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Srel ließ nach dem Anschlag auf den Justizpalast Schaulustige fotografieren
Lokales 3 Min. 13.03.2014 Aus unserem online-Archiv

Srel ließ nach dem Anschlag auf den Justizpalast Schaulustige fotografieren

Schaulustige nach dem Anschlag am 19. Oktober 1985 vor dem Justizpalast in Luxemburg: LW-Fotograf Lé Sibenaler übergab die Fotos dieser Serie später an einen Mitarbeiter des Srel.

Srel ließ nach dem Anschlag auf den Justizpalast Schaulustige fotografieren

Schaulustige nach dem Anschlag am 19. Oktober 1985 vor dem Justizpalast in Luxemburg: LW-Fotograf Lé Sibenaler übergab die Fotos dieser Serie später an einen Mitarbeiter des Srel.
(Foto: Lé Sibenaler)
Lokales 3 Min. 13.03.2014 Aus unserem online-Archiv

Srel ließ nach dem Anschlag auf den Justizpalast Schaulustige fotografieren

Die Zeugenaussage von Lé Sibenaler wirft Fragen zu den Aktivitäten des Srel auf. Der Pressefotograf machte für den Geheimdienst Fotos von den Schaulustigen nach dem Anschlag auf den Justizpalast.

(mth) - Die Zeugenaussage des ehemaligen LW-Fotografen Lé Sibenaler am Donnerstag warf unter anderem neue Fragen zu den Aktivitäten des Srel während den Anschlägen auf. Offenbar hatte ein Mitarbeiter des Geheimdienstes den Pressefotografen angeheuert, um Fotos von den Schaulustigen nach einem Anschlag zu machen. Auch die von Sibenaler beschriebene Reaktion einiger Offiziere nach dem Attentat sorgte vor Gericht für Stirnrunzeln.

Es sei der mittlerweile verstorbene Srel-Mitarbeiter Roger Lugen gewesen sei, der ihn gebeten habe, „beim nächsten Mal, wo etwas vorkomme“ doch Fotos von den Personen am Tatort zu machen, sagte Lé Sibenaler gestern vor Gericht aus. Warum er an den Fotos interessiert gewesen sei, habe Lugen, den er aus einem anderen Zusammenhang kannte, nicht gesagt. Zur Übergabe der Fotos, die nach dem Bombenanschlag auf den Justizpalast am 19. Oktober 1985 entstanden, sei es am so genannten „Fräiheetsbam“ gekommen, einem beliebten Festgelände am Rande des Bambësch zwischen Bridel und Strassen. Sibenaler, der angab, „sich später geschämt zu haben, da er sich wie ein Spitzel vorgekommen sei“ bekam 100 Luxemburger Franken als Lohn. Danach habe er nie wieder einen Auftrag vom Srel bekommen.

Stellte der Srel doch eigene Ermittlungen an?

Eine Aussage, die das Gericht und die Verteidigung ebenso stutzig machte, wie den stellvertretenden Staatsanwalt Georges Oswald, der den Zwischenfall als Hinweis dafür wertete, dass der Srel sich entgegen der bisherigen Darstellung früherer Geheimdienst-Mitarbeiter explizit mit dem Fall beschäftigte: „Ich möchte wissen, was der Srel während den Anschlägen getan hat. Ich glaube nicht daran, dass dort nur Zeitungsartikel gesammelt wurden“. Hier bleiben demnach viele Fragen offen, die in der Folge des Prozesses eine Rolle spielen dürften.

Die Unterlagen aus dem zweiten Archivbestand des Geheimdienstes aus Senningen, die dem Gericht demnächst zugänglich gemacht werden dürften, könnten auch diesen Aspekt des Falles beleuchten, da ab dem 19. März auch das verwandte Thema Stay Behind im Prozess zur Sprache kommen soll. In diesem Zusammenhang will die Verteidigung nicht nur wie bereits am Mittwoch angekündigt den italienischen Richter Felice Casson und den früheren luxemburgischen Außenminister Facques F. Poos anhören, sondern unter anderem auch erneut den ehemaligen Srel-Direktor Charles Hoffmann.

Am Abend des Anschlags auf den Justizpalast machte Sibenaler laut eigener Aussage eine weitere interessante Beobachtung. Er sei am besagten Abend mit dem LW-Journalisten Josy Lorent auf dem Empfang des Erzbischofs im Rahmen des Papstbesuchs gewesen, wo auch viele Offiziere der Sicherheitskräfte zugegen waren.

Lautes Gelächter nach dem Anschlag

Nach der Explosion am Justizpalast, die gut zu hören war, seien sie zu einer Gruppe von Offizieren um Marc Zovilé gegangen, um diese zu informieren. Statt Betroffenheit zu zeigen oder gar zu handeln, seien die Offiziere jedoch in lautes Gelächter ausgebrochen. Ein Verhalten, das nicht nur alle Anwesenden vor Gericht stutzig machte, sondern von Me Gaston Vogel als Hinweis einer möglichen Mittäterschaft gewertet wurde.

Die Sicherheitskräfte reagierten offenbar nach dem Anschlag nicht besonders schnell, wie eine weitere Aussage Sibenalers nahelegt. Er berichtete, dass er zusammen mit Lorent am Tatort eingetroffen sei, bevor dieser abgesperrt war. Die Journalisten konnten sich frei im Gebäude bewegen und Fotos machen, bevor die Ordnungshüter und Ermittler eintrafen.

Eine weitere Aussage des Zeugen Sibenaler könnte in der Folge der erneuten Ermittlungen um die Anschläge eine wichtige Rolle spielen.

Scheer und Wilmes waren bei den Kasematten

Dabei geht es um das Foto, das Sibenaler am 5. Juli 1985 nach dem Anschlag auf die Kasematten machte. Auf dem Bild sind zwei Männer im Gendarmerie-Drillich zu sehen: Der Angeklagte Marc Scheer und ein großgewachsener, hagerer Mann. Im Prozess behaupteten sowohl der zweite Angeklagte Jos Wilmes wie auch der als Zeuge angehörte ehemalige Gendarm Marcel Weydert, der Mann auf dem Bild zu sein. Lé Sibenaler räumte am Donnerstag jegliche Zweifel aus: Er sei sich sicher, dass er an jenem Abend Wilmes, der ihm damals bekannt gewesen sei, zusammen mit Scheer fotografiert habe.

Eine klare Aussage, die Weydert, der bereits mehrmals angehört wurde und sich dabei in zahlreiche Widersprüche verstrickte, weiter belasten dürfte.


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