Wenn das Zuhause zur Bedrohung wird
Wenn das Zuhause zur Bedrohung wird
Die Polizei war im Jahr 2020 insgesamt 943 Mal im Einsatz, um Fälle von häuslicher Gewalt aufzuklären, wobei in 278 Fällen eine Wegweisung ausgesprochen wurde. Das entspricht einem Anstieg von 94 Einsätzen und 13 Wegweisungen im Vergleich zum Vorjahr. Eine Wegweisung besteht darin, dass der Täter sich dem Opfer in einem Zeitraum von 14 Tagen nicht nähern darf und kann bis zu drei Monate verlängert werden. Insgesamt ist die häusliche Gewalt im letzten Jahr um elf Prozent gestiegen. Dies gab Taina Bofferding (LSAP), Ministerin für Chancengleichheit, in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der Polizei bekannt.
Homeschooling und Gewalt gegen Minderjährige
Die Zahl der Opfer ist 2020 um 360 Personen aller Altersklassen im Vergleich zu 2019 gestiegen und beläuft sich für das Jahr 2020 auf insgesamt 1.697 Personen, wovon 60,28 Prozent Frauen und 39,72 Prozent Männer waren. Unter den Opfern wurden 356 Minderjährige gezählt, während es 2019 noch 195 waren. Dies sei auf das Homeschooling und die verlängerte Präsenz der Kinder zu Hause zurückzuführen. Kinder und Jugendliche zwischen null und 21 Jahren, die Opfer von häuslicher Gewalt wurden, werden seit 2017 von PSYea und ALTERNATIVES, zwei psychologischen Betreuungsstrukturen für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die Opfer von Gewalt wurden, betreut. Die meisten Fälle wurden bei Kindern im Alter zwischen sieben und zwölf Jahren gezählt.
Die Zahl der Täter ist um 150 Personen auf 1.356 gestiegen, wovon 70,35 Prozent Männer und 29,65 Prozent Frauen waren.
Steigende psychische Gewalt
Die Staatsanwaltschaften Diekirch und Luxemburg wurden mit insgesamt 1.640 Fällen befasst, was wiederum einem Anstieg von 4,91 Prozent im Vergleich zu 2019 entspricht. „Wir haben im Zusammenhang des Lockdowns einen starken Anstieg der häuslichen Gewalt erwartet und sind erleichtert, dass wir in Luxemburg das Schlimmste vermeiden konnten“, bekräftigt Ernest Nilles von der Staatsanwaltschaft in Diekirch.
Dies sei insbesondere auf die verstärkten Maßnahmen zurückzuführen, die mit dem Ausbruch der Pandemie und der damit einhergehenden eingeschränkten Bewegungsfreiheit vorgenommen wurden. Auch Olga Strasser von SAVVD, der Betreuungsstelle für Opfer von häuslicher Gewalt, unterstreicht die vielen Unsicherheiten während der Pandemie, wie eine mögliche Covid-19 Erkrankung, unsichere berufliche Aussichten oder/und soziale Isolation. Es sei angemerkt, dass psychische Gewalt mit 291 Fällen die körperliche Gewalt mit 264 Fällen übersteigt.
Potenzielle Täter betreuen
Um Tätern, welche mehrheitlich Männer sind, die Möglichkeit zu bieten, Hilfe zu bekommen, begleitet die Anlaufstelle des Roten Kreuzes „Riicht eraus“ sie dabei, entweder präventiv über Spannungen zu sprechen oder berät Verwiesene, wie sie mit Gewalttendenzen umgehen können, um den Gewaltakt zu vermeiden. Jedoch stellen 18 Prozent Rückfälle eine traurige Statistik dar. Fälle von häuslicher Gewalt werden mehrheitlich am Wochenende und in den Abendstunden gemeldet. Besonders viele Fälle wurden in Gemeinden mit einer hohen Einwohnerzahl verzeichnet, so in Luxemburg, Esch, Differdingen und Düdelingen.
Mit Informationskampagnen setze man verstärkt auf die „Enttabuisierung“ und Sensibilisierung rund um häusliche Gewalt, heißt es von Seiten des Ministeriums für Chancengleichheit. Es sei wichtig, besonders Jugendliche früh aufzuklären und so wolle man auch verstärkt mit dem Bildungsministerium zusammenarbeiten.
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