Polizeidatenbank: Spätes Vergessen
Polizeidatenbank: Spätes Vergessen
(jag/SH) - Der Fichier central der Polizei sorgt weiterhin für Diskussionsstoff. So haben die CSV-Abgeordneten Gilles Roth und Laurent Mosar über Pfingsten eine weitere parlamentarische Frage an Staatsminister Xavier Bettel, Justizminister Félix Braz und den Minister für Innere Sicherheit, François Bausch, gerichtet.
Den Politikern zufolge soll ein Polizist im Ruhestand über die sozialen Netzwerke erklärt haben, dass die Polizei nicht nur über eine eigene Datenbank verfügt, sondern auch Informationen aus dieser Kartei genutzt würden, um Berichte zu verfassen. Die Rede ist dabei von einem „illegalen Charakter“. Roth und Mosar wollen nun von den zuständigen Ministern erfahren, für welche Berichte diese Datenbank genutzt wird, welcher legalen Basis sie unterliegen, ob sie konform zum Datenschutz sind und ob Betroffene über das Verfassen der Berichte informiert werden.
Auch die Piraten und die ADR wünschen sich mehr Transparenz seitens der Regierung. Letztere fordert gar das Einsetzen eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses. Die Minister wollen sich derzeit nicht weiter zum Thema äußern, weisen aber darauf hin, dass die Antwort auf die parlamentarischen Fragen zeitnah – wohl noch in dieser Woche – erfolgen soll.
Polizeigesetz aus dem Jahre 1992
Dass die Polizei einen Fichier central verwaltet, hatten die Minister bereits Ende Mai in einer Antwort auf eine erste parlamentarische Frage bestätigt. Dass Daten, die für eine Ermittlung benötigt werden, aufbewahrt werden müssen, erscheint denn auch logisch. Wie sonst sollten die Beamten ihre Arbeit leisten und Zeugen, mutmaßliche Täter und Opfer ausfindig machen können?
Bei RTL erklärte Minister Bausch denn auch, dass es mit dem Polizeigesetz von 1992 eine legale Basis für diese Kartei gebe. Ein Gesetz, das vom damaligen Ressortminister Marc Fischbach (CSV) ausgearbeitet worden ist. Es sei erstaunlich, dass dies während 30 Jahren niemandem aufgefallen sei, so Bausch.
Der Minister gab aber auch zu verstehen, dass man im Lichte des neuen Gesetzes zum Datenschutz, das vergangenes Jahr verabschiedet wurde, überprüfen müsse, ob der Text von 1992 überarbeitet werden muss. Dies im Sinne völliger Transparenz. Sowohl die Datenschutzkommission als auch die Polizeiinspektion (IGP) sollen sich nun mit dem Gesetz befassen.
Von Vorbeugung bis Verfolgung
Doch was steht eigentlich in diesem Text? Artikel 12 definiert die gesetzliche Grundlage für das Schaffen einer polizeilichen Datenbank, dies im Sinne der Vorbeugung, der Untersuchung und der Verfolgung von Straftaten. Die Nutzung der Datenbank untersteht der Kontrolle des Generalstaatsanwalts, dieser kann diese Rolle allerdings an einen Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft delegieren.
Detailliert werden die Funktion und der mögliche Inhalt der Datenbank durch das großherzogliche Reglement vom 2. Oktober 1992. Dort erfolgt die Einteilung der Datenbank in drei Funktionen. Einmal die Personenrecherche, die allen Polizeibeamten zugänglich ist und jene Personen enthält, nach denen gefahndet wird, die eine Haftstrafe absitzen oder die als vermisst gemeldet wurden. Diese Daten sollen laut Reglement regelmäßig gelöscht und angepasst werden.
Zum Zweiten eine Dokumentationsdatenbank, die der Polizeidirektion und den Mitarbeitern der Kriminalpolizei vorbehalten ist. Hier werden auch Personen aufgeführt, die im Zuge eines Polizeiberichts genannt werden, Bürger, die Opfer und Zeugen von Straftaten wurden, die nicht aufgeklärt wurden, sowie Personen, die unter speziellen Polizeischutz gestellt werden. Letztere müssen dafür allerdings ihre Einwilligung geben.
Zeugen und Opfer im Archiv
Beim dritten Teil der Datenbank handelt es sich um das sogenannte Archiv. Hier befinden sich die Namen von Personen, die in einem Polizeibericht aufgetaucht sind, aber später freigesprochen wurden, Verurteilte, deren Vergehen aus dem Casier judiciaire getilgt wurden, sowie Zeugen und Opfer von Straftaten, die nicht aufgeklärt wurden oder verjährt sind.
Sämtliche Daten in diesem Archivteil werden während 60 Jahren aufbewahrt. Jeder Zugang zu einer der drei Datenbanken erfolgt per nomineller Abfrage. Nur die Generalstaatsanwaltschaft hat Einblick in die Liste der Personen, die Abfragen getätigt haben.
Informationen aus diesen Datenbanken können nach Absprache mit der Polizeidirektion an ihre Mitarbeiter übermittelt werden. Aber auch Ministerien und Verwaltungen können über die Polizei Zugang zu diesen Informationen erhalten, falls dies gesetzlich vorgeschrieben ist. Das Gleiche gilt für die Justiz und ausländische Polizeidienste im Sinne der internationalen Polizeikooperation.
Zwischen 2004 und 2016 wurden in regelmäßigen Abständen neue, zeitliche Genehmigungen für das Reglement ausgesprochen. Die letzte davon ist jedoch im Juni 2018 ausgelaufen.
Folgen Sie uns auf Facebook, Twitter und Instagram und abonnieren Sie unseren Newsletter.
Als Abonnent wissen Sie mehr
In der heutigen schnelllebigen Zeit besteht ein großer Bedarf an zuverlässigen Informationen. Fakten, keine Gerüchte, zugänglich und klar formuliert. Unsere Journalisten halten Sie über die neuesten Nachrichten auf dem Laufenden, stellen politischen Entscheidern kritische Fragen und liefern Ihnen relevante Hintergrundgeschichten.
Als Abonnent haben Sie vollen Zugriff auf alle unsere Artikel, Analysen und Videos. Wählen Sie jetzt das Angebot, das zu Ihnen passt.
