Als noch der Fuchs die Ostereier brachte
Als noch der Fuchs die Ostereier brachte
Von Christian Satorius
Heute bringt fast überall der Osterhase die Ostereier. Das ist keinesfalls selbstverständlich, denn das gabenbringende Langohr war noch im 19. Jahrhundert vielerorts ein Fremdling. Selbst heute noch bringt hier und da der Osterstorch die Ostereier – in manchen Orten sogar der Osterkuckuck.
Der Osterhase konnte seine Konkurrenz im Laufe der Zeit allerdings weit hinter sich lassen. Das hat durchaus seinen Grund, meinen Historiker, denn letztendlich waren es wohl Süßwarenindustrie, Kinderbücher und Osterpostkarten, die seinen Siegeszug begünstigten.
Erste Erwähnung im 17. Jahrhundert
Wann der Hase überhaupt mit dem Eierbringen begonnen hat, lässt sich heute nicht mehr eindeutig feststellen. Bereits im Jahr 1682 wird er von dem Frankfurter Arzt Johannes Richier in einer Arbeit über Ostereier erwähnt. Der Osterhase verstecke die Ostereier im Gras der Gärten, heißt es da. Doch ganz so leicht scheint es der Osterhase damals nicht gehabt zu haben, denn vielerorts kannte man den Osterfuchs als traditionellen Eierbringer.
Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts wusste der westfälische Lehrer Karl Wehrhan davon zu berichten, dass in einigen Orten im Nordosten Nordrhein-Westfalens der Fuchs der alleinige Eierbringer war. An anderer Stelle versteckten damals Wehrhan zufolge schon sowohl Fuchs als auch Hase die Ostereier. In der Zeitschrift des Vereins für rheinische und westfälische Volkskunde gab er im Jahre 1910 dann auch zu bedenken, „... es sähe so aus, als ob der Fuchs vor dem Hasen zurückwiche“.
Aber nicht nur der Fuchs wurde vom Osterhasen verdrängt. Auch der Kuckuck, der unter anderem in der Schweiz seine Ostereier versteckte, fiel im Laufe der Zeit dem Osterhasen zum Opfer. Als Ostereierverstecker war der Kuckuck auch Martin Luther noch bekannt, als dieser über die „rot oder bunt gefärbten ... nach ihrem Glauben vom Osterhasen oder Kuckuck gelegten Eier ...“ schrieb, die die Kinder etwa im Garten suchen würden.
Im deutschsprachigen Raum waren dies jedoch noch lange nicht alle Tiere, die an Ostern im Einsatz waren: In Thüringen kannte man neben dem Kuckuck auch noch den Storch als Eierlieferanten, der dort mancherorts sogar heute noch dafür zuständig ist. In der Gegend um Braunschweig herum gab es den Auerhahn, in Westfalen auch noch den Kranich, in Nordschleswig gar den „Enterich“, der die Ostereier überbrachte. In Schleswig-Holstein und Böhmen übernahm die Osterhenne diese Aufgabe, die auch in Tirol die Ostereier versteckte.
Ein Hahn, der Eier legt
Selbst der Hahn war sich für das Legen der Eier früher anscheinend nicht zu schade, wie ein Patent vom 2. März 1894 zeigt. Dieses ließ sich Theodor Voss aus Magdeburg für ein Spielzeug patentieren „in der Form eines eierlegenden Hahnes oder eines sonstigen Tieres, welches, wie zum Beispiel der Osterhase, im Volksmunde durch geheimnisvolles Eierlegen bekannt geworden ist“.
Bei einer derartigen Anzahl von Ostereierüberbringern grenzt es fast schon an ein Wunder, dass sich der Osterhase bis heute erfolgreich durchsetzen konnte. Folgt man Experten wie dem Kulturwissenschaftler Gunther Hirschfelder von der Universität Regensburg, dann ist aber selbst der Osterhase eigentlich ein falscher Hase.
Dem Fachmann zufolge verdanken wir den Hasen nämlich einer frühen Bibelübersetzung aus dem Hebräischen. Im Originaltext sei eigentlich der Klippschliefer, ein winziger Verwandter des Elefanten gemeint gewesen, der aber in der Übersetzung zum Hasen geworden ist. Demnach müsste der Osterhase dann ja ein Osterklippschliefer sein, oder? Aber welches Kind kennt den hierzulande schon?
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