Testen als Frühwarnsystem
Testen als Frühwarnsystem
Testen, testen, testen: dies bleibt das Leitmotiv der luxemburgischen Gesundheitsbehörden angesichts der Lockerungen im Zuge der Corona-Pandemie. "Nur durch systematisches Testen behalten wir einen permanenten Überblick über die aktuelle Prävalenz des Virus innerhalb der Bevölkerung. Und den brauchen wir, um eine weitere Öffnung und damit eine Normalisierung unseres täglichen Lebens mit dem Virus zu erreichen", so Gesundheitsministerin Paulette Lenert gestern.
Zusammen mit Hochschulminister Claude Meisch, dem Leiter des Luxembourg Institute of Health, Ulf Nehrbass, und dem Sprecher der Taskforce Covid-19, Paul Wilmes, lieferte Lenert weitere Details zu der nationalen Teststrategie. So stehe man mittlerweile weltweit an zweiter Stelle nach Island was die Testrate innerhalb der Bevölkerung betrifft. Allein die bisher durchgeführten rund 65.000 Tests per PCR-Methode, also der Identifikation der DNA, zeige, dass man es mit dieser Methodik ernst meine. Mit dieser Art Test, dem Abstrich in Hals oder Nase, kann eine Infektion nachgewiesen werden. Das Ziel sei dabei immer das gleiche: Positive Fälle erkennen, isolieren und Infektionsketten unterbrechen.
Drei Testkategorien
Laut Lenert würde man die Tests in drei Kategorien aufteilen: Einmal reaktiv bei Personen, die Symptome der Krankheit zeigen würden; dann aktiv, wie dies seit dem 20. April in den Alten- und Pflegeheimen geschieht. Bei den bisher getesteten 4.298 Einwohnern dieser Heime lag die Infektionsquote übrigens bei 4,8 Prozent. „Das ist eine sehr gute Quote, die es uns wiederum erlaubt, weitere Öffnungen zuzulassen“, so Lenert. Beim Personal lag die Quote bei 3,3 Prozent. Die dritte Kategorie von Tests schließlich betrifft die sogenannte Cluster-Prävalenz und das präventive Testen: " Sobald wir einen Aktivitätsbereich geöffnet haben, führen wir repräsentative Testreihen innerhalb dieser Gruppe durch. Wir wollen also verstehen, ob diese Öffnung Infektionsrisiken nach sich gezogen hat oder ob weitere Lockerungen problemlos möglich sind", so die Gesundheitsministerin. "Da uns jetzt genug Testmaterial zur Verfügung steht, können wir diese Tests alle zwei Wochen wiederholen."
Dies war zum Beispiel im Bauwesen der Fall, der als einer der ersten Aktivitätsbereiche geöffnet wurde. Die Prävalenz dort ging laut den neuersten Ergebnissen von 2,2 auf 0,8 Prozent zurück. Ähnliche Testreihen wurden im Bildungswesen, im Pflegebereich sowie in verschiedenen Handelsbranchen, welche bereits wieder aktiv sind, durchgeführt. Denkbar sind weitere Bereiche wie zum Beispiel Luxairport im Zuge der Wiedereröffnung des Flughafens und der Flugaktivitäten.
Da sämtliche Tests auf freiwilliger Basis ablaufen, appellierte Hochschulminister Claude Meisch an die Verantwortung eines jeden Bürgers: "Jeder einzelne kann dazu beitragen, das Wissen über das Virus zu verbessern und der gesamten Gesellschaft mehr Freiheit zu erlauben". Meisch erklärte anschließend das Konzept des sogenannten Large scale testing, also des großflächigen Testens ganzer Bevölkerungsgruppen, Einwohner und Grenzgänger eingeschlossen. Ab dem 26. Mai und mindestens bis zum 28. Juli sollen bis zu 20.000 Menschen täglich an insgesamt 19 Stationen im ganzen Land getestet werden. 17 Teststellen sind als Drive-trough ausgelegt, zwei als Walk & Bike-trough.
Großflächige Tests
"Die ausgewählten Personen werden angeschrieben, die Teilnahme ist freiwillig", so Claude Meisch. Die Bevölkerung wird dabei in drei große Risikogruppen eingeteilt, die nacheinander getestet werden sollen. In Gruppe eins fallen sämtliche Berufsgruppen, die einem relativ hohen Infektionsrisiko ausgesetzt sind, darunter medizinische Berufe, Friseure, Polizisten, Erzieher oder auch noch Personal aus dem Horeca-Bereich. In Gruppe zwei befinden sich Menschen, die gerade eben zurück an ihren Arbeitsplatz gekehrt sind. In Gruppe drei schließlich können regionale oder sektorielle Übereinstimmungen den Ausschlag geben. Die Gruppe gilt als "Landesschnitt", der wöchentlich getestet wird, sobald sämtliche Einschränkungen aufgehoben sind.
Wichtiges Frühwarnsystem
Laut Paul Wilmes sei die Beobachtung der einzelnen Risikogruppen fundamental: "Es ist sozusagen unser Frühwarnsystem, falls das Virus in einer bestimmten Gruppe wieder verstärkt auftaucht. Wir können dann diese Gruppe intensiver testen und notfalls verschiedene Lockerungsmaßnahmen wieder zurück nehmen." Auch Ulf Nehrbass, Leiter des Luxembourg Institute of Health, warnte vor dem Prevention paradox: "Da die Vorbeugung so gut funktioniert hat, sind viele jetzt im Glauben, das Virus wäre weg. Dem ist aber nicht so."
Das belegen auch die bisherigen Zahlen der Convince-Studie, die ebenfalls Antikörper, also überstandene Krankheitsverläufe, anzeigt. Laut derer wurden nur in 1,9 Prozent der Proben Antikörper gefunden. Für eine Herdenimmunität wären aber 70 Prozent notwendig. Vorausgesetzt, man ist nach überstandener Krankheit wirklich längere Zeit immun.
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