Polizeidirektor mit flammendem Plädoyer für Bodycams
Polizeidirektor mit flammendem Plädoyer für Bodycams
Am 5. Oktober, dem Tag des heiligen Michael, Schutzpatron der Polizei, wird vorrangig der im Dienst umgekommenen Beamten gedacht. Traditionell richten sich an diesem Tag aber auch der Polizeidirektor und der Minister für innere Sicherheit an das Korps.
Am Dienstag nutzte der Generaldirektor der Polizei, Philippe Schrantz, diese Gelegenheit aber nicht nur dafür, seinen Beamten eingehend für ihren schwierigen Einsatz während der Pandemie zu danken, sondern auch für ein eindringliches Plädoyer für den Einsatz von Bodycams.
„Als ob unser Job nicht schon schwierig genug wäre, wird die Polizei heutzutage ganz gleich wo, ganz gleich in welcher Situation und ganz gleich von wem gefilmt“, setzte Schrantz an. „Es gibt quasi keinen Einsatz im öffentlichen Raum, ohne dass irgendwer dabei fotografiert oder filmt.“
„Shitstorms gegen einzelne Beamte“
Mit der Bildaufnahme sei es nicht getan. Die Bilder würden teils sofort in sozialen Medien verbreitet – oft nachdem sie bearbeitet wurden. „Daraus entstehen dann sogenannte Shitstorms gegen einzelne Beamte, wie auch gegen die Polizei als Korps“, fuhr der Polizeichef fort. „Wir haben einen sehr breiten Rücken, aber wenn es zu weit geht, dann reichen wir als Generaldirektion auch schon mal Strafanzeige im Namen des Korps ein.“
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In solchen Situationen würden immer wieder zwei Werkzeuge genannt, die für die Polizei eine mögliche Hilfe sein könnten: Die Visupol-Kameraüberwachung und Bodycams. Diese würden Polizei, Justiz und auch Generalinspektion unbearbeitete Bilder von heiklen Situationen verschaffen. Visupol habe nun in diesem Jahr einen rechtlichen Rahmen erhalten.
Schutz für Polizisten - Transparenz für Bürger
„Bodycams können nun eine weitere Möglichkeit sein, um Situationen zu entschärfen, die zu eskalieren drohen“, sagte Schrantz und dürfte sich dabei vorrangig an die knapp zwei Dutzend Abgeordnete gerichtet haben, die beim offiziellen Empfang zur Patronatsfeier der Polizei im hauptstädtischen Theater in der ersten Reihe standen.
„Es ist ein Werkzeug, das beiden Seiten dienen kann: Schutz für den Polizisten und Transparenz für den Bürger“, führte Schrantz weiter aus. „Im Ausland sind diese Kameras bereits im Einsatz und die Erfahrungswerte scheinen gut zu sein. Aber der gesetzliche Rahmen muss stimmen und für Bürger und Polizisten nachvollziehbar sein.“ Bei entscheidenden Fragen müsse es Klarheit geben: Wann zeichnet die Kamera auf? Was geschieht mit den Bildern? Wer darf sie herunterladen? Wer darf sie sehen? Wo und wie lange werden sie gespeichert?
Kontrolle als Vertrauensverstärker
Man wolle als Verwaltung in der Mitte der Gesellschaft stehen und nicht nur am Rand. „Zesumme fir Iech“ sei nicht nur ein Slogan. „Und wir wollen, dass das Vertrauen der Bürger in unsere Verwaltung groß ist“, so Schrantz. „Deshalb ist es wichtig, dass die Polizei mehr als andere öffentliche Akteure kontrolliert wird. Die Polizei soll als saubere Verwaltung dastehen. Es geht um unsere Glaubwürdigkeit.“
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Dass ein Polizeichef sich bei einer offiziellen Ansprache so vehement für ein bestimmtes Einsatzmittel für die Beamten einsetzt, dürfte eine Premiere sein. Insidern zufolge kommt diese Insistenz auch nicht von ungefähr. Die Polizeidirektion sei sehr an den Bodycams für Polizisten interessiert, das Dossier sei aber noch immer auf dem gleichen Stand wie vor drei Jahren. Und ein tatsächliches Vorankommen sei nicht in Sicht.
Kox: Beratungsgespräche laufen noch
Der Minister für innere Sicherheit, Henri Kox (Déi Gréng), ging bei seiner Ansprache im Anschluss auch auf die Frage der stationären und mobilen Überwachungskameras ein. Visupol und Bodycams könnten zum subjektiven Sicherheitsgefühl beitragen, allerdings müssten sie immer im Rahmen des Rechtsstaats eingesetzt werden - um Missbrauch zu verhindern und die Privatsphäre der Menschen zu schützen. Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit müssten durch strenge Reglementierung garantiert werden - so wie es nun bei Visupol bereits der Fall sei.
„Im Fall der Bodycams laufen derzeit noch Beratungsgespräche, um auch hier eine solide gesetzliche Grundlage zu schaffen“, betonte Henri Kox. „Unter anderem wurden Experten aus den Nachbarländern befragt, um deren Erfahrungen nutzen zu können.“ Der gesetzliche Rahmen solle deswegen auch zeitnah mit der Polizei besprochen werden.
„Auch wenn diese beiden Werkzeuge Vorteile bringen, wie etwa ein verstärktes Sicherheitsgefühl bei den Menschen, muss jedoch beachtet werden, dass sie für sich alleine zwar nützlich sind, aber nur ein Teil eines übergreifenden Sicherheitskonzepts“, unterstrich Kox.
Dass diese Beratungsgespräche mit ausländischen Experten stattgefunden hätten, hatte der Vorgänger von Henri Kox, Etienne Schneider (LSAP), bereits im Dezember 2017, also vor vier Jahren verkündet. Im Juli 2018 hatte Schneider dann erklärt, die gesetzliche Basis für ein Pilotprojekt sei geschaffen, binnen zwei Monaten würden die Beamten des Bahnhofskommissariats versuchsweise mit Kameras ausgestattet. Der Appell von Philippe Schrantz am Dienstagmorgen zeugt allerdings davon, dass man mehr als drei Jahre später davon noch immer sehr weit entfernt ist.
Zweite große Rekrutierungskampagne startet
Kommende Woche wird die zweite große Rekrutierungskampagne der Polizei vorgestellt, Ende Oktober soll sie starten, kündigte Schrantz weiter an. 700 Kandidaten hatten sich bei der ersten Kampagne für 200 freie Posten gemeldet. „Trotz billigem Polizei-Bashing in sozialen Medien, trotz regelmäßiger negativer Stimmen aus unseren eigenen Reihen in der Öffentlichkeit“, bekräftigte Philippe Schrantz.
Polizist werde man nicht einfach, weil man einen sicheren Job wolle. „Um Polizist zu sein, muss man sein eigenes Interesse zurücksetzen und sich in den Dienst der Menschen stellen“, untermauerte Schrantz. „Aber vielleicht erklärt genau das den Erfolg der Rekrutierungskampagne. Die jungen und weniger jungen Kandidaten suchen eine Herausforderung, bei der kein Tag wie ein anderer ist, wo sie im Kontakt zu den Menschen sind, wo sie Teil einer großen Mannschaft sind und wo ihnen sehr vielseitige Karrieremöglichkeiten aufstehen“, warb Schrantz für sein Korps.
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