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Auf eigenen Wegen
Panorama 3 Min. 12.03.2018 Aus unserem online-Archiv

Auf eigenen Wegen

Mikrofon statt Schere: Vor seinem ersten Fernsehengagement beim Musiksender VIVA arbeitete Klaas Heufer-Umlauf als Friseur und Maskenbildner.

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Mikrofon statt Schere: Vor seinem ersten Fernsehengagement beim Musiksender VIVA arbeitete Klaas Heufer-Umlauf als Friseur und Maskenbildner.
Foto: Prosieben/Andreas Franke
Panorama 3 Min. 12.03.2018 Aus unserem online-Archiv

Auf eigenen Wegen

Die deutschsprachigen Moderatoren wirkten bei den bisherigen Late-Night-Show-Versuchen neben den US-Vorbildern meist wie Laienschauspieler. Klaas Heufer-Umlauf will nun mit "Late Night Berlin" bei ProSieben beweisen, dass es auch anders geht.

von Cornelia Wystrichowski

Es ist die Königsdisziplin des Unterhaltungsfernsehens – und Harald Schmidt ist der einzige, der sie in Deutschland und den Nachbarländern richtig beherrschte: die Late-Night-Show, jene coole Plauderei zu später Stunde, bei der ein lässiger Entertainer mit einer Hand in der Hosentasche süffisant die Ereignisse des Tages Revue passieren lässt. Viele Moderatoren sind schon daran gescheitert, nun nimmt Klaas Heufer-Umlauf sein Herz in die Hand und startet "Late Night Berlin" auf ProSieben. Die Show soll ab heute immer montags am späten Abend aktuelle Themen von Politik bis Popkultur aufs Korn nehmen. Mit dabei ist – wie es sich gehört – eine Studioband. Und im Trailer zur neuen Show trägt Heufer-Umlauf schon mal die klassische Uniform des Late-Night-Talkers: eleganter Anzug mit dezentem Schlips.

Top oder Flop

Nun stellt sich natürlich die Frage: Kann Klaas Heufer-Umlauf das? Der gelernte Friseur aus Oldenburg wurde an der Seite von Joko Winterscheidt als Spaßmacher bekannt, Sendungen wie "Circus Halligalli" oder "Mein bester Feind" strotzten vor teils pubertärem Humor. Allerdings zeigt der 34-Jährige, der auch mit seiner eigenen Band Gloria erfolgreich ist, immer wieder, dass mehr in ihm steckt als Albernheiten und oberflächige Gags. So präsentierte er im Vorfeld der Bundestagswahl einen Polittalk und schlägt in Interviews gerne mal ernstere Töne an, er plädiert für Europa und gegen den allgemeinen Werteverfall.

"Late Night Berlin" – das übrigens nicht in der deutschen Hauptstadt, sondern im schicken Potsdam, dem "Promi-Vorort Berlins", gedreht wird – ist eine Herausforderung mit enormer Fallhöhe. Als Anke Engelke sich 2004 mit einer eigenen Late-Night-Show versuchte, scheiterte sie so kläglich, dass das Format nach wenigen Monaten eingestellt wurde – ein Misserfolg, der lange Zeit an ihr kleben blieb.

Das Genre, an dem sich auch schon Deutschlands beliebtester Showmaster Thomas Gottschalk in den 1990er-Jahren bei RTL die Zähne ausbiss, stammt aus den USA. Dort gehört die Late-Night-Show, die dem Publikum allabendlich hilft, den Tag abzuschließen, seit Jahrzehnten zur Unterhaltungskultur, und Moderatoren wie Johnny Carson, Conan O’Brien oder Jay Leno kennt die ganze Welt. In der Sendung von Talk-Ikone David Letterman gab sich sogar schon Ex-Präsident Barack Obama die Ehre. Scheinbar mühelos gelingt den US-Entertainern die Mischung aus Stand-up-Comedy und Talk – ihre Grundhaltung ist es dabei, auf gut gelaunte Art schlecht gelaunt zu wirken.

Kein Zynismus geplant

Im deutschen Fernsehen gibt es zurzeit die Late-Night-Shows "Neo Magazin Royale" von Jan Böhmermann (ZDF und ZDFneo) und "Die Pierre M. Krause-Show" (SWR). Beide laufen allerdings nur einmal die Woche – genauso wie "Late Night Berlin". Die einzige deutsche Late-Night-Show, die wirklich dem klassischen Ideal entsprach, war Harald Schmidts Sendung, die von 1995 bis 2014 bei wechselnden Sendern lief. Vor vier Jahren hat sich der einstige Chefzyniker des deutschsprachigen Fernsehens vom Bildschirm zurückgezogen. Klaas Heufer-Umlauf lässt durchblicken, dass er ein anderer Talker als seine Vorgänger sein will: "Ich habe keine Lust auf Zynismus – es ist der Humor der Glücklosen."

Produziert wird seine neue Sendung von "Florida T", einer von Joko und Klaas gemeinsam mit der Produktionsfirma Endemol Shine gegründeten Spaßfabrik. Vor wenigen Wochen hat ProSieben das Kreativduo mit neuen Exklusivverträgen an sich gebunden – aus gutem Grund: Die Entertainer gehören zu den wenigen, die die Generation Y vor den Fernseher holen, jene von der Werbewirtschaft so heiß begehrte und konsumhungrige Altersgruppe um die Dreißig. Ob Klaas Heufer-Umlauf das auch mit seiner Late-Night-Show gelingt, bleibt abzuwarten.


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