Polizei-Ausbilder: Justiz ermittelt erst im zweiten Anlauf
Polizei-Ausbilder: Justiz ermittelt erst im zweiten Anlauf
Bereits im Juni wurde bekannt, dass die Justiz wegen mutmaßlicher Übergriffe von Ausbildern der Spezialeinheit (USP) im Jahr 2015 auf junge Polizisten ermittelt. Einer Mitteilung der Polizeigewerkschaft SNPGL zufolge wurden die Beamten während Ausbildungseinheiten in die Genitalien getreten, mussten sich gegenseitig mit Trainingsmunition auf den nackten Oberkörper schießen und nackt durch einen kalten schlammigen Teich kriechen, während die alkoholisierten Ausbilder dieses Spektakel belustigt filmten.
In seiner Antwort auf eine parlamentarische Frage der beiden DP-Abgeordneten, Claude Lamberty und Max Hahn, geht Polizeiminister Henri Kox (Déi Gréng) auf einige Einzelheiten zu den Vorfällen ein. Dabei fällt besonders auf, dass die Staatsanwaltschaft die strafrechtlichen Ermittlungen gegen die Ausbilder nicht sofort nach Bekanntwerden der Vorwürfe aufgenommen hat, sondern erst mehr als ein Jahr später.
Ein Bericht, drei junge Polizisten
Zum ersten Mal Kenntnis über die Vorwürfe erhält die Staatsanwaltschaft im Januar 2019. Der Kommandant des Sondereinsatzkommandos leitet sie an die Behörde und die Generaldirektion der Polizei, nachdem er selbst von drei betroffene Polizisten über die Vorwürfe informiert wurde. Diese hatten einen Bericht mit dem Titel „Unprofessionelles Verhalten der Ausbilder während der Intensivwoche“ verfasst.
Eine Gesetzesüberschreitung stellte die Staatsanwaltschaft zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht fest - empfahl allerdings die Generalinspektion der Polizei (IGP) zu informieren. Die Frist für disziplinarische Ermittlungen der IGP sei allerdings bereits verstrichen*. Die Polizeigeneraldirektion übermittelte der IGP den Bericht der drei Polizisten am 16. April 2019.
Einer der jungen Polizisten hatte bereits kurz zuvor selbst die Initiative übernommen und die IGP kontaktiert. Am 3. April 2019 hatte er eine Unterredung mit einem Ermittler und händigte ihm den Bericht aus. Dieser entschied daraufhin wiederum, die Staatsanwaltschaft über die Vorwürfe in Kenntnis zu setzen. Die Behörde informierte die IGP daraufhin, dass der Bericht bereits bekannt sei und zu diesem Zeitpunkt keine strafrechtlichen Ermittlungen angestrengt werden würden.
Untersuchung stellt Missstände fest
Stattdessen leitete die Dienststelle für interne Ermittlungen daraufhin eine administrative Untersuchung ein, die am 31. März 2020 abgeschlossen wurde. Sie brachte unter anderem zutage, dass es mehrere Widersprüche zwischen den internen Berichten zur Ausbildung und den Aussagen der Teilnehmer gibt. Die Ermittler konnten allerdings festhalten, dass die Teilnehmer am letzten Tag der Ausbildung nackt einen Teich durchqueren mussten - und dabei zumindest zeitweise gefilmt wurden.
In ihrem Abschlussbericht an die Generaldirektion der Polizei hält die IGP fest, dass ein solches Vorgehen inakzeptabel sei. Die Ausbildung angehender Mitglieder der USP müsse angepasst werden. Sie müsse einem klaren Konzept und Strukturen folgen.
Wie der Polizeiminister betont, sei die Ausbildung der USP bereits neu überdacht und angepasst worden. Der Generaldirektor der Polizei habe den Kommandanten der USP beauftragt entsprechende Konsequenzen aus dem Bericht der IGP zu ziehen.
Direkte Folgen für die Ausbilder hatte die administrative Untersuchung nicht, da an deren Ende keine disziplinarischen Strafen vorgesehen sind. Allerdings haben die drei jungen Polizisten selbst Strafanzeige gegen die Ausbilder erstattet, sodass diese schließlich nun doch in das Fadenkreuz der Justiz geraten. Nach einer gründlichen Prüfung der Vorwürfe hat die Staatsanwaltschaft Ermittlungen eingeleitet.
* In einer älteren Fassung war fälschlicherweise zu lesen, dass die Staatsanwaltschaft in einer ersten Phase die Möglichkeit von disziplinarischen Ermittlungen der IGP in Betracht gezogen hatte. Die Behörde wies darauf hin, dass die Verjährungsfrist für solche Ermittlungen bereits vergangen sei. Die IGP sollte dennoch informiert werden.
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