Affenpocken breiten sich aus - trotzdem keine Pandemie
Affenpocken breiten sich aus - trotzdem keine Pandemie
(mab/dpa) - Die Zahl der nachgewiesenen Fälle von Affenpocken wird in nächster Zeit weiter steigen. Damit rechnen die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und andere Experten. Um die Ausbreitung zu stoppen, sei es „dringend notwendig“, das Bewusstsein für die Virenerkrankung zu erhöhen, hieß es Samstagnacht von der WHO in Genf.
Außerdem müssten Fälle umfassend ausfindig gemacht und isoliert sowie Ansteckungswege rückverfolgt werden. Das klingt nur allzu vertraut. Für die Allgemeinheit sehen Experten dennoch keinen Grund zur Besorgnis: Es drohe keine neue Pandemie.
Luxemburg ist umzingelt, aber noch nicht betroffen
In Europa wurden bisher unter anderem Fälle gemeldet aus Spanien, Großbritannien, Italien oder der Schweiz. Auch Luxemburgs Nachbarländer sind betroffen: Deutschland, Frankreich, Belgien und die Niederlande. Die WHO berichtet mit Stand Samstag von rund 90 bestätigten Infektionen und 30 Verdachtsfällen in Ländern, in denen das in West- und Zentralafrika heimische Virus normalerweise nicht auftritt. Auch in Australien, Kanada und den USA gab es Nachweise der Erkrankung.
Luxemburgs Gesundheitsministerium hat am Samstag betont, dass noch keine Verdachtsfälle oder bestätigten Infektionen mit Affenpocken in Luxemburg registriert wurden. „Die Situation wird zusammen mit den europäischen Partnern sehr genau beobachtet“, so die Behörde.
Jeder Verdachtsfall und jede Person mit Symptomen, die auf Affenpocken hindeuten, sollte die Abteilung für Infektionskrankheiten des Centre Hospitalier de Luxembourg (CHL) aufsuchen, empfiehlt die Santé. Potenziell Betroffene sollten auf Aktivitäten mit engem Kontakt verzichten, bis eine Infektion definitiv ausgeschlossen wurde oder die Infektion abgeklungen ist.
Mehr Fälle, keine neue Pademie
„Eine neue Pandemie haben wir nicht zu befürchten“, sagte der Virologe Gerd Sutter von der Ludwig-Maxiliams-Universität München in einem am Samstag bei „Zeit Online“ veröffentlichten Interview.
Affenpockenviren sind andere Erreger als die Auslöser der Menschenpocken. Die Krankheit gehöre zu den Zoonosen, also Krankheiten, die immer wieder vom Tier auf den Menschen übergehen und sich kaum zwischen Menschen übertragen. „Da wir kaum mehr Immunität gegen die klassischen, seit über 40 Jahren in der Natur ausgerotteten Pockenviren haben, breiten sich aber auch die Affenpocken immer mal aus, aber lediglich punktuell. Das machen sie bei Weitem nicht so effizient wie die Grippe oder Sars-CoV-2“, sagte der Pockenvirologe.
Das ist eine Erkrankung, die meines Erachtens nicht das Potenzial hat, die Bevölkerung massiv zu gefährden.
Clemens Wendtner, Chefarzt der infektiologischen Klinik Schwabingen
Mit einem weiteren Anstieg der Infektionen rechnet auch Clemens Wendtner, Chefarzt der infektiologischen Klinik des Schwabinger Krankenhauses, wo der Münchner Patient behandelt wird. Die Krankheit verlaufe aber meist harmlos. „Allgemein geht man davon aus, dass die westafrikanischen Affenpocken eine Sterblichkeit von insgesamt einem Prozent haben, das betrifft vor allem Kinder unter 16 Jahren“, sagte Wendtner. „Das ist eine Erkrankung, die meines Erachtens nicht das Potenzial hat, die Bevölkerung massiv zu gefährden.“
Meist milde Symptome
Das Virus verursacht nach Angaben von Gesundheitsbehörden meist nur milde Symptome wie Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen und Hautausschlag. Zu den Risikogruppen gehören Menschen mit stark geschwächtem Immunsystem, etwa HIV-Patienten oder Tumorpatienten. Seit 2013 ist in der EU der Impfstoff Imvanex zugelassen. Die WHO will Experten einberufen, um mögliche Impfempfehlungen zu erörtern.
Reisebeschränkungen oder Absagen von Veranstaltungen in betroffenen Ländern sind aus Sicht der WHO derzeit nicht notwendig. Es könne bei Massenveranstaltungen zwar zu Ansteckungen kommen, Vorsichtsmaßnahmen gegen Covid-19 würden aber auch gegen Affenpocken wirken.
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