Tote Zeugen reden nicht
Tote Zeugen reden nicht
(mth) - Es gibt eine Redensart, die besagt, dass wenn etwas zu gut klingt, um wahr zu sein, es wahrscheinlich genau das ist. So ist es auch mit der Geschichte von Gilbert Leurs, der am Mittwoch vor Gericht eine spektakuläre Aussagen machte, die den Schlüssel zur Bommeleeër-Affäre liefern würde – falls sie denn beweisbar wären.
Gilbert Leurs Behauptungen haben es in sich: Als Armeeangehöriger und Verantwortlicher der Telefonzentrale des Militärzentrums in Diekirch will er im Auftrag des Srel zwischen 1985 und 1986 dabei geholfen haben, Aufnahmegeräte zur Überwachung der Telefonverbindungen und später auch Wanzen zu installieren. Damit nicht genug: Wenige Monate später habe ein Srel-Mitarbeiter namens Armao ihm angeboten, das Kopfgeld für die Attentäter mit ihm zu teilen – im Austausch gegen die Information, wer hinter den Anschlägen stecke.
Leurs behauptet, der geheimnisvolle Agent habe ihm mitgeteilt, dass Prinz Jean von Nassau und die „Brigade Mobile“-Gendarmen Pierre Reuland, Jos Steil, der Angeklagte Marc Scheer sowie „zwei oder drei andere“ die Bomben gelegt hätten. Leurs erzählte weiter, er sei bei einem Treffen, an dem der Armee-Colonel Armand Bruck, der CSV-Politiker und Reserveoffizier Willy Bourg, ein Srel-Mitarbeiter sowie ein „Unbekannter, der etwas mit dem Hof zu tun haben könnte“ stark unter Druck gesetzt worden, nichts von seinem Wissen über die Anschläge preiszugeben. Man habe ihn gar gezwungen, ein Dokument zu unterschreiben, in dem er sich zum Stillschweigen verpflichtete.
Anschließend sei er jahrelang und bis zum heutigen Zeitpunkt von Unbekannten, die er für Srel-Agenten hält, bedroht worden. Angeblich zuletzt am Morgen vor seiner Zeugenaussage am Mittwoch, als er eine Patrone des Kalibers 357 Magnum in seinem Briefkasten gefunden habe – also jenem Kaliber, das in den Dienstwaffen der luxemburgischen Polizei benutzt wird.
Wenig bis keine Glaubwürdigkeit
Aussagen, die von Kriminalkammer, Verteidigung und Anklagevertretern gleichermaßen mit Skepsis betrachtet werden, da sie einen kleinen, aber entscheidenden Schönheitsfehler haben: sämtliche Personen, auf die sich Leurs in seinen Aussagen bezieht, sind wie Armand Bruck, Willy Bourg oder seine angeblichen Srel-Kontakte entweder mittlerweile verstorben oder nicht identifizierbar. Keine dieser Behauptungen sind also überprüfbar, materielle Beweise gibt es eben so wenig.
Ein Problem, das nicht behoben wird dadurch, dass die Erzählung von Leurs, der derzeit Polizeischutz genießt, nicht unbedingt ein Musterbeispiel an Kohärenz darstellt. Leurs selber gibt an, seit seinem „Denunziationsversuch“ im Jahr 1986 bedroht worden zu sein, er arbeitete jedoch bis 1991 weiter für die Armee und Colonel Bruck. Erzählungen von „maskierten Männern“, die ihm im Wald aufgelauert hätten und ihm sprichwörtlich die Pistole auf die Brust gesetzt hätten, oder einem Brandanschlag auf seinen Wagen, von dem die Polizei keine Akte finden kann, tragen nicht dazu bei, die Glaubwürdigkeit des Zeugen zu verbessern. Me Gaston Vogel, dessen Mandant Marc Scheer immerhin von Leurs direkt belastet wird, bezeichnete dessen Aussage gar als „völligen Quatsch“.
Der stellvertretende Staatsanwalt Georges Oswald informierte die Kriminalkammer am Ende der Anhörung, dass das schriftliche Protokoll des Zeugen Leurs an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet wird – sie gilt damit als Rechtsmittel im Rahmen einer möglichen Anklage wegen Meineids gegen Leurs.
Der Prozess wird am kommenden Montag mit der Anhörung von Ex-Srel-Direktor Charles Hoffmann und dem Generalsekretär der Abgeordnetenkammer Claude Frieseisen fortgesetzt.
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