Schule am Küchentisch: Eltern ziehen Zwischenbilanz
Schule am Küchentisch: Eltern ziehen Zwischenbilanz
Die Klingel bleibt stumm. Keine Kreide quietscht mehr beim Schreiben auf der Tafel und Schulbänke müssen keine Unfälle mit Tintenpatronen mehr befürchten. Denn seit nunmehr anderthalb Wochen findet Schule ganz anders statt: Die Lehrer heißen jetzt Mama und Papa und der Klassenraum sind die eigenen vier Wände. Doch wie gehen Eltern mit der neuen Situation und der neuen Verantwortung um? Das „Luxemburger Wort“ hat nachgefragt und gibt Tipps, wie man die gewonnene Zeit sinnvoll nutzt.
Für Nadine Schartz waren die ersten Tage nicht ohne Tücken: „Der Start war noch etwas holprig. Die Situation hat ja jeden, ob Eltern oder Lehrer, in eine ungewohnte Lage gebracht. Wir mussten uns alle umstellen.“ Vor allem der Wegfall des gewohnten Rhythmus sei am Anfang nicht so leicht gewesen, so die zweifache Mutter. „In den ersten Tagen ging es vor allem darum, den Kindern eine klare Struktur zu geben“, erklärt Schartz.
Eine Erfahrung, die auch Michelle Weber aus Dickweiler gemacht hat. Die dreifache Mutter versucht dabei den Unterricht zu Hause klar von der Zeit für sich zu trennen. Teils mit sehr kreativen Methoden: „Morgens, wenn wir anfangen, lasse ich eine Klingel auf meinem Handy erklingen, dann wissen die Kinder, dass jetzt gelernt wird.“
Eine feste Struktur schaffen
Nathalie Keipes, Direktorin des Centre psycho-social et d'accompagnement scolaires (Cepas), unterstreicht die Wichtigkeit solch eines klaren Tagesablaufs für die Kinder: „Es ist für jeden Neuland. Umso wichtiger ist es, von Beginn an feste Abläufe festzulegen. Das beginnt damit, dass Kinder und Eltern morgens die gleiche Routine beibehalten: Gemeinsam aufstehen, sich anziehen und frühstücken. Beim Unterricht zu Hause ist es ratsam, immer zur selben Tageszeit und für eine vorher festgelegte Dauer zu lernen.“
Ein Rat, den auch Joyce Aniset aus Schoos bei ihren Söhnen Antoine und Mathieu beherzigt: „Wir frühstücken gemeinsam und dann geht es los. Mathieu ist erst fünf, Antoine drei, deshalb machen wir gewöhnlich nicht mehr als eine Stunde für die Schule. Wir bekommen Aktivitäten geschickt, aber das Lehrpersonal passt auf, dass die Kinder nicht überlastet werden.“ Ähnlich halten es auch Nadine Schartz und Michelle Weber. Die Mutter aus Herborn berichtet: „Morgens lernen wir immer zwei bis drei Stunden. Wir haben auch regelmäßigen Kontakt mit den Lehrern, die uns Tagespläne schicken. Meine Tochter Liz ist neun, da haben wir dann meistens schon genug zu tun.“ Michelle Weber hat die Schule zu Hause auch auf den Morgen gelegt: „Wir fangen morgens etwa um 9 Uhr an und lernen dann um die zwei Stunden, mit Pausen.“
Für alle Eltern ist der Spagat zwischen Eltern- und Lehrerrolle sicherlich eine Umstellung. So sei es mitunter schwierig, die Kinder zu überzeugen, dass die Eltern jetzt für die Schule zuständig sind, erklärt Michelle Weber.
Sich nicht unter Druck setzen
„Mein Sohn hat sich schon beklagt, dass ich viel strenger sei als die Lehrerin“, gibt die Mutter aus Dickweiler zu. Auf jeden Fall habe sie jetzt noch viel mehr Respekt vor dem Schulpersonal, das das jeden Tag leisten müsste, so Michelle Weber weiter. Hinzukommt, dass ihr Sohn erst im ersten Schuljahr sei: „Ich setze mich schon ein wenig unter Druck. Man fragt sich, wie lange diese Situation noch andauern soll. Dazu kommt die Angst, dass das eigene Kind den Anschluss verlieren könnte.“
Ängste, die man beim Cepas zu nehmen versucht. Direktorin Nathalie Keipes rät Eltern, die Ansprüche an sich selbst nicht Überhand nehmen zu lassen: „Es ist eine Ausnahmesituation. Niemand kann von Eltern verlangen, dass sie die Schule ersetzen müssen. Deshalb ist es in dieser Zeit auch so wichtig, dass der Spaß mit den Kindern nicht zu kurz kommt: Man soll zusammen lachen und raus in die Natur gehen.“
Sollte es den Eltern doch einmal zu viel werden, hat man beim Cepas eine Hilfe-Hotline (8002-9090) eingerichtet, bei der sowohl Eltern als auch Lehrer Rat finden können. Die neue Situation kann man aber auch als Chance begreifen. Nadine Schartz erklärt: „Es ist doch auch schön, wenn man so viel Zeit mit den Kindern verbringen kann. Wir gehen mittags meist raus in die Natur, das ist etwas, was sonst im Alltag viel zu kurz kommt.“
Joyce Aniset sieht noch einen anderen Vorteil: „Wenn ich mit Mathieu lerne, lernt Antoine, sein jüngerer Bruder, gleich mit. Er versucht, seinen Bruder zu imitieren. Das ist doch eine ganz natürliche Art des Lernens.“ Es gebe sicherlich auch Familien, die auch jetzt schlicht nicht die Zeit hätten, sich so intensiv mit ihren Kindern zu beschäftigen, gibt die junge Mutter zum Schluss zu bedenken.
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