie gerne Gast auf Hochzeiten – eventuell auch, um dort Menschen zu beobachten?
In der Tat gehe ich sehr gern auf Hochzeiten. Aber ich bin noch nicht auf die Idee gekommen, dort Studien zu betreiben. Ich finde, dass eine Hochzeit der schönste Anlass zum Feiern ist. Sie ist ein tolles, weil selbst gewähltes Familienfest. Im Mittelpunkt stehen die Freunde und die Familie, die man sich selbst ausgesucht hat. Ich finde Hochzeiten ganz toll, weil man einfach die Liebe feiert.
Halten Sie die Institution der Ehe heute noch für zeitgemäß?
Ja, ich halte sie für etwas sehr Schönes. Natürlich muss jeder selbst wissen, wie er sein Leben gestalten möchte. Mir gefällt die Grundidee, eine solche Verbindung einzugehen. Der interessanteste Satz in einem Eheversprechen ist für mich: „In guten wie in schlechten Zeiten“. Natürlich ist es in einer Beziehung zwischen zwei Menschen, zu der dann vielleicht auch noch Kinder gehören, nicht immer einfach. Man steht immer wieder vor Herausforderungen. Dann bleiben zwei Möglichkeiten. Entweder man beendet die Beziehung und geht damit den Weg, der einen nicht zwingt, weiter an sich zu arbeiten. Dann verpasst man aber eine ganz große Chance. Oder man bleibt auch in der Krise zusammen und schaut, wie man sie gemeinsam überwindet. Dabei kann man unheimlich viel lernen und daran wachsen. Es kann alles wieder ganz toll werden und die Beziehung kann ein neues Level erreichen. Ein Eheversprechen trägt dazu bei, zu sagen: Ich kann mir vorstellen, mit diesem Menschen auch harte Zeiten durchzustehen. Weil ich es will.
Aber ein Versprechen ist keine Garantie, oder?
Natürlich kann man immer an einen Punkt gelangen, an dem man merkt, dass es einfach nicht mehr geht. Aber ich glaube, dass man ohne Eheversprechen viel schneller die Flinte ins Korn wirft. Das finde ich sehr schade, weil einen gerade eine schwere Zeit sehr eng zusammenschweißen kann. Der Einzelne bekommt dadurch die Chance, reifer zu werden und sich selbst besser kennenzulernen.
Ihre Filmfigur Jette geht in „Die Hochzeit“ fremd. Ist ein Seitensprung der ultimative Killer einer Beziehung?
Das kommt total auf den einzelnen Menschen an, es kann so oder so sein. Ich glaube aus tiefstem Herzen, dass selbst ein Seitensprung etwas ist, an dem eine Beziehung wachsen kann. Es wäre natürlich eine besonders harte Zeit. Aber ich glaube fest daran, dass es möglich ist, auch diese Situation zu überstehen. Die große Herausforderung ist es, das gegenseitige Vertrauen wiederzuerlangen. Wenn man das schafft, ist man wieder auf einer höheren Ebene angekommen.
Sie selbst sind mit dem Regisseur Till Franzen verheiratet. Halten Sie es für einen Vorteil, wenn man genau versteht, was der Partner tagsüber tut?
Ich empfinde es als ein totales Geschenk, so viel mit meinem Mann teilen zu können. Aus vielerlei Gründen. Es ist wahnsinnig bereichernd, sich über die Arbeit auszutauschen. Man kann darüber sprechen, welche Dinge man tun möchte und wie man sie tun möchte. Das ist toll, wenn man jemanden sehr gut kennt und ihm vertraut. Außerdem bringen diese Berufe mitunter sehr spezielle Lebensumstände mit sich. Man ist sehr oft an unterschiedlichen Orten und sieht sich über längere Zeiträume nicht. Es sind manchmal auch Kleinigkeiten. Wenn man telefoniert, dann weiß man, dass der Andere keine Sekunde länger Zeit hat, wenn er sagt: „Oh, ich muss auflegen!“ Man nimmt das dem Partner nicht krumm, weil man einfach weiß, wie so ein Drehtag abläuft.
