Reuland bleibt bei seiner Aussage
Reuland bleibt bei seiner Aussage
(mth) - Der Großteil der dreistündigen Sitzung bestand in der Verlesung des 107 Seiten starken schriftlichen Protokolls der Gegenüberstellung Pierre Reulands mit seinem ehemaligen Stellvertreter bei der Polizei, Guy Stebens, den beiden früheren Ermittlern Georges Zenners und Alain Thill sowie dem ehemaligen Srel-Agenten Armand Kaudé. Alle drei hatten am 19. Dezember 2013 vor Gericht unter Eid Aussagen gemacht, die jenen von Reuland widersprachen.
Durch ihre Unterschriften haben die Zeugen gestern das Dokument zum rechtswirksamen Mittel im Rahmen einer möglichen Anklageerhebung gegen Reuland gemacht, gegen den zumindest inoffiziell der Verdacht vorliegt, er habe wissentlich und unter Eid als Zeuge Aussagen vor Gericht gemacht, die nicht der Wahrheit entsprechen.
Dies würde laut Artikel 215 des Strafgesetzes den Tatbestand des Meineids erfüllen, der in Luxemburg mit einer Freiheitsstrafe von fünf bis zehn Jahren geahndet werden kann.
Reuland und die Geiben-Observierung
Im Mittelpunkt der Aussagen stand die fehlgeschlagene Observierung des ehemaligen „Brigade Mobile“-Kommandanten Ben Geiben am Tag des Anschlags auf den Justizpalast, dem 20. Oktober 1985. Die Umstände, die zu dieser schwer nachvollziehbaren Panne führten, werden von den Ermittlern als Schlüssel zur Bommeleeër-Affäre angesehen, da sie Rückschlüsse darüber liefern könnten, wer die vermutlich aus den Reihen der Sicherheitskräfte stammenden Attentäter waren und durch wen sie gedeckt wurden.
Reulands Problem liegt darin, das insgesamt fünf Zeugen aussagten, dass Reuland als Geibens Nachfolger an der Spitze der Spezialeinheit, bei der Observierung eine Schlüsselrolle gespielt habe. Reuland selbst bestreitet dies jedoch seit seiner ersten Vernehmung durch die Ermittler und blieb auch vor Gericht bei seiner Version: er sei gar nicht in die Beschattungsaktion eingebunden gewesen und habe auch nichts von den Ermittlungen gegen Geiben gewusst.
Reulands grotesk widersprüchliche Aussagen lassen den Verdacht aufkommen, dass er eine Verurteilung wegen Falschaussage dem vorzieht, was ihm blühen könnte, wenn er vor Gericht erklären müsste, welche Rolle er im Zusammenhang mit der Observierung genau spielte. Dass nämlich Reulands zweiter Mann bei der Brigade Mobile, der 2007 verstorbene Jos Steil, im Zusammenhang mit mehreren Anschlägen dringend als Tatverdächtiger anzusehen ist, steht mittlerweile außer Frage. Im Rahmen der fehlgeschlagenen Observierung weist zudem vieles darauf hin, dass Steil das Überwachungsteam gezielt in die Irre führte.
Die Frage an Reuland wäre in diesem Fall also gewesen, warum er Steil nicht daran hindern konnte, die Ermittler zu sabotieren, oder ob er dies vielleicht bewusst nicht tat – eine Frage also, die ihm je nach Antwort wesentlich mehr Ärger hätte einbringen können, als eine Falschaussage.
Nach Ostern: Biever vs. Fischbach
Die Verteidigung hat gestern drei Anträge eingereicht, die sich auf die Sitzung am Mittwoch beziehen, in der unter anderen Ex-Minister Fischbach und der ehemalige Armeekommandant Gretsch ausgesagt hatten. Einem der Anträge, in dem eine Gegenüberstellung vor Gericht zwischen dem Generalstaatsanwalt Roby Biever und dem ehemaligen Minister Marc Fischbach gefordert wird, wurde von der Kriminalkammer stattgegeben.
Biever soll nach der Osterpause seine Aussage, „hochgestellte Persönlichkeiten“ steckten hinter den Anschlägen, erläutern. Ein zweiter Antrag betraf die Zulässigkeit so genannter „Aktennotizen“ von Ermittlern als Nachweis vor Gericht – die Verteidigung lehnt deren Einsatz strikt ab. Im dritten Antrag wird wie bereits zuvor im Prozess die Zuständigkeit des Gerichts in Frage gestellt, da Gretschs Aussagen auf ein militärisches Motiv der Attentate hinweisen würden.
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