Staatsvisite in Wien: Bankgeheimnis bleibt Thema
Staatsvisite in Wien: Bankgeheimnis bleibt Thema
(alex) - Das Bankgeheimnis lässt die Österreicher nicht los. Die indirekt durch Luxemburg ausgelöste Debatte erhitzt weiterhin die Gemüter und mausert sich zum Wahlkampfthema. Nachdem die Presse am Montag bereits Außenminister Asselborn und seinen Amtskollegen Spindelegger in die Mangel genommen hatte, waren am Dienstag die Wirtschaftsminister an der Reihe.
„Wir spüren das seit langem“, beantwortete Wirtschaftsminister Etienne Schneider die Frage, seit wann die Luxemburger Regierung denn gewusst habe, dass sie das Bankgeheimnis abschaffen wolle. Der Moment sei möglicherweise „unglücklich“ gewählt gewesen, fügte Schneider hinsichtlich der Staatsvisite hinzu.
Informationsaustausch für Ausländer
Vielleicht habe der Finanzminister sich auch „undelikat“ ausgedrückt, was zu einem Schneeballeffekt geführt habe. Jedenfalls sei es keine Absicht gewesen, Österreich durch diese „unvorsichtige Ankündigung“ in Bedrängnis zu bringen. Vielmehr handele es sich um ein Kommunikationsproblem zwischen beiden Ländern. Denn: „In der Position liegen wir nicht weit voneinander“.
Luxemburg führt den automatischen Informationsaustausch lediglich für Ausländer ein – nicht für Bewohner des Großherzogtums. Auch Österreich will das Bankgeheimnis für Inländer bewahren. In punkto Steueroasen herrscht ebenfalls Einigkeit: „Wir müssen jetzt sehen, was mit den richtigen Steueroasen passiert.“ Es könne ja nicht sein, dass der deutsche Finanzminister Schäuble nur „unter vier Augen“ mit Großbritannien über das Thema reden wolle.
Tatsächliche Steueroasen bekämpfen
Dem kann der österreichische Minister Mitterlehner nur beipflichten: „Der automatische Informationsaustausch ist eine Verhandlungsfrage in Verbindung mit der Bekämpfung tatsächlicher Steueroasen wie den Cayman Islands“. Österreich sei noch immer der Meinung gewesen, dass Steuerhinterzieher nicht geschützt werden sollten. Der sichtlich vom Thema genervte Minister wünscht sich in den kommenden Wochen eine sachliche Diskussion.
Eigentlich waren die beiden Wirtschaftsminister zusammen gekommen, um über Themen der Realwirtschaft zu reden. Ziel ist es, die Geschäftsbeziehungen in manchen Bereichen zu verstärken. „Bislang ist das Volumen unserer Handelsströme unwichtig“, sagte Schneider. Da gäbe es noch Luft nach oben. „Wir wünschen uns, dass unsere Betriebe Handwerksleistungen im thermischen Bereich in Luxemburg anbieten können“, nannte Mitterlehner ein Beispiel.
Österreichische Wirtschaft diversifizieren
Die österreichische Wirtschaft müsse sich – wie die luxemburgische auch – diversifizieren. „Und zwar sowohl räumlich als auch auf Produktebene“, erklärt der Minister. Die Alpenrepublik sei zu sehr von der Automobilindustrie und Europa abhängig.
Beide Minister wollen aber auch auf EU-Ebene an einem Strang ziehen. Das gilt insbesondere für die Energiepolitik. Luxemburg und Österreich einigen mehrere Punkte: Einerseits haben sie keine Atomzentralen auf ihrem Hoheitsgebiet, andererseits liegt ihnen ob ihrer Größe viel am Ausbau grenzüberschreitender Gas- und Stromleitungen.
Europäische Standortpolitik erforderlich
Beim Thema CO2-Zertifikate seien die Positionen ebenfalls ähnlich.“Verschmutzung soll nicht belohnt werden“, sagte Mitterlehner. Die europäische Industrie dürfe aber auch nicht gegenüber dem Rest der Welt benachteiligt werden. Mitterlehner kann sich eine temporäre Preisschwelle der Zertifikate vorstellen, ist aber gegen das so genannte Backloading von Zertifikaten. Das EU-Parlament lehnte eine solche Herausnahme von Zertifikaten aus dem Emissionshandel ebenfalls am Dienstag ab.
Im Energiebereich müsse die EU auch dem Paradigmenwechsel in den USA Rechnung tragen: „Der österreichische Stahlkonzern Voestalpine investiert 500 Millionen Euro in ein neues Werk in den USA, weil die Kosten dort 25 Prozent niedriger als in Europa sind“, gibt der Präsident der österreichischen Wirtschaftskammer Christoph Leitl zu bedenken. „Wir brauchen eine europäische Standortpolitik“, sagt er. „Wer keine industrielle Basis hat, gibt sich selbst auf“, ist er überzeugt.
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