Instagram-Galerie: Selfies mit schmierigen Typen
Instagram-Galerie: Selfies mit schmierigen Typen
"Catcalling" ist ein unappetitliches Thema (für das es im Deutschen keinen prägnanten Begriff gibt): Männer pfeifen Frauen auf der Straße hinterher, belästigen sie durch Rufe, eindeutige Angebote, Gesten oder sogar Handlungen. Für viele Frauen, zumindest in Großstädten, gehört das immer noch zum Alltag. Den meisten Männern dagegen (zumindest denjenigen, die es nicht betreiben) dürfte das Ausmaß dieses Phänomens weitgehend unbekannt sein. Und: Es ist beileibe nicht so harmlos, wie es in Fernseh-Werbespots oder Sitcoms wirkt. Wer hier zuerst an das klischeehaft überzogene "How you doin'?" von Frauenheld Joey Tribbiani aus der Serie "Friends" denkt, liegt komplett falsch.
Selfies als Dokumentation - nicht als Pranger
Noa Jansma aus Amsterdam ist 20 Jahre alt und weiß, was "Catcalling" ist. Es passiert ihr fast auf täglicher Basis und in voller Bandbreite, bis hin zur Aufforderung, zu wildfremden Männern ins Auto zu steigen - und das wohl nicht nur, um nicht laufen zu müssen. Jansma beschloss in die Offensive zu gehen - und lud einen Monat lang ihre Belästiger dazu ein, ein Selfie mit ihr zu machen. Die Fotos veröffentlichte sie auf einem eigens eingerichteten Instagram-Account namens @dearcatcallers. Die Männer auf den Bildern wissen das nicht - bis auf einen, der fragte, was mit dem Bild passiert, aber mit der Verwendung trotzdem einverstanden war.
"Ich will die Männer nicht an den Pranger stellen", sagte Jansma der BBC, "wenn sie darum bitten, die Bilder von Instagram wegzunehmen, dann mache ich das. Ich will nicht ihr Leben ruinieren." Statt dessen gehe es ihr darum, über das Phänomen aufzuklären, dem sie und unzählige Frauen täglich ausgesetzt sind. Ihre männlichen Freunde hätten keine Vorstellung, wie ausgeprägt das sei, so die Studentin. "Es ist doch merkwürdig, dass die Hälfte der Menschheit sich täglich damit beschäftigen muss, während die andere Hälfte nicht einmal weiß, dass es so etwas gibt."
"Es ist doch merkwürdig, dass die Hälfte der Menschheit sich täglich damit beschäftigen muss, während die andere Hälfte nicht einmal weiß, dass es so etwas gibt."
Anstatt der Frau wird der Mann zum Objekt
Letztlich wolle sie den Spieß umdrehen. "Es ist wie ein Spiegel", sagt sie im BBC-Interview. "Sie bedrängen mich in meiner Privatsphäre, also mache ich das mit ihrer." So beschreibt Jansma das auch auf ihrem Instagram-Account. Dadurch, dass sie auf den Bildern im Vordergrund steht, der Mann dagegen im Hintergrund, kehren sich die Machtverhältnisse um: Die Frau, die der aufdringliche Mann zum Objekt machen wollte, ist diejenige, die das Foto schießt. Und dadurch den Mann zum Objekt macht.
An "Objekten" hat Jansma dabei keinen Mangel: 23 Fotos im Verlauf eines Monats weist @dearcatcallers auf. Auf den Bildern sieht man insgesamt 38 Männer. Sie wirken stolz, es auf das Bild mit der Frau geschafft zu haben, die sie kurz vorher teils rüde bedrängt haben. Jansma schildert im Bildtext die jeweilige Vorgeschichte. Es sind durchweg unangenehme Situationsbeschreibungen, die sich auch in der Bildkomposition wiederspiegeln.
Unter dem Bild eines eher biederen Mannes im Rentenalter am Steuer eines Autos steht: "Folgte mir durch zwei Straßen, dabei rief er 'Sexy' und 'Willst Du einsteigen?'" Unter einem anderen: "Hupt mich dreimal von seinem Motorroller an, fährt an mir vorbei und schneidet mir den Weg ab, 'Bei Gott, wenn ich dich sehe, kriege ich wilde Gedanken, wilde, wilde Gedanken. Schätzchen!' Dann hupt er noch dreimal." Oder: "Folgt mir zehn Minuten lang, fragt dauernd 'Wo gehst Du hin?'"
Noa Jansma hat nach einem Monat aufgehört, selbst Fotos zu machen, aber sie hat @dearcatcallers, das mittlerweile über 160.000 Follower hat, nicht beendet. "Mein Monat ist vorbei, aber das heißt nicht, dass es mit den Catcallers ebenfalls vorbei ist. Um zu zeigen, dass das ein weltweites Phänomen ist und dass es hier nicht nur um mich geht, werde ich den Account an Frauen auf der ganzen Welt weitergeben. Das kann ein bisschen dauern, also schaut bitte öfter wieder rein."
