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Erdbebengefahr für Istanbul: Forscher messen Spannung unterm Meer
Panorama 1 2 Min. 09.07.2019 Aus unserem online-Archiv

Erdbebengefahr für Istanbul: Forscher messen Spannung unterm Meer

Blick auf die Altstadt der Metropole am Bosporus.

Erdbebengefahr für Istanbul: Forscher messen Spannung unterm Meer

Blick auf die Altstadt der Metropole am Bosporus.
Foto: Shutterstock
Panorama 1 2 Min. 09.07.2019 Aus unserem online-Archiv

Erdbebengefahr für Istanbul: Forscher messen Spannung unterm Meer

Istanbul liegt an der Grenze zwischen zwei Erdplatten. Dort hat sich mittlerweile eine enorme Spannung aufgebaut. Entlädt sie sich, könnte das katastrophale Folgen haben.

(FILES) In this file photo taken on March 21, 2013, participants from the I.T (L) and Disaster Management (C/R) work side by side at the Command Center of the Office of Emergency Management in Los Angeles, California, during a functional exercise for first responders in a simulated 7.8 magnitude earthquake drill. - A 6.4 magnitude earthquake hit Southern California on Thursday at 10:33 am (17:33GMT) near the Searles Valley in San Bernardino County, the US Geological Survey said. The shallow quake struck at a depth of 5.4 miles (8.7 kilometers) in the vast desert region, lasting multiple seconds with residents as far away as Los Angeles saying they felt the tremor. (Photo by Frederic J. BROWN / AFP)
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(dpa) - Die Angst vor einem verheerenden Erdbeben ist in der Millionen-Metropole Istanbul allgegenwärtig. Die Stadt mit rund 16 Millionen Einwohnern liegt an der sogenannten Nordanatolischen Störung, einer Grenze zwischen der eurasischen und der anatolischen Erdplatte. Firmen entwerfen Notfallpläne, Privatleute haben sogenannte Go-Bags mit allem Nötigen fertig gepackt neben Haustüren stehen, und Schulen bringen Kindern bei, wie sie sich zu benehmen haben, wenn die Erde wackelt.

Deutsche Wissenschaftler um den Kieler Geophysiker Dietrich Lange vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung haben nun vor den Toren der Stadt erhebliche tektonische Spannungen entdeckt. Sie würden reichen, um ein Beben der Stärke 7,1 bis 7,4 auszulösen, schreiben sie im Fachblatt „Nature Communications“.

Istanbul und die Umgebung im Nordwesten der Türkei, Aufnahme aus dem Programm Google Earth. Im Norden liegt das Schwarze Meer, das über die Bosporusstraße mit dem Marmarameer (Mitte) verbunden ist. Unter dem Marmarameer nahe der Millionenmetropole Istanbul hat sich eine erhebliche tektonische Spannung mit großem Erdbebenpotenzial entwickelt.
Istanbul und die Umgebung im Nordwesten der Türkei, Aufnahme aus dem Programm Google Earth. Im Norden liegt das Schwarze Meer, das über die Bosporusstraße mit dem Marmarameer (Mitte) verbunden ist. Unter dem Marmarameer nahe der Millionenmetropole Istanbul hat sich eine erhebliche tektonische Spannung mit großem Erdbebenpotenzial entwickelt.
Google Earth/Google/dpa

Der untersuchte Abschnitt der Nordanatolischen Störung liegt unter dem Marmarameer, also unter Wasser. Ob sich die Plattengrenzen dort bewegen oder verhaken, konnte bisher nur indirekt untersucht werden, zum Beispiel mit Beobachtungen von Land. Nun haben die Forscher zweieinhalb Jahre lang mit dem am Geomar entwickelten Messsystem GeoSEA Daten in 800 Metern Wassertiefe gesammelt. Durch sogenannte akustische Abstandsmessung sei erstmals eine direkte Messung der Plattenbewegung möglich geworden, heißt es in einer Geomar-Mitteilung.

„Zu starken Erdbeben kommt es, wenn sich die Störungszone verhakt. Dann bauen sich tektonische Spannungen auf, die sich irgendwann in einem Moment entladen“, sagte Lange. Die neuen Messungen seien der erste direkte Nachweis über den Spannungsaufbau am Meeresboden südlich von Istanbul.

Zeitpunkt unklar

„Wenn sich die angestaute Spannung während eines Erdbebens löst, würde sich die Verwerfungszone auf einen Schlag um mehr als vier Meter bewegen“, sagte GeoSEA-Projektleiterin Heidrun Kopp. Ein solches Ereignis könnte laut der Geomar-Mitteilung für Istanbul ähnlich weitreichende Folgen haben wie ein Beben 1999 für die Stadt Izmit, die ebenfalls an der Nordanatolischen Störung liegt. Damals waren mehr als 17 000 Menschen gestorben.

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Wann das nächste große Beben komme, sei unklar. „Wir sind nicht in der Lage, den Zeitpunkt zu prognostizieren“, sagte Kopp. Die Forscher wollten mit der Veröffentlichung ihrer Ergebnisse „keine Panik auslösen“. Sie rechnet zwar nicht mit einer verheerenden Tsunami-Welle, aber mit schweren Schäden in Istanbul.


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