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„Vertrauen in die Justiz verloren“
Lokales 3 Min. 09.01.2015 Aus unserem online-Archiv
Am Rande des „Bommeleeër“-Prozesses

„Vertrauen in die Justiz verloren“

Charles Hoffmann 2013 als Zeuge im Bommeleeër-Prozess.
Am Rande des „Bommeleeër“-Prozesses

„Vertrauen in die Justiz verloren“

Charles Hoffmann 2013 als Zeuge im Bommeleeër-Prozess.
Photo:Anouk_Antony/WORT
Lokales 3 Min. 09.01.2015 Aus unserem online-Archiv
Am Rande des „Bommeleeër“-Prozesses

„Vertrauen in die Justiz verloren“

Der ehemalige Leiter des luxemburgischen Geheimdienstes, Charles Hoffmann, ist eigener Aussage nach von der luxemburgischen Justiz enttäuscht, nachdem seine Verleumdungsklage gegen den Anwalt Gaston Vogel gescheitert ist.

(mth) - Hintergrund der Affäre ist eine Aussage Gaston Vogels über Charles Hoffmann, welche dieser im Rahmen des „Bommeleeër“-Prozesses Anfang August 2013 in einem Interview mit dem „Luxemburger Wort“ gemacht hatte. Vogel, der im inzwischen auf unbefristete Zeit ausgesetzten Gerichtsverfahren den angeklagten Gendarmen Marc Scheer verteidigte, hatte den Wahrheitsgehalt bestimmter Aussagen Hoffmanns vor Gericht angezweifelt und diesen als Lügner bezeichnet.

Der frühere Geheimdienstchef sah dies als Angriff auf seine Ehre und strengte eine Verleumdungsklage gegen Vogel an. Nachdem der Prozess zweimal verschoben wurde, fand die Verhandlung schlussendlich am vergangenen 8. Dezember statt – nicht nur in Abwesenheit des Angeklagten, sondern auch jener seines Anwalts, so dass das Gericht entschied, aufgrund des ungerechtfertigten Fernbleibens der beklagten Partei, ein Versäumnisurteil („prononcé par défaut“) anzustreben – eine gerichtliche Entscheidung also, die gegen eine Partei ergeht, welche der öffentlichen Verhandlung entweder trotz ordentlicher Vorladung fernbleibt, oder es ablehnt, zur Sache zu verhandeln.

Die Richter gaben am 22. Dezember ihr Urteil bekannt und sprachen Vogel von dem Vorwurf der Verleumdung, beziehungsweise der Beleidigung im Sinne des betreffenden Gesetzestextes frei. Als Grund sahen die Richter einerseits die Tatsache, dass Vogels Aussagen lediglich vager Natur seien und sich ihr möglicher Wahrheitsgehalt dem Leser aufgrund der im besagten Interview veröffentlichten Informationen nicht erschließen könne. Die Grundvoraussetzung des Tatbestands der Verleumdung, nämlich dass eine Aussage über eine Tatsache, die als Umstand beweisbar oder wiederlegbar ist, war nach Ansicht der Richter also nicht gegeben. Vereinfacht gesagt: Vogels Aussage muss als Werturteil gesehen werden, da die Frage, ob er als Zeuge im Zusammenhang mit der Anschlagsserie in den 1980er Jahren gelogen hat oder nicht aufgrund der vorliegenden Informationen weder bejaht noch verneint werden kann. Auch den Vorwurf der Beleidigung wiesen die Richter zurück: Vogel habe zwar zweifellos auf „unnachgiebige und herabwürdigende“ Art Hoffmanns Aussagen als unwahr bezeichnet und damit sehr wohl darauf abgezielt, den Ex-Srel-Chef als unehrenhaft darzustellen. Eine Beleidigung im Sinne des Gesetzes sei jedoch in diesem Fall nicht gegeben, da Vogel sich im Rahmen eines laufenden Verfahrens und in seiner Rolle als Verteidiger eines der beiden Angeklagten geäußert habe. Damit falle die Beleidigungsabsicht weg, so die Richter, was einen Freispruch rechtfertige.

Charles Hoffmann zeigte sich nun in einem Leserbrief (siehe unten) schwer enttäuscht von der Justiz, die in dieser Sache ein „unverständliches und widersprüchliches Urteil“ gefällt habe und offenbar nicht daran interessiert sei, für Gerechtigkeit zu sorgen, wenn ein Magistrat oder ein Anwalt auf der Anklagebank sitze. Er verzichte darauf, in Berufung zu gehen, da er „jegliches Vertrauen in die Justiz verloren habe“, so Hoffmann zum „Luxemburger Wort“.

Der Leserbrief von Charles Hoffmann im Wortlaut:

La logique judiciaire est-elle un droit exclusif réservé aux juristes, aux avocats, et à la magistrature? Elle semble s'apparenter parfois à un illogisme plutôt qu'à une logique. Ainsi par exemple, dans le présent cas de figure, j'avais porté plainte contre Gaston Vogel pour des infractions de calomnie/diffamation. En effet, ce dernier avait affirmé au journal du «Luxemburger Wort» en date du 10 août 2013 «Den Hoffmann huet gelunn…». Comment comprendre  la phrase ci-après extraite de l'audience publique au pénal en date du 22 décembre 2014: «Si donc par le choix des mots et la tournure de la phrase, il paraît évident que Gaston Vogel a voulu porter atteinte à la réputation de Charles Hoffmann, on ne saurait pour autant en déceler une intention de nuire dans le chef de Gaston Vogel.» Cet argument contradictoire en soi a eu un effet décisif sur l'acquittement de Gaston Vogel. Si j'ose l’interpréter: Gaston Vogel a voulu porter atteinte à ma réputation, sans intention de me nuire? Que comprenne celui qui croit comprendre! Faire appel de ce jugement? Non merci! J’ai peur d’être débouté encore une fois et à grands frais par un nouvel illogisme judiciaire. No further comment!

Charles Hoffmann


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