Suchtberatung via App
Suchtberatung via App
Der Handybildschirm erscheint in einem warmen Orange-Farbton. In der Mitte ist zu lesen "Unterstützung bei Suchtproblemen", darunter vier Kästen:
- Online Beratung
- Tagebuch
- Selbst-Test
- Information.
Es handelt sich hierbei um eine neue Beratungs-App, die am Donnerstag von drei Akteuren, die seit vielen Jahren im Bereich der Drogenhilfe und -prävention tätig sind, lanciert wurde: der Stiftung Jugend- an Drogenhëllef (JDH), dem Centre de prévention des toxicomanies (CePT) und dem Jugenddienst Impuls.
Technisch umgesetzt wurde die Anwendung von der luxemburgischen Web-Agentur Lightbulb. Das neue Projekt wird in den kommenden zwei Jahren von der Oeuvre nationale de secours Grande-Duchesse Charlotte finanziert. Dann wird voraussichtlich wohl das Gesundheitsministerium die Finanzierung übernehmen.
Was den Nutzer erwartet
"Ziel ist es, den Nutzern eine professionelle Beratung in vollster Anonymität anzubieten. Denn für viele Süchtige ist die Hemmschwelle zu groß, um sich in einer Dienststelle persönlich von einem Experten beraten zu lassen", erklärt Günter Biwersi, beigeordneter Direktor der Stiftung Jugend- an Drogenhëllef.
Eine Digitalisierung der Beratung ist Biwersi zufolge wichtig, damit sich Betroffene leichter an das Thema Drogensucht herantrauen. "Es geht um die Enttabuisierung. Wir wissen, dass es einigen leichter fällt, ihre Probleme in Worte zu fassen, wenn sie sich dabei hinter einem Bildschirm verstecken können. Diese App soll eine erste, vereinfachte Kontaktaufnahme möglich machen, damit mehr Beratungsgespräche zustande kommen."
Wie es funktioniert
Die neue Anwendung ist ganz leicht zu bedienen. Auf der Startseite kann der Nutzer auswählen, ob er die Anweisungen auf Französisch oder Deutsch haben möchte. Im Kernfeld der App, also dem Bereich "Online Beratung", haben Nutzer die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Dafür müssen sie sich allerdings zunächst einmal einloggen - dies jedoch nur mit einem Benutzernamen (auch Pseudonyme möglich) und einem Passwort.
"Die Kontaktaufnahme ist anonymisiert. Keiner muss zum Einloggen seinen richtigen Namen eingeben. Die Fragen landen dann auf einer internen, nicht öffentlichen Plattform, auf die acht erfahrene Psychotherapeuten - vier von Jugend- an Drogenhëllef und vier von Impuls - Zugang haben. Einer davon formuliert - voraussichtlich binnen 48 Stunden - eine ausführliche Antwort, die vor dem Absenden von einem anderen Kollegen gegengeprüft wird", erklärt René Meneghetti, Leiter von Impuls.
Derzeit sei eine direkte Chat-Funktion noch nicht möglich, so Meneghetti. "Das ist aber ein Punkt, den wir für die Zukunft nicht ausschließen wollen. Natürlich müsste dann ein kompletter 24-Stunden-Service mit mehr Mitarbeitern auf die Beine gestellt werden. Das ist in einer ersten Phase so nicht möglich. Unser Beratungsteam wird erstmal nur an normalen Bürostunden arbeiten und auch nicht am Wochenende", erklärt der Impuls-Direktor weiter.
Testen, ob man süchtig ist
Auf dem Feldbereich "Selbst-Test" können die Nutzer, ohne sich einloggen zu müssen, ihre Konsumgewohnheiten überprüfen und bewerten lassen. Ihnen stehen derzeit sechs Produkte zur Auswahl: Alkohol, Cannabis, Heroin, Kokain, Tabak oder neue psychoaktive Substanzen wie etwa Ecstasy. Es könnten, je nachdem wie sich die neue App bewährt, in Zukunft noch weitere Punkte wie etwa die Spiel- oder Esssucht hinzukommen.
Ob tatsächlich ein Suchtproblem existiert, findet der Nutzer zum Schluss des Tests heraus. Nach den Fragen kommt nämlich das Resultat: Der Betroffene liegt entweder im grünen, im gelben oder im roten Bereich. Er wird je nach Fall darauf hingewiesen, professionelle Hilfe - beispielsweise über die Beratungsfunktion der App- aufzusuchen. Auch kann er das Ergebnis des Tests je nach Wille abspeichern, um es eventuell später einem Berater vorzulegen.
Weitere nützliche Informationen zu den Themen Sucht, Substanzen und Suchtprävention erhalten die App-Nutzer auf dem Feld "Information". Diese werden vorwiegend von Mitarbeitern des Centre de prévention des toxicomanies (CePT) zusammengestellt. Als guter Letzt haben Betroffene auch die Möglichkeit via App ein sogenanntes Konsumtagebuch zu führen. Dieses kann zur eigenen Problemerkennung nützlich sein oder bei der Zusammenarbeit mit den Beratern dienen.
Breites Publikum
Mit der neuen App erhoffen sich die drei Partner, dass ein breites Publikum angesprochen wird. Hauptzielgruppe sind Jugendliche und Erwachsene, die von Suchtproblemen betroffen sind, aber auch Familienmitglieder, die sich um die Gesundheit eines Angehörigen sorgen, sind auf der App willkommen. "Wir hoffen, dass auch die Freunde, Eltern und Lehrer von Betroffenen den Schritt wagen, und uns via App Fragen stellen. Wir wollen nämlich so vielen Menschen wie möglich in Luxemburg helfen", meint Günter Biwersi.
In seinen Augen werden in den kommenden Jahren sowieso viele Fragen zum Thema Drogenkonsum aufkommen. "Mit der künftigen Legalisierung des Cannabis wird es mit Sicherheit einen Anstieg an Konsumenten geben, die dementsprechend auch viele Fragen haben werden", so Biwersi. Und auch René Meneghetti ist sich sicher: "Fragen zum Thema Drogen wird es immer geben. Derzeit schlägt der erhöhte Kokainkonsum in Luxemburg Wellen. Wir haben bereits 14- und 15-Jährige, die regelmäßig konsumieren. Das ist eine Problematik, die wir in den Griff bekommen möchten."