Kein deutscher Schauspieler steht so im Fokus der Medien wie Til Schweiger. Sind Sie froh, dass bei Ihnen eher die Arbeit im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses steht?
Ja, auf jeden Fall! (lacht)
Kann man selbst steuern, wohin diese Reise geht?
Bis zu einem bestimmten Grad kann man das steuern. Es gibt auch Leute, die sehr bekannt sind und nicht in der Klatschpresse auftauchen. Es ist eine individuelle Frage, wie man ist und wer man sein möchte. Wie wird man in einer Gesellschaft gesehen oder auch von ihr vereinnahmt? Bekommt man über seinen Beruf als Schauspieler und die Interpretationen verschiedener Figuren hinaus eine Rolle aufgedrückt und fängt an, plötzlich auch für etwas anderes zu stehen? Dann kann es passieren, dass man auch jenseits der Arbeit eine Funktion in der Gesellschaft zugewiesen bekommt. Es existiert ein großes Bedürfnis nach Stars zum Anfassen, an deren Leben man scheinbar teilhaben kann. Wenn man da an einem bestimmten Punkt ankommt, ist es kaum mehr möglich, zurückzurudern. Ich glaube auch, dass einem gar nicht so bewusst ist, was da passiert, während es passiert. Das macht die Sache so schwierig. Man muss von Anfang an aufmerksam sein, wenn man sein Privatleben schützen möchte.
Sie haben mit den meisten Filmemachern gedreht, die Rang und Namen haben. Was ist das Besondere an Til Schweiger?
Til ist wirklich ein Unikat. Die Art und Weise, wie er arbeitet, ist mir so noch nie begegnet, auf mehreren Ebenen. Absolut beeindruckend ist das Tempo, mit dem er arbeitet. Nach der Mittagspause kann er einem die fertig geschnittene Szene vom Vormittag zeigen. Das ist irre und hat etwas unheimlich Direktes. Die Energie, die das Ganze dadurch bekommt, erinnert an die Power spielender Kinder, in deren Fantasie alles geht und alles möglich ist. Und zwar sofort. Ich arbeite auch sehr gern mit Filmemachern, die ein Jahr im Schneideraum sitzen. Es ist kein Qualitätsmerkmal, dass etwas schnell geht. Es ist auch besonders, wie Til am Set inszeniert, dass er als Regisseur immer wieder reingeht, unterbricht, Sachen hineinwirft und Impulse gibt. Er bleibt manchmal so lange bei einem einzigen Satz, bis er genau so ist, wie er ihn haben will. Und wenn er dann so ist, ist er sofort der glücklichste Mensch.
Kann Herr Schweiger am Set auch mal ausrasten?
Ich kann es mir vorstellen, ich habe es aber persönlich noch nicht erlebt. Das gehört mit zu einer bestimmten Qualität. Til will etwas, und das absolut. Sein Ziel ist ein super Film, und dafür ist er bereit, alles zu tun. Und er erwartet von den Menschen um ihn herum, dass jeder voll da ist. Er selbst gibt 200 Prozent. Wenn man dann merkt, dass jemand das nicht wertschätzt und der Arbeit keinen Respekt entgegenbringt, dass irgendwo Sand im Getriebe ist und es nicht so läuft, wie es laufen sollte, dann kann ich total nachempfinden, wenn einen das auf die Palme bringt.
Würden Sie es auch begrüßen, wenn Ihre Kinder – so wie Tils Nachwuchs – später einmal in Ihre Fußstapfen treten möchten?
Ich würde meine Kinder immer in dem unterstützen, was sie tun möchten, egal, was es ist. Wenn es ihr Ziel wäre, Schauspieler zu werden, würde ich ihnen natürlich dabei Beistand leisten. Ich sehe sie wie schöne Pflanzen, die unbehindert wachsen dürfen. Und ich bin sehr neugierig, was wohl aus den Knospen herauskommt. Ich versuche nicht, schon vorher zu wissen, was für eine Blume da am Erblühen ist. Ich lasse ihnen einfach Raum und gieße sie mit ganz viel Liebe. Ich gebe den Pflänzchen all das, wovon ich das Gefühl habe, dass sie es an Nährstoffen brauchen.
